CDU-Vorsitzender Friedrich Merz sucht die Zuspitzung in der Debatte um die richtige Wirtschaftspolitik. Foto: dpa/Michael Kappeler

Auf ihrer Klausurtagung im sauerländischen Schmallenberg stellt die Unionsfraktion im Bundestag die konjunkturelle Lage in den Mittelpunkt ihrer Beratungen.

Wirtschaft, Wirtschaft, Wirtschaft. Die Union will sich wieder stärker – viel stärker! – auf das Themenfeld konzentrieren, auf dem ihr traditionell sehr hohe Kompetenzwerte bescheinigt werden. Oder wie es der Parteivorsitzende Friedrich Merz ausdrückt: „Wachstum können wir, das Wachstumsoriginal sind wir.“

Er sagt das am Donnerstag im sauerländischen Städtchen Schmallenberg. Dorthin, in seinen Bundestagswahlkreis nämlich, hat er die gemeinsame Bundestagsfraktion von CDU und CSU zu zweitägigen Beratungen eingeladen. Solche Klausurtagungen nach der Sommerpause gehören zu den eingespielten parlamentarischen Routinen. Und doch ist dieses Unionstreffen durchaus mehr als ein gewöhnlicher Pflichttermin. Selten hat die Unionsparteien Orientierung so nötig gehabt. Die Umfragen bleiben trotz des schwachen Auftritts der Ampelkoalition eher mäßig, und von rechts gewinnen die Populisten immer mehr Zustimmung. Wie kommt die Partei aus dieser Klemme heraus?

„Die Ampel wird zum Wohlstandsrisiko“

Besinnung auf die eigenen Stärken – das scheint die Antwort der Union zu sein. Merz und Alexander Dobrindt, der Chef der CSU-Landesgruppe, schwören ihre Truppen jedenfalls darauf ein, die Ökonomie ins Zentrum der Debatten zu stellen. „Inflation, Rezession, steigende Arbeitslosigkeit, da wird die Ampel zum Wohlstandsrisiko“, sagt Dobrindt vor dem Beginn der Beratungen in Schmallenberg.

Merz will, dass die Unionsfraktion nicht nur die Regierung kritisiert, sondern verstärkt eigene Konzepte präsentiert. So stand ein Thema am ersten Klausurtag im Vordergrund, von dem die Union lange nicht so recht wusste, wie sie damit umgehen soll: die Reduzierung des Industriestrompreises. Die Ampel will das. In der Union gab es bislang unterschiedliche Lehrmeinungen. Vor allem NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst hatte für diese Subvention zugunsten energieintensiver Branchen geworben. Friedrich Merz fand das eigentlich immer ordnungspolitisch bedenklich.

Gemeinsames Konzept beim Thema Industrie-Strompreis

Nun hat sich die Fraktion auf ein gemeinsames Konzept geeinigt. Demnach kann man sich nun eine Reduzierung des Industriestrompreises, im Unionssprech heißt das nun „Brückenstrompreis“, vorstellen. Allerdings nur unter einer Bedingung: Damit Verbraucher und vor allem der Mittelstand ebenfalls etwas von der Strompreisreform haben, soll auch die Stromsteuer abgesenkt und die Netzentgelte verbilligt werden.

Eingebettet ist das alles in einen neuen Sound. Die Union, jedenfalls aber Friedrich Merz und das Lager, das sich in der Union inhaltlich um ihn schart, will den Sozialstaat verschlanken, jedenfalls nicht weiter aufblähen. „Immer höhere Transferleistungen führen nicht zu den gewünschten Effekten, wir treten dagegen für mehr Investitionen in Bildung ein“, sagte Merz am Rande der Sitzung.

Das ist nicht nur so dahergesagt, sondern Bestandteil einer Strategie. Es ist auffallend, wie massiv in dieser Woche erst Jens Spahn gegen die Erhöhung des Bürgergeldes Front machte, um dann vom Parteivorsitzenden nachdrücklich unterstützt zu werden. Diejenigen, die arbeiten, müssten am Ende des Monats „mehr Geld in der Tasche haben“ als diejenigen, die soziale Transferleistungen bekommen, war sein plakatives Argument.

Merz ist offenbar entschlossen, die Sozialstaatsdebatte nicht nur anhand konkreter Vorhaben der Bundesregierung zu diskutieren. Er will ganz grundsätzlich werden. Deutschland müsse „über die grundsätzliche Haltung in unserem Land“ reden, sagte er. Seine Frage: „Sind wir noch bereit, uns für unseren Wohlstand und unsere Alterseinkommen anzustrengen?“

Merz sucht die Zuspitzung

Das sind Töne, die polarisieren und es scheint, als wenn Merz gerade daran interessiert ist. Das Kalkül: Die Zuspitzung richtet den Fokus der Öffentlichkeit auf wirtschaftliche Themen. Und davon profitiert die Union und die AfD steht blank da. Und dass sich bei diesen Fragen eine herzliche Übereinstimmung mit der FDP ergibt, dürfte Merz auch gefallen.