Ernste Gesichter im Kanzleramt: Robert Habeck (v.li.), Olaf Scholz und Christian Lindner präsentieren ihre Pläne zur Lösung der Etatkrise. Foto: dpa/Kay Nietfeld

Höherer CO2-Preis, Abbau umweltschädlicher Subventionen, aber möglichst keine Aussetzung der Schuldenbremse: Die Ampel-Koalition hat nach wochenlangem Ringen eine Lösung gefunden, um die Haushaltslücke zu schließen.

Einer fehlt noch, als Bundestagspräsidentin Bärbel Bas die Sitzung eröffnet: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Kurz darauf ist er dann doch da, um seine Regierungserklärung – in der es eigentlich um Europa, nun aber auch um den Haushalt geht – abzugeben. Das steht sinnbildlich für die Ampel und die Haushaltsverhandlungen: Alles passiert immer ein bisschen zu spät.

Scholz, Vize-Kanzler Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) sind sich nach wochenlangen Verhandlungen also doch noch über den Etat 2024 einig geworden. In der letzten Runde hatten sie bis in den frühen Mittwochmorgen hinein verhandelt. Jetzt gibt es eine politische Grundsatzeinigung– auch wenn noch längst nicht alle Details bekannt sind.

Wird im Jahr 2024 die Schuldenbremse wegen des Ukraine-Kriegs noch einmal ausgesetzt?

Nein – jedenfalls fürs Erste nicht. Insbesondere die SPD hatte auf eine Aussetzung der Schuldenbremse wegen der Folgekosten des Ukraine-Kriegs gedrungen. Die FDP und Finanzminister Christian Lindner wollten hier nicht mitmachen. Lindner fürchtet das verfassungsrechtliche Risiko eines solchen Schritts.

Die Kosten durch den Ukraine-Krieg – darunter 8 Milliarden Euro für Waffenlieferungen und mehr als sechs Milliarden Euro zur Unterstützung ukrainischer Flüchtlinge – müssen also aus dem normalen Etat gestemmt werden. Scholz machte allerdings deutlich, dass – falls sich die Lage in der Ukraine erheblich verschlechtert und deutlich mehr Geld notwendig ist – die Aussetzung der Schuldenbremse eine Option bleibt. Das würde dann im Lauf des Jahres geschehen.

Welche Fragen verbinden sich noch mit der Schuldenbremse?

Die Ampel will prüfen, ob die Schuldenbremse für die weiteren Zahlungen für die von der Flutkatastrophe betroffenen Menschen im Ahrtal ausgesetzt werden kann. Hier geht es im nächsten Jahr um einen Betrag von 2,7 Milliarden Euro. Da wird es mit Sicherheit auch Gespräche mit der Union geben. Das Kalkül dürfte sein: Sowohl der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) als auch viele CDU-Bürgermeister in NRW und Rheinland-Pfalz haben Interesse daran, dass der Bund weiter verlässlich zahlt.

Warum sind die Haushaltsprobleme der Ampel so groß?

Es war notwendig geworden, die Pläne für den Haushalt 2024 noch einmal drastisch zu ändern, weil das Verfassungsgericht der Ampel die Umwidmung von Corona-Krediten für den Klimaschutz und Wirtschaftshilfen verboten hat. Dazu kommt: Eine Notlage muss jedes Jahr aufs Neue präzise begründet werden.

Wie löst die Ampel ihre Geldprobleme?

Im Kernhaushalt für 2024 fehlten nach dem Urteil des Verfassungsgerichts 17 Milliarden Euro, die – wie der Kanzler sagte – erwirtschaftet werden müssten. „Das machen wir insbesondere, indem wir klimaschädliche Subventionen abschaffen, die Ausgaben einzelner Ressorts etwas absenken und Bundeszuschüsse verringern“, kündigte der Kanzler nach der Einigung in einem gemeinsamen Statement mit Habeck und Lindner an. Die Lösung lässt sich also auf die Formel bringen: Es wird gespart und es soll Einnahmeerhöhungen für den Haushalt geben. Weitere Einsparungen sind im Klima- und Transformationsfonds (KTF) nötig, der beim Umbau der Wirtschaft hin zum klimaneutralen Wirtschaften helfen soll. Hier fehlen die Corona-Milliarden, die umgewidmet werden sollten. Für die Bahn soll es – statt aus dem Fonds – offenbar zusätzliches Geld durch eine Eigenkapitalerhöhung des Bundes geben, wohl aus Privatisierungserlösen. Die Fördermilliarden aus dem KTF für die Ansiedlung von Chipfabriken in Ostdeutschland und zur klimafreundlichen Modernisierung von Stahlwerken gelten jedoch als gesichert.

Der CO2-Preis soll schneller steigen. Was bedeutet die Haushaltseinigung für Verbraucher?

Die Bundesregierung muss Geld sparen, das bedeutet umgekehrt, dass sich für manche Bürger das Leben verteuern wird. Grund dafür ist die Ankündigung, dass der CO2-Preis steigen soll. Die Ampel hatte diese Erhöhung nach dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine zunächst ausgesetzt, um Bürger zu entlasten. Nun schwenkt die Regierung wieder auf den ursprünglichen Pfad ein. Nun steigt der CO2-Preis zum 1. Januar von bislang 30 Euro nicht auf 40 Euro pro Tonne, sondern auf 45 Euro. Das hat zur Folge, dass etwa Benzin und Diesel teurer werden. Laut Berechnungen des ADAC steigt der Preis für einen Liter Benzin damit um 1,4 Cent – für Diesel um 1,6 Cent. Auch das Heizen kostet künftig mehr, denn der CO2-Preis schlägt sich auch auf Gas und Heizöl durch. Die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung fließen in den Klima- und Transformationsfonds.

Welche konkreten Punkt sind sonst bereits absehbar?

Käufer eines Elektroautos müssen mehr zahlen. Dass die Ampel die Kaufprämie für E-Autos abschaffen wollte, darauf hatte sie sich bereits im Koalitionsvertrag geeinigt. Nun kommt das Ende früher. Wer einen Hausbau plant, kann damit rechnen, dass die geplanten Fördergelder fließen. Die Programme „klimafreundlicher Neubau“ sowie „Wohneigentum für Familien“ werden nicht eingespart, hieß es aus Regierungskreisen.

Gibt es Sozialkürzungen?

Auch das Arbeits- und Sozialministerium muss sparen. Das soll unter anderem gelingen, indem Ukrainerinnen und Ukrainer schneller in Arbeit vermittelt werden. Die geplante Bürgergelderhöhung kommt.