Per Video zugeschaltet: der ukrainische Präsident Foto: dpa/Sven Hoppe

Wolodymyr Selenskyj ist der Münchner Sicherheitskonferenz per Video zugeschaltet. Er sieht sein Land im Kampf gegen den russischen Überfall in der Rolle von David gegen Goliath – und fordert neue Waffen. Wie reagiert Olaf Scholz?

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj fasst die Situation seines Landes in einen biblischen Vergleich. Die Ukraine sei wie David, der gegen Goliath kämpft. Mit Mut, Entschlossenheit und einer Steinschleuder.

Und Selenskyj, der per Video aus der Ukraine zugeschaltet ist, verbindet dieses Bild mit einer selbstbewussten Botschaft – aber auch mit deutlichen Forderungen an den Westen. „Goliath hat schon angefangen zu verlieren“, sagt er. Und: „Goliath wird auf jeden Fall dieses Jahr fallen.“

Dank für „Olaf“ und „Emmanuel“

Der ukrainische Präsident dankt denen, die sein Land unterstützen. Er nennt dabei namentlich „Olaf“ und „Emmanuel“, also Bundeskanzler Olaf Scholz und den französischen Präsidenten Emmanuel Macron, die direkt nach ihm sprechen. Selenskyj macht aber auch klar: Die Ukraine benötigt noch bessere Unterstützung. Eine bessere Steinschleuder – oder, wenn man es aus der Bildsprache übersetzt, mehr und wirksamere und schnellere Waffenlieferungen.

Die Münchner Sicherheitskonferenz – das wichtigste Expertentreffen auf dem Gebiet der Verteidigungs- und Außenpolitik – kommt in diesem Jahr in einer historisch außergewöhnlichen Situation zusammen. Seit fast einem Jahr führt der russische Präsident Wladimir Putin Krieg in der Ukraine. Beim Treffen im vergangenen Jahr gab es noch einen Funken Hoffnung, es werde nicht dazu kommen, erinnert sich Konferenzleiter Christoph Heusgen. Dann sei es zum „Zivilisationsbruch“ durch Putin gekommen.

Selenskyj macht deutlich, dass – wann immer Hilfe nicht schnell kam – die Ukraine einen Preis dafür bezahlt hat. „Es gibt keine Alternative dazu. Die Ukraine muss siegen“, sagt er. Und der ukrainische Präsident zählt noch einige weitere Dinge auf, zu denen er keine Alternative sieht. Sein Land müsse Mitglied der Europäischen Union und der Nato werden.

Es ist nicht leicht, direkt nach dem ukrainischen Präsidenten zu sprechen, der kraftvoll für die Interessen der Menschen in seinem Land wirbt – und dem natürlich alle Sympathien gehören. Bundeskanzler Olaf Scholz spricht in seiner gewohnt nüchternen Art. Aber auch er hat eine klare Botschaft mitgebracht.

Das verspricht Olaf Scholz

Scholz bekräftigt seine Zusage, dass Deutschland seine Ausgaben für Verteidigung auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts erhöht – und das nicht nur auf kurze Sicht. „Deutschland wird seine Verteidigungsausgaben dauerhaft auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts anheben“, sagt er. Es ist eine Festlegung, mit der er auch seine Partei, die SPD, bindet, die lange Zeit gegen höhere Verteidigungsausgaben war.

Der Kanzler verweist auf das deutsche Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr, das mithilfe einer Grundgesetzänderung beschlossen worden ist. Es erlaube „einen dauerhaften Spurwechsel beim Aufbau der Fähigkeiten unserer Bundeswehr“, sagt er. Um die Mittel gut zu investieren, werde eine leistungs- und wettbewerbsfähige Rüstungsindustrie gebraucht. Die Europäische Union müsse in der Rüstungspolitik strategisch an einem Strang ziehen, fordert er.

Mit Blick auf die Frage der Waffenlieferungen erläutert er einmal mehr seine Haltung. Es gehe um die Balance zwischen bestmöglicher Unterstützung der Ukraine und der Vermeidung einer ungewollten weiteren Eskalation, sagt er. Der Kurs verlaufe durch „unkartiertes Gelände“. Für das, was in dieser Lage zu tun sei, gebe es „keine Blaupause“. Bei allen Entscheidungen gelte: „Sorgfalt vor Schnellschuss“ und „Zusammenhalt vor Solovorstellung“. Scholz sagt, nun sollten alle, die Kampfpanzer liefern können, dies auch wirklich tun – eine Anspielung darauf, dass manch europäischer Partner beim Fordern und Ankündigen erst forsch war und jetzt zögerlicher ist.

Der ukrainische Präsident Selenskyj machte deutlich, die Ukraine kämpfe auch für den Rest der Welt. Es geht nicht nur darum, Putin zu besiegen, „sondern alle Putins auf der Welt“. Scholz zeigte sich deutlich zurückhaltender als Selenskyj, was die Frage nach einem baldigen Kriegsende angeht. „Ich denke, es ist weise, sich auf einen langen Krieg vorzubereiten“, sagt er. Der Unterstützung der deutschen Bevölkerung für seine Politik sei er sich sicher.