Im März versammelten sich die Atomkraftgegner zum letzten Mal in Neckarwestheim. Foto: Fotoagentur-Stuttgart/Andreas Rosar

Die Entscheidung des Bundeswirtschaftsministeriums Neckarwestheim II als Notreserve zu erhalten, stößt bei Atomkraftgegnern auf Empörung. „Wir akzeptieren das nicht.“

Nach der Ankündigung von Bundeswirtschaftminister Robert Habeck (Grüne), die Atomkraftwerke Neckarwestheim II und Isar II über das Jahresende hinaus als Notreserve zu erhalten, hat die Antiatomkraftbewegung Proteste angekündigt. „Wir akzeptieren die geplanten Laufzeitverlängerungen an den zwei Standorten nicht“, heißt es in einer Mitteilung des Bündnisses Neckarwestheimer Anti-Atom-Initiativen. Eine erste Demonstration soll am 22. Oktober vor dem Neckarwestheimer Atomkraftwerk stattfinden.

In Neckarwestheim gebe es ein gravierendes Sicherheitsproblem mit Korrosion an mehr als 350 Rohren des Dampferzeugers. Zuletzt hätten sich immer mehr tiefe Risse gezeigt. Die letzte Generalrevision, die üblicherweise alle zehn Jahre stattfinde, liege schon 13 Jahre zurück. „Ein Weiterbetrieb ohne diese Prüfungen ist verantwortungslos und widerspricht den atomrechtlichen Voraussetzungen“, heißt es in der Mitteilung.

Entscheidung öffnet Tür für Laufzeitverlängerung

„Die Notreservenentscheidung öffnet die Tür für eine generelle Laufzeitverlängerung“, sagte der Sprecher des Bundes der Bürgerinitiativen Mittlerer Neckar (BBMN), Franz Wagner, unserer Zeitung. Habeck versuche, sich aus der Umklammerung von FDP und CDU/CSU zu lösen. „Aber man fragt sich, wie er das machen will.“ Der Druck werde weiter zunehmen. Zudem dürfte der von Habeck eingeschlagene Kurs tief greifende Eingriffe ins Atomrecht notwendig machen. „Dann gibt es möglicherweise kein Halten mehr.“

Der Einsatz als Notreserve mache ein kurzfristiges Anfahren der Anlage erforderlich. Im gegenwärtigen Zustand sei das Atomkraftwerk aber „nicht mehr tauglich für Betriebsveränderungen“, sagte Wagner. „Bereits das Bersten eines einzigen der rund 16 000 Rohre kann zu einer Kernschmelze führen“, sagte der BBMN-Vorsitzende Stefan Mende. „Die im Stresstest getroffenen Annahmen zur problematischsten Situation beinhalten einen hohen Strombedarf Frankreichs. Unter diesen Umständen müssen aber andere Unterstützungsmöglichkeiten gefunden werden – das Risiko einer Atomkatastrophe kann niemals Teil solidarischer Lösungswege sein.“