Für eine Volkswirtschaft kann eine Deflation nach Einschätzung von Ökonomen wegen dieser Eigendynamik noch verheerendere Auswirkungen haben als eine Inflation, die durch steigende Preise gekennzeichnet ist. Foto: Imago/teamwork

Die Inflation in Deutschland und der EU ist seit langen so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Doch was passiert bei einer Deflation und was sind deren Folgen? Chinas Wirtschaft ist davon bereits betroffen.

Die chinesische Wirtschaft ist in die Deflation gerutscht: Wie das Statistikamt in Peking am Mittwoch (9. August) mitteilte, sanken Verbraucherpreise im Juli im Vergleich zum Vorjahr um 0,3 Prozent. Bereits im Juni hatten die Preise nur noch stagniert, nachdem sie im Mai noch leicht um 0,2 Prozent gestiegen waren.

Die Erzeugerpreise lagen den zehnten Monat in Folge im Minus und sanken im Juli um 4,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Erzeugerpreise sind die Preise, die die Hersteller für ihre Produkte verlangen. Es ist das erste Mal seit November 2020, dass in China sowohl die Verbraucher – als auch die Erzeugerpreise gesunken sind.

Was ist Deflation?

Deflation ist das Gegenteil von Inflation und bezeichnet einen Rückgang des allgemeinen Preisniveaus. Die meisten Ökonomen halten eine lang anhaltende Deflation für gefährlicher für die Entwicklung einer Volkswirtschaft als leicht steigende Preise.

Bei einer Deflation gehen im Gegensatz zur Inflation die Preise über einen längeren Zeitraum permanent zurück. Der Grund dafür ist eine wirtschaftliche Situation, in der das Angebot an Waren und Dienstleistungen größer ist als die Nachfrage. Dieses Überangebot drückt die Preise.

Warum führt Deflation zu wirtschaftlichem Niedergang?

Diese Situation kann zu einer Abwärtsspirale aus weiter fallenden Preisen und einer schrumpfenden Produktion führen. Zwar profitieren die Verbraucher auf den ersten Blick, weil sie weniger für Waren und Dienstleistungen bezahlen müssen. Eine Deflation drückt aber in der Regel auch auf die Gewinne der Unternehmen und

Da die Verbraucher mit immer weiteren Preissenkungen rechnen, halten sie sich mit Anschaffungen zurück. Um den Einnahmeausfall zu kompensieren, sparen die Firmen auch bei ihren Personalausgaben, was langfristig die Gefahr von Lohnkürzungen, Entlassungen und somit einen Anstieg der Arbeitslosigkeit birgt.

Ist Deflation schädlicher als Inflation?

Für eine Volkswirtschaft kann eine Deflation – also anhaltend fallende Preise – nach Einschätzung von Ökonomen wegen dieser Eigendynamik noch verheerendere Auswirkungen haben als eine Inflation, die durch steigende Preise gekennzeichnet ist.

Was für Verbraucher auf den ersten Blick wie eine gute Nachricht aussieht, kann am Ende eine ganze Volkswirtschaft in den Abgrund stürzen. Das wäre möglich, wenn Haushalte Anschaffungen in der Hoffnung auf immer niedrigere Preise verschieben – und sich Unternehmen bei Investitionen ähnlich verhalten. Ergebnis: Die Wirtschaft friert ein.

Warum sind sinkende Preise riskant?

• Verbrauch: Verbraucher und Unternehmen können sich für ihr Geld mehr leisten. Weil die Preise sinken, schieben sie Anschaffungen und Investitionen aber auf, denn es könnte ja bald noch billiger werden.

• Rabattschlacht: Wer etwas verkaufen will, könnte sich gezwungen sehen, seine Preise immer weiter zu senken, um im scharfen Wettbewerb um Kunden seine Waren überhaupt noch loszuwerden.

Arbeitslosigkeit: Unternehmen machen weniger Gewinn, können folglich weniger Geld in neue Produkte oder Standorte stecken. Einzelne Werke sind eventuell nicht mehr ganz ausgelastet. Kurzarbeit, Entlassungen oder gar die Schließung ganzer Standorte können die Folgen sein.

Konjunktureinbruch: Mehr Arbeitslose, weniger Konsum, weniger Steuereinnahmen für den Staat - rutscht eine Volkswirtschaft in eine Deflation, verringert sich die gesamte Wirtschaftsleistung zunehmend. Es droht eine Abwärtsspirale.

Wann gab es längere Deflationsphasen?

Eine längere Phase der Deflation gab es in Deutschland vor allem in der Weltwirtschaftskrise seit 1928. Die sogenannte „Große Depression“ hatte bis 1933 in fast allen Industrieländern der Welt zu Massenarbeitslosigkeit, sinkenden Preisen und Löhnen sowie Bankenkrisen geführt. Seitdem gab in Deutschland keine längere Deflation. Japan erlebte in den 1990er Jahren eine langandauernde Deflation.

Info: Begriffe aus der Ökonomie kurz erklärt

Rezession
Von einer Rezession ist die Rede, wenn die Leistung einer Volkswirtschaft über einen gewissen Zeitraum schrumpft. Nach einer gängigen angelsächsischen Erklärung ist dies der Fall, sobald die Wirtschaft zwei Quartale in Folge nicht wächst.

Inflation
Inflation steht für Geldentwertung, wenn also die Menschen für ihr Geld weniger Waren und Dienstleistungen kaufen können. Gemessen wird die Inflation oder Teuerung mit einem Warenkorb, der gängige Produkte und Dienstleistungen enthält, darunter Ausgaben für Benzin, Miete und Lebensmittel. Dieser Index wird jeden Monat berechnet. Die jährliche Veränderung ergibt die Inflationsrate.

Hyperinfaltion
Wenn die Inflation in die Höhe schießt, spricht man von Hyperinflation. In Deutschland war dies 1923 der Fall: Im November 1923 lag der Wechselkurs für einen Dollar bei rund 4,2 Billionen Mark. Der Währungsverfall trieb Millionen Deutsche in die Armut.

Stagflation
Eine Sonderform der Rezession ist die Stagflation. Dieses Kunstwort setzt sich aus den Begriffen Stagnation und Inflation zusammen und beschreibt eine Situation mit geringem oder abnehmendem Wirtschaftswachstum bei gleichzeitig hohem Preisauftrieb. In den 70er Jahren führten die hohen Ölpreise, überzogene Lohnabschlüsse und eine laxe Geldpolitik der Notenbanken zu einer langwierigen Wirtschaftskrise.