Eine Windkraftanlage erzeugt Strom. In Hemmingen bläst der Wind kräftig genug. Foto: dpa/Oliver Berg

Thomas Schäfer, Bürgermeister in Hemmingen, gibt sich selbstbewusst, wenn es um die Energiewende vor Ort geht. Die Gemeinde brauche sich nicht zu verstecken. Wer das Energieforum in der Gemeinschaftshalle besucht, kann sich selbst ein Bild davon machen.

In der Gemeinschaftshalle dreht sich kommende Woche alles rund um die Klimakrise und erneuerbare Energien. Der Bürgermeister Thomas Schäfer (CDU) erzählt im Interview, was es mit dem Energieforum auf sich hat und warum sich seine Gemeinde im Kampf gegen den Klimawandel nicht zu verstecken braucht.

Herr Schäfer, wozu das Energieforum?

Wir wollen alle gesellschaftlichen Player mitnehmen und die Menschen informieren – über aktuelle Projekte, aber auch darüber, was kommen soll. Der Gastredner Andreas Huber von der Deutschen Gesellschaft Club of Rome hat sich schon vor langer Zeit auf den Weg gemacht, die globalen Ziele zu beleuchten. Zum ersten Energieforum im Jahr 2015 kamen rund 200 Besucher. Ich vermute, dieses Mal werden es mehr sein. Die Zeit ist reif. Spätestens jetzt kommt man um das Thema Energiewende nicht mehr herum angesichts der russischen Gaskrise oder Gesetze von Land und Bund. Darin liegt gesellschaftlicher Sprengstoff.

Was sind die größten Herausforderungen im Kampf gegen den Klimawandel?

Einmal der monetäre Aspekt. Es reicht ja nicht nur, die Anlagen zu errichten, man braucht zum Beispiel auch die Leitungsnetze und zahlt Nutzungsgebühren. Die Kosten treffen nicht nur die Kommunen, sondern jeden einzelnen Bürger. Fördergelder sind nie schlecht. Sie dienen oft dazu, etwas anzuschieben. Dann sind da noch eine Menge bürokratische Hürden zu überwinden, die den Ausbau hemmen. Die Windkraft steht meist im Spannungsfeld mit der Ökologie. Wo bei uns in Hemmingen genug Wind bläst, beim Regenpfeiferacker, hält sich der seltene Goldregenpfeifer auf. Zurzeit werden entsprechende Gutachten erstellt. Grundsätzlich ist es auch schön, dass sich Deutschland aufgemacht hat, die Klimakrise zu lösen und hier Vorreiter sein will. Im internationalen Vergleich sind wir aber ein kleines Licht mit einem CO2-Ausstoß von rund zwei Prozent des weltweiten Ausstoßes. Der Klimawandel ist definitiv ein globales Problem.

Wie einfach oder schwierig ist es für eine Kommune, etwas zu tun?

Im eigenen Beritt kann man einiges machen. Hemmingen muss sich bei den erneuerbaren Energien nicht verstecken. Dreiviertel des verbrauchten Stroms wird im Ort produziert. Wir sind Mitglied bei der Ludwigsburger Energieagentur Lea und im Kommunalen Klimaschutznetzwerk Solaroffensive. Die Grundschule, die Kita Laurentiusstraße und der Bauhof haben bereits Photovoltaik auf den Dächern. Kürzlich haben wir Fördermittel beantragt, um die Parkplätze bei den Sportanlagen mit Solarmodulen auszustatten. Das erzeugt eine Spitzenleistung von 300 Kilowatt. Generell ist bei der Sonnenenergie viel Potenzial und noch Luft nach oben – kommunal wie beim Dach der Bücherei, das nach Süden ausgerichtet ist sowie privat. Deshalb ist es wichtig zu werben und auch privaten Eigentümern aufzuzeigen, was machbar ist. Wir müssen Gas geben.

Ihrer Meinung nach auch bei Windkraft.

Auf jeden Fall, gerade mit Blick auf das Klimaschutzgesetz des Landes, wonach mindestens zwei Prozent der jeweiligen Regionsfläche für Windenergie und Photovoltaik festgelegt werden sollen. Die Verwaltung und der Gemeinderat sind offen dafür, nördlich, im Gebiet Richtung Hochdorf und Schwieberdingen, drei bis vier Windräder bauen zu lassen. Mit schon einem Windrad mit einer Leistung von 13 Millionen Kilowattstunden pro Jahr wären wir energieautark. Im Frühjahr, wenn die Gutachten auch zum Vogelzug vorliegen, wissen wir, was möglich ist. Eine weitere Herausforderung wird der vorgeschriebene Abstand zur Wohnbebauung sein. Wir haben mit 700 Metern kalkuliert, inzwischen gibt der Verband Region Stuttgart 800 Meter vor. Beim Energieforum wird der Projektentwickler, die Firma Uhl Windkraft, die Pläne vorstellen.

Was sagen die Bürger zum Vorhaben?

Sie scheinen dafür zu sein, bisher haben wir zumindest keine negativen Stimmen gehört. Auch die Natur- und Umweltschutzverbände sehen die Notwendigkeit. Letztlich muss jeder Einzelne nicht nur für sich prüfen, was er zur Energiewende beitragen kann – und Multiplikator sein. Es wird ein stillschweigender Konsens nötig sein, die Veränderungen der Landschaft hinnehmen zu müssen.

Kommen wir noch zum Wärmenetz.

Unser Nahwärmenetz wächst kontinuierlich. Parallel haben wir mit Schwieberdingen die Wärmeleitplanung angeschoben. Leider müssen wir uns davon verabschieden, dass jeder Haushalt eine Wärmeleitung erhält. Wir haben eben keine Stadtwerke. Dafür haben wir ein 13 Kilometer langes Erdgasnetz, das sich auch für den Transport von Wasserstoff eignet – ein weiterer Baustein beim Klimaschutz.

Die Teilnahme am Energieforum am Mittwoch, 22. November, 19 Uhr, ist kostenlos. Das Motto lautet: „Die Ideen stehen bereit, doch wo stehen eigentlich wir?“ Nach der Veranstaltung besteht die Möglichkeit zum Gespräch.