Friedrich Merz beim „Kleinen Parteitag“ der CDU Foto: dpa/Christoph Soeder

Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz grenzt die Union scharf von den Rechtspopulisten ab – doch er sagt nicht, was das strategisch für die Partei bedeutet.

Einmal, wenigstens dieses eine Mal kommt dann doch Begeisterung auf und es fühlt sich ein bisschen wie ein richtiger Bundesparteitag an. Die erweiterte CDU-Führung hat sich an diesem Freitag im Konrad-Adenauer-Haus versammelt. Nicht zum Bundesparteitag. Den gibt es in diesem Jahr – auch aus finanziellen Gründen – nicht. Stattdessen tagt der Bundesausschuss. Der besteht aus 160 Funktionsträger aus ganz Deutschland. „Kleiner Parteitag“ heißt das Treffen im Parteijargon.

Der Termin ist glücklich gewählt. Tatsächlich braucht die Partei diesen Moment der Selbstbesinnung. Es rumort in der Union. Der Höhenflug der AfD fordert die Partei heraus und konfrontiert sie mit Strategie-Fragen. Soll man vielleicht doch ein bisschen populistischer werden, um den Rechten das Wasser abzugraben? Manche sehen das so.

Die AfD nennt Merz kein einziges Mal beim Namen

Darauf muss vor allem der Vorsitzende eine Antwort geben. An seine Rede knüpften sich deshalb große Erwartungen. Friedrich Merz sollte Orientierung geben. Klar und unmissverständlich. In diesem einem Punkt hat er dann auch geliefert. Er schreibt den Delegierten folgendes ins Stammbuch: „Weder im EU-Parlament, noch im Bundestag, noch in einem Landtag wird es irgendeine Zusammenarbeit mit dieser Partei geben.“ Mit dieser Partei – kein einziges Mal in seiner Rede nennt er die AfD beim Namen.

Zweifellos, die Abgrenzung ist hammerhart und eindeutig. Die Delegierten danken mit heftigem Applaus im Stakkato-Takt. Was Merz aber nicht näher ausführt, ist, was das nun strategisch für die CDU bedeutet. Diese Leerstelle hatte zuvor schon der NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst gefüllt. Manche in der Partei sehen ihn als alternativen Kanzlerkandidaten, als Gegenentwurf zu Merz. Deshalb hört man hin, wenn er sich zu Wort meldet. In einem Gastbeitrag hatte er passgenau zum kleinen Parteitag eine Botschaft gesandt: „Wer nur die billigen Punkte macht und den Populisten hinterherrennt, der legt die Axt an die eigenen Wurzeln und stürzt sich selbst ins Chaos.“

Ist das gegen Merz gerichtet? Man könnte es so lesen, denn Merz hat in der Vergangenheit durchaus zum populistischen Vokabular gegriffen. Der Vorsitzende hat sich jedenfalls über Wüst geärgert. Ohne ihn zu nennen, greift er seinen Einwurf auf. Er lese ja gerne Namensbeiträge, sagt er. Aber im letzten Absatz hätte er sich den Hinweis „auf andere gute Beiträge“ gewünscht. Überhaupt erkenne er keinen Unterschied zu seiner Haltung. Bei dieser kleinen Bemerkung bleibt es. Und damit bleibt auch die weiterhin ungeklärte Strategie-Frage.

Merz will sich nicht weiter mit der AfD befassen. Er will, dass die Union in der Auseinandersetzung mit der Regierung punktet. Also dekliniert er die Unterschiede zur Ampel durch. Zum Beispiel beim Klimaschutz: „Da wollen wir Anreize geben, die Regierung ordnet an und verbietet.“ Zum Beispiel Asylpolitik: „Deutschland ist ein Einwanderungsland“, stellt Merz fest. „Aber wir brauchen auch eine Begrenzung. Es ist zu viel für die Städte und Gemeinden.“ Und er fordert Kontrollen an den EU-Binnengrenzen. „Das zu verlangen, fällt uns nicht leicht“, sagt der Vorsitzende. „Aber wenn die EU-Außengrenzen nicht hinreichen geschützt werden, dann brauchen wir das.“ Zum Beispiel Familienpolitik: Da verabschiedet der Bundesausschuss einen Antrag, der ein Gegenkonzept zur von der Ampel geplanten Kindergrundsicherung präsentiert. Die CDU spricht sich für die Einführung eines „Kinderzukunftsgeld“ aus, das den Kinderzuschlag, die Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket und digitalisierungsbedingte Leistungen für Schulkinder zusammenführen soll.

Helmut Kohl als Vorbild

Merz schwört die CDU auf einen Termin ein: „Spätestens 2025“ soll es mit der Ampel vorbei sein. Erstaunlich, wer auf diesem Weg zurück an die Macht das Vorbild des Vorsitzenden ist. Friedrich Merz zitiert gleich zweimal Helmut Kohls Bonner Rede nach seiner Wahl zum CDU-Vorsitzenden im Jahre 1973. Er referiert dessen politische Lagebeschreibung und seine Abgrenzung von den – angeblich – sozialistischen Ideen der damaligen Bundesregierung. Merz nimmt das so auf: „Ersetze Sozialismus durch Dirigismus und Staatshörigkeit – und es passt genau ins Jahr 2023.“