Er bleibt der starke Mann in China: Präsident Xi Jinping. Die EU wird darauf reagieren müssen, dass er das Land zur führenden Weltmacht aufbauen will. Foto: AFP/HECTOR RETAMAL

Peking entwickelt sich für Europa immer schneller vom Partner zum Rivalen. Brüssel will nun wirtschaftlich und politisch darauf reagieren.

Wie viel Nähe zu China ist vertretbar? Diese Frage wird in Brüssel immer lauter gestellt. Peking ist einer der wichtigsten Handelspartner für die Staaten der Europäischen Union, wird politisch allerdings zu einer immer größeren Bedrohung. Fundamentale westliche Werte wie Demokratie und Freiheit sind in den Augen des Regimes ein Dorn im Auge und werden gezielt demontiert. Um die eignen Interessen durchzusetzen, setzt China seine große wirtschaftliche Macht gezielt ein.

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen konstatiert, dass Chinas Staatschef Xi Jinping auf dem soeben zu Ende gegangenen Parteitag nicht nur seine eigene Macht zementiert hat. Er treibe auch den eigenständigen Kurs des Landes voran und es sei klar, dass China seine Dominanz in Ostasien und seinen Einfluss auf der ganzen Welt festigen wolle.

Die EU versucht eine zweigleisige Strategie

Offensichtlich versucht Brüssel, eine zweigleisige Strategie im Umgang mit China zu fahren. „Wir denken, dass es notwendig ist, sich mit China über globale Themen austauschen zu können, beispielsweise über den Klimawandel“, erklärte Ratspräsident Charles Michel am Wochenende. Bei dieser Zusammenarbeit dürfe man aber nicht naiv vorgehen. Die Europäische Union müsse ihre Interessen vertreten und auch gewillt sein, sie durchzusetzen.

Das sind ziemlich neue Töne aus Brüssel. Denn noch vor zwei Jahren wurde zwischen Europa und China an ehrgeizigen Handelsabkommen gefeilt, doch dann stellte sich eine Entfremdung ein, die sich wie im Zeitraffer vergrößerte. Einer der Auslöser war die die Corona-Pandemie. In deren Verlauf überhäuften sich beide Seiten mit schweren Vorwürfen, wer wann wie zu spät oder falsch auf das Ausbreiten der Krankheit reagiert habe. In dieser gereizten Stimmung empörte sich Peking über das kleine EU-Mitgliedsland Litauen, das es wagte, in seiner Hauptstadt Vilnius ein Vertretungsbüro von Taiwan zu eröffnen. China ließ das baltische Land daraufhin seine Macht spüren und überzog es mit wirtschaftlichen Strafmaßnahmen.

Das Verhältnis zu Moskau ist entscheidend

Regelrecht verstört reagierte man in Brüssel dann allerdings auf ein Treffen im Februar 2022, als sich Chinas Parteichef Xi Jinping und Russlands Präsident Wladimir Putin gegenseitig ihr grenzenlose Freundschaft schworen. Kurz danach überfiel Moskau das Nachbarland Ukraine. Inzwischen wird in Brüssel sehr genau beobachtet, wie weit die Pekings Unterstützung des Regimes im Kreml reicht. An das Treffen unmittelbar vor der Invasion erinnerte in diesen Tagen noch einmal EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. „Diese Entwicklungen werden sich auf die Beziehungen zwischen der EU und China auswirken“, sagte sie. Man sei sich der Art der Rivalität bewusst.

Stirnrunzeln in Brüssel über Deutschland

Angesichts der bedenklichen Entwicklungen in Peking, reagierte man in Brüssel überaus erstaunt auf die Meldung, dass das Kanzleramt in Berlin den Teilverkauf eines Terminals des Hamburger Hafen an die chinesische Staatsreederei Cosco zuzulassen möchte. Nun ist bekannt geworden, dass die EU-Kommission Deutschland bereits vor Monaten vor diesem Schritt gewarnt hatte. Eine entsprechende Stellungnahme der Behörde mit Sicherheitsbedenken sei im Frühjahr an die Bundesregierung übermittelt worden, berichtet die Nachrichtenagentur AFP. Die Kommission befürchtet, dass sensible Informationen über das Hafengeschäft an China abfließen könnten. Zudem habe der Hafen nicht nur zivile, sondern auch militärische Bedeutung.

Inzwischen drängt die Zeit für eine Entscheidung, denn bis zum 31. Oktober läuft eine Prüffrist, bis zu der die Bundesregierung das Geschäft untersagen könnte. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte am Freitag beim EU-Gipfel Kritik an einer möglichen chinesischen Beteiligung zurückgewiesen. Nach seinen Angaben ist in der Sache aber noch nichts entschieden.