Die CDU soll nach dem Willen des Parteichefs Friedrich Merz Regierungsfähigkeit ausstrahlen. Foto: dpa/Bernd Weißbrod

In Heidelberg berät die CDU-Spitze über ihre Aufstellung für ein schwieriges Wahljahr. Besondere Sorgen macht der Union die Konkurrenz von ganz rechts.

Zu Beginn jedes Jahres steckt die CDU-Führung die Köpfe zusammen und berät über die Strategie der kommenden zwölf Monate. Diesmal kommt die Spitze der Christdemokraten am Freitag und Samstag in Heidelberg zusammen, und das sorgt in der Partei durchaus für gewisse Diskussionen. Bei drei im Herbst anstehenden Landtagswahlen in Ostdeutschland wäre ein Tagungsort in den neuen Bundesländern nicht verkehrt gewesen.

Schlecht wird die Stimmung bei der Klausur nicht sein. Das vergangene Jahr brachte der Partei einen gewissen Aufschwung, die Fraktion ist trittfest, die Partei geschlossen und an der Spitze jeder bundesweiten Umfrage. Schlecht nicht, aber keineswegs frei von Sorgen. Trotz flächendeckender Proteste gegen die Ampelregierung kommen die Christdemokraten nicht entscheidend über die 30-Prozent-Marke hinaus. Schwerer noch wiegt, dass in Sachsen und Thüringen die Union längst von der AfD überholt wurde. Es droht also ein ausgesprochen heikles Wahljahr.

Die CDU gibt sich ein konservativeres Profil

Zumal es gar nicht ausgeschlossen ist, dass die havarierende Bundesregierung nicht bis 2025 durchhält. Die CDU will deshalb auch für vorgezogene Neuwahlen gewappnet sein. Ausdruck dessen soll die „Heidelberger Erklärung“ sein, die der Parteivorstand am Wochenende verabschieden soll. Darin sind einige Sofortmaßnahmen genannt, die eine CDU-geführte Regierung schnell umzusetzen verspricht. Die geplanten Kürzungen für die Bauern sollen vollständig rückgängig gemacht werden. Das Bürgergeld, die sozialpolitische Kernreform der Ampel, soll in der jetzigen Form abgeschafft werden. Um den Sozialflügel der Union milde zu stimmen, könnte das Arbeitslosengeld in den ersten Monaten des Bezugs höher ausfällen. Der Unterschied, auf den die Union Wert legt: Das Bürgergeld stammt aus Steuermitteln, das Arbeitslosengeld ist dagegen eine Versicherungsleistung.

Dazu passt, dass auch der Entwurf zum neuen Grundsatzprogramm, der in Heidelberg offiziell abgesegnet werden soll, eher als Wahlprogramm mit einer Reihe tagespolitischer Vorschläge daherkommt: Rückkehr zur Atomkraft, eine neue Migrationspolitik und der Dauerbrenner der deutschen Leitkultur. Die CDU verpasst sich also ein deutlich konservativeres Profil. Damit hofft man vor allem im Osten und in der Konkurrenz zur AfD punkten zu können.

Maaßens Pläne gelten nicht als Bedrohung

Überhaupt soll in Heidelberg ausführlich über den Umgang mit der AfD gesprochen werden. Dass beim jüngst bekannt gewordenen Potsdamer Treffen von AfD und Vertretern noch rechterer Strömungen, bei dem über Pläne zur massenweisen Ausweisung missliebiger Ausländer gesprochen worden sein soll, wohl auch zwei CDU-Mitglieder anwesend waren, hat die Parteiführung alarmiert. Sie sollen dem nationalkonservativen Verein „Werteunion“ angehören, dessen Vorsitzender Hans-Georg Maaßen aus der Truppe eine eigenständige Partei formen möchte.

Maaßens Pläne werden in der Unionsspitze nicht wirklich als Bedrohung angesehen. Tatsächlich wäre man allseits froh, wenn man ihn auf diese Weise endlich los würde. Massive Sorgen bereitet dagegen die AfD, ihre Radikalisierung und ihre bedrohliche Stärke im Osten. Parteichef Friedrich Merz möchte die CDU in Heidelberg auf einen härteren Konfliktkurs gegenüber den Nationalpopulisten einschwören. Das wäre ein beachtenswerter Schwenk. Bislang galten ihm die Grünen als Hauptgegner in der tagespolitischen Auseinandersetzung.

Merz kämpft um die Kandidatur

Überhaupt Friedrich Merz. Gerade hat er Finnland und Schweden besucht. In einem Regierungsflieger, den er als Parteichef benutzen darf. Das sah schon mächtig staatstragend aus. Als wenn da jemand schon mal für den Fall der Kanzlerschaft Maß nimmt. Aber vor der Kanzlerschaft kommt die Kandidatur. Wird er tatsächlich Kanzlerkandidat? „Derzeit“ sei er in der Favoritenrolle, hat CSU-Chef Markus Söder gerade gesagt. Das „derzeit“ sollte Merz unruhig machen. Söder hat kein Interesse die K-Frage vor den Wahlen im Osten zu entscheiden. Gehen die schlecht aus für die CDU, was durchaus möglich ist, müsste Merz kämpfen. In der Partei hatte ein Interview kurz vor dem Jahreswechsel für Verwirrung gesorgt, in dem Merz nicht um jeden Preis entschlossen zu sein schien. Da aber sollte sich keiner – je nach Standort – Sorgen oder Illusionen machen: Merz will.