Gazprom-Mitarbeiter auf einem russischen Gasfeld Foto: Imago/Itar-Tass

Russland ist Deutschlands wichtigster Erdgaslieferant. Was würde es bedeuten, wenn Moskau die Lieferung einstellen würde? Und welche Auswirkungen hat der Konflikt schon jetzt?

Vor dem Hintergrund des sich zuspitzenden Ukraine-Konflikts hat die Bundesregierung beschlossen, die Genehmigung der neuen Gaspipeline Nord Stream 2 auf Eis zu legen. Zugleich ist der Füllstand der Erdgasspeicher in Europa relativ niedrig. Was kommt auf Verbraucher zu?

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Wie entwickelt sich der Gaspreis?

Am Terminmarkt stieg der Gaspreis für den Monat März am Dienstag um zeitweise mehr als zehn Prozent auf über 80 Euro pro Megawattstunde. Das ist ein hoher Preis, aber immer noch weniger als die Hälfte dessen, was Erdgas zur Hochpreisphase kurz vor Weihnachten kostete. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte am Dienstag: „Ich nehme an, wir werden jetzt kurzfristig ein Ansteigen der Gaspreise erleben, mittelfristig hoffe ich, dass sich der Markt schnell wieder beruhigt.“

Kann Gas in Deutschland knapp werden?

Europas Gasspeicher sind derzeit zu etwa 31 Prozent gefüllt. Im Durchschnitt der vergangenen zwölf Jahre lag der Füllstand zu dieser Zeit des Jahres bei etwa 43 Prozent. Auch die deutschen Speicher sind zu 31 Prozent belegt. Experten sehen die Versorgung in diesem Winter dennoch gesichert. „Die EU-Erdgasvorräte dürften zwar bis zum Ende des Winters reichen“, sagt Rohstoffanalyst Carsten Fritsch von der Commerzbank, „der nötige Lageraufbau für den nächsten Winter dürfte ohne hinreichende russische Gaslieferungen allerdings schwierig werden, da die EU mehr als 40 Prozent ihrer Gasimporte aus Russland bezieht.“ Derzeit gibt es keine Anzeichen dafür, dass sich der russische Staatskonzern und Hauptexporteur Gazprom nicht an seine Lieferzusagen hält.

Welche Folgen hätte ein Lieferstopp?

„Wenn die die Lieferungen aus Russland von einem Tag auf den anderen ausfallen, ist das eine große Herausforderung, vor der die Bundesregierung und die Energiewirtschaft dann stünden“, sagt Kerstin Andreae, Hauptgeschäftsführerin des Branchenverbands BDEW. „Aber wir haben in Europa Sicherungsmechanismen, die dann greifen. In jedem Fall sind Haushaltkunden und verschiedene Einrichtungen durch gesetzliche Bestimmungen besonders geschützt.“ Zudem gebe es – auch im EU-Kontext – entsprechende Vorsorgepläne. „Die Situation wäre schwierig, aber sie ist zu meistern.“

Was kommt absehbar auf Verbraucher zu?

In den vergangenen Monaten hat sich für Verbraucher Tanken und Heizen schon sprunghaft verteuert. Bei der EnBW, dem größten Erdgaslieferanten in Baden-Württemberg, heißt es, man habe keine direkten Importverträge mit Russland. Die EnBW kaufe die Gasmengen am deutschen Großhandelsmarkt ein. Sollten die Gaspreise an der Börse dauerhaft hoch bleiben, könne sich das zeitlich versetzt auf die Endkundenpreise auswirken. Da der Konzern aber eine langfristige Beschaffungsstrategie verfolge, sei vorerst nicht damit zu rechnen.

Hat der Gaspreis weitere Auswirkungen?

Da Gas auch eine wachsende Rolle bei der Stromerzeugung spielt, haben steigende Gaspreise auch Auswirkungen auf den Strompreis. Im Herbst war dies zu beobachten, allerdings lag der Gaspreis auch bei etwa dem Doppelten des heutigen Niveaus.