Einmal mit der Gondel durch Venedig: Die Kanäle der Lagunenstadt sind ein beliebtes Touristenziel. Foto: imago/ /Michael Bihlmayer

Hotels und Strandbäder heben ihre Preise teils deutlich an. Italiens Tourismusbranche profitiert von der Rückkehr kaufkräftiger Kunden aus den USA und China und setzt nun auf Luxustourismus.

Italiens Tourismusbranche ist trotz der sehr schwierigen geopolitischen Lage und teilweise deutlich höherer Preise optimistisch, dass auch 2024 ein sehr gutes Jahr wird. Auf Italiens größter Tourismusmesse TTG Travel Experience in Rimini berichtete die zuständige Ministerin Daniela Santanchè über einen Umsatzzuwachs von 1,4 Prozent im ersten Halbjahr 2023. Nach einem durchwachsenen August sind die Zahlen für September und Oktober wieder sehr gut. Bis Ende Mai wurden rund 50,5 Millionen Touristen und 207 Millionen Übernachtungen verzeichnet.

Die Inflation hat jedoch vor allem die Italiener gebremst. 41 Prozent von ihnen sind in diesem Jahr gar nicht verreist. Hotels haben ihre Preise um durchschnittlich 13 Prozent erhöht – und damit deutlich über der Inflationsrate. „Es ist natürlich, dass die Preise steigen, wenn die Nachfrage groß ist“, sagt Daniela Baldelli, Sales- and-Marketing-Direktorin der Gruppe Omnia Hotels. Auch die Strandbäder haben die Tarife für Sonnenschirme und Strandliegen teils im zweistelligen Prozentbereich angehoben. Viele Urlauber haben deshalb ihre Ausgaben etwa für das Essen oder Einkäufe eingeschränkt.

Zahlungskräftige Gäste aus USA und China kehren zurück

Den Luxustourismus tangiert das kaum. Die Gäste sind hier nicht sonderlich preissensibel, Preiserhöhungen sind gut durchzusetzen. Die Zahl der Fünf-Sterne-Häuser ist in den letzten zehn Jahren von 400 auf 652 gestiegen. Zusammen mit den Vier-Sterne-Hotels steht der Luxussektor für mehr als ein Fünftel des Übernachtungsangebots. Die Auslastung der Häuser etwa bei der Garden Group mit drei Häusern, darunter dem Garden Toscana Resort in San Vincenzo, ist laut General Manager Luca Tonelli mit rund 90 Prozent sehr hoch. Ähnlich ist die Situation der großen Häuser in Rom und Florenz.

Italiens Tourismusbranche profitiert vor allem von der Rückkehr der Amerikaner und teilweise auch der Chinesen. Diese kaufkräftigen Kunden, die vor allem nach Mailand, Neapel, Rom, Florenz, Venedig oder Rom strömen, wo in diesem Jahr kaum Zimmer zu bekommen waren, lassen auch viel Geld in Restaurants und Luxusboutiquen. Der Luxussektor steht für Ausgaben von 25 Milliarden Euro.

Außer bei den Amerikanern verzeichnet Italien Zuwächse vor allem bei Franzosen und Niederländern sowie bei Schweizern, Briten, Spaniern und Belgiern. Die Zahl der Gäste aus Deutschland ist laut Branchenverband Assoturismo Confesercenti stabil.

Der Personalmangel ist auch in Italien ein Problem

In Florenz, Venedig und Rom oder in beliebten Touristenregionen wie Ligurien und an der Amalfiküste bei Neapel ging oft nichts mehr. Stichwort „Overtourism“. In den Cinque Terre in Ligurien werden Eintrittspreise für die beliebtesten Wanderwege verlangt und in Venedig müssen Tagestouristen künftig eine Eintrittsgebühr zahlen. Die offizielle Tourismuswerbung setzt dennoch auf die ohnehin überfüllten Topdestinationen. Dabei hat Italien viele andere reizvolle Regionen zu bieten, in denen man Ruhe findet.

Problematisch ist für die Branche der Personalmangel, vor allem in der Hochsaison, und generell die kurze Saison. Fast alle Strandbäder etwa öffnen frühestens Ende Mai und schließen Ende September, selbst wenn – wie in diesem Jahr – häufig noch Temperaturen von 30 Grad herrschen. Premierministerin Giorgia Meloni hat auf Forderungen der Branche reagiert und das Kontingent für die legale Einwanderung 2023 um zwei Drittel auf 136 000 erhöht.

Rom will neue Potenziale heben und setzt auf die rund 60 Millionen Auslandsitaliener in Deutschland, USA, Argentinien, Frankreich, Australien oder Großbritannien, die häufig enge Bande zu Italien haben. 2024 wurde zum „Jahr der Wurzeln“ ausgerufen. Auch mit Sportereignissen wie dem Ryder Cup (Golf), Kongressen, Messen und kulturellen Veranstaltungen soll sich Italien zu einem ganzjährigen Tourismusziel entwickeln. Städte wie Genua und Palermo, das 30 Millionen Euro in eine neue Marina investiert, wollen mit dem Ausbau ihrer Häfen kaufkräftige Gäste mit Jachten anziehen.

Strategie des nachhaltigen Tourismus zahlt sich aus

Auch mit Mitteln des europäischen Wiederaufbauprogramms soll der nachhaltige Tourismus gefördert werden. Die von einer einheimischen Familie geführte Gruppe Delphina Hotels & Resorts, die über zwölf Häuser an acht Standorten ausschließlich im Norden Sardiniens verfügt, setzt zu 100 Prozent auf erneuerbare Energien, hat ihre autofreien Anlagen mit 80 bis 450 Zimmern in mediterrane Parkanlagen eingebettet und bezieht 70 Prozent der Lebensmittel und anderer Waren von lokalen Erzeugern. Die Gruppe beschäftigt im Sommer bis zu tausend Mitarbeiter. Die Hälfte der Gäste kommt aus dem Ausland. „Es hat sich gezeigt, dass die Strategie, die wir vor 30 Jahren eingeschlagen haben, die richtige war“, sagt Generaldirektor Libero Muntoni.