Großer Andrang bei der Interkom in Renningen: An den Ständen von über 60 Ausstellern konnten sich Schüler über Ausbildungsberufe informieren. Foto: /Simon Granville

Mehr als 60 Aussteller präsentieren Schülern bei der Interkom ihr Ausbildungsangebot. Das ist nicht nur für die Berufswahl der Jugendlichen wichtig: Denn auch in der Region macht sich der Azubimangel bemerkbar.

Eine Ausbildung oder doch ein Duales Studium? Lieber in die Pflege, das Handwerk oder die Verwaltung? Damit, wohin ihr beruflicher Weg nach der Schule führen soll, beschäftigen sich zahlreiche Jugendliche am Donnerstag auf der Ausbildungsbörse Interkom. 1800 Teilnehmer sind angemeldet, in der Rankbachhalle und der Stegwiesenhalle in Renningen wimmelt es nur so vor Schülern aus der Region. Sie informieren sich an den Ständen der über 60 Aussteller und stellen viele Fragen zu ihren Ausbildungsangeboten.

Aber nicht nur für die Jugendlichen, auch für die Unternehmen ist diese Messe wichtig. Denn es mangelt in allen Branchen an Azubis. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer warnt etwa, dass fast jedes zweites Unternehmen nicht mehr alle Ausbildungsplätze besetzen kann.

Die Zahl der Bewerber singt

Am Stand des Rutesheimer Traditionsunternehmens Hagebau Bolay klopfen einige Schüler begeistert mit einem Hammer Nägel in einen Holzbalken. Laut Ausbildungsleiterin Nina Behrens haben viele potenzielle Azubis vorbeigeschaut.

Zwölf bis 15 Lehrlinge werden jährlich über alle Standorte und Azubiberufe hinweg bei dem Unternehmen ausgebildet. Aber auch bei Hagebau Bolay ist der Mangel an Nachwuchs spürbar, wie Behrens sagt. „Wir merken das an der Bewerberzahl. Es dauert länger, alle Stellen zu besetzen.“ Bisher kann das Unternehmen laut Behrens noch größtenteils alle Stellen besetzen. „Das hängt unter anderem damit zusammen, dass wir auf solchen Messen sind.“

Sorge um Fachkräftemangel im Handwerk

Mit Schaal Bad und Design ist ein weiteres Traditionsunternehmen aus der Region auf der Interkom vertreten. Schon seit 123 Jahren gibt es das Familienunternehmen mit Sitz in Leonberg, das sich um die Bereiche Sanitär, Heizung und Blechbearbeitung kümmert. Dort werden jedes Jahr zwei bis drei Lehrlinge ausgebildet, sagt Astrid Kraus, von Schaal Bad und Design. „Wir werden nicht überrannt. Aber wir bekommen unaufgefordert Bewerbungen.“

Mehr als der Azubimangel bereitet ihr Sorge, wenn fertig ausgebildete Lehrlinge in die Industrie abwandern. „Nicht alle Handwerksbetriebe bilden aus, weil es einfach ein Aufwand ist“, erklärt Kraus. „Und wenn die Azubis dann in die Industrie abwandern, fehlen Fachkräfte im Handwerk.“

Auch im Finanzamt Leonberg fehlen Azubis

Der Mangel an Lehrlingen ist aber nicht nur ein Thema, dass das Handwerk beschäftigt. Auch beim Finanzamt Leonberg klemmt es. „Wir waren früher schon nicht die erste Wahl. Jetzt ist es aber noch gravierend schwerer, geeignete Azubis zu bekommen“, sagt Ausbilderin Michaela Behmenburg am Stand des Amtes. Vom Land seien im mittleren Dienst acht Stellen, im gehobenen Dienst sieben Stellen vorgegeben. Davon seien aber nicht immer alle besetzen, erzählt Behmenburg. Insgesamt hat das Finanzamt Leonberg momentan etwas über 30 Auszubildende.

„Manche wissen gar nicht, dass wir ausbilden“, erklärt sich Behmenburg das geringe Interesse an einer Lehrstelle oder einem Dualen Studium. „Wenn wir nicht auf Messen stehen würden, wäre vielen nicht klar, dass das Finanzamt Azubis braucht.“ Für Stanislav Purenkov, der selbst dort eine Ausbildung macht, ist auch das schlechte Bild in der Gesellschaft vom geldgierigen Finanzamt verantwortlich. „Das ist vollkommen falsch. Da arbeiten Menschen, die sind wie jeder andere.“ Doch auch auf der Interkom hält sich der Andrang am Stand in Grenzen.

Corona wird für Azubimangel verantwortlich gemacht

Etwas belebter geht es dagegen bei Geze zu, einige informieren sich dort über das Ausbildungsangebot und die dualen Studiengänge. Doch auch das weltweit aktive Unternehmen für Tür-, Fenster-, und Sicherheitstechnik merkt einen Rückgang bei den Bewerbungen, erzählt Ausbildungsmeister Werner Weis. „Von denen, die sich bewerben, sind auch weniger gute dabei“, weiß er. Für den Azubimangel macht Weis vor allem verantwortlich, dass während Corona keine Praktika angeboten werden konnten. „Das ist die Tür zum Beruf“, erklärt der Ausbildungsmeister. Messen wie die Interkom sind eine der wenigen Möglichkeiten, an Schüler heranzukommen, weiß Werner Weis.

Bei Samuel konnte das Unternehmen bei der Ausbildungsbörse auf jeden Fall punkten. Der 14-Jährige möchte später in der technischen Richtung arbeiten, erzählt er, zum Beispiel als Industriemechaniker. Das Angebot von Geze hat ihn überzeugt. „Das hat sich echt gut angehört“, sagt er. Er kann sich vorstellen, dort eine Ausbildung zu machen. „Ich interessiere mich einfach für diese Richtung.“