Immer mehr Menschen konsumieren Pflanzenmilch. Das Image tierischer Milch hat in den letzten Jahren gelitten. Foto: imago images/AFLO/Shingo Tosha/AFLO via www.imago-images.de

Hafermilch und andere Pflanzendrinks sind der Kuhmilch in Sachen Nachhaltigkeit und Tierwohl eindeutig überlegen. Doch manche sorgen sich um den Zucker in den Alternativen. Wie gesund ist Milch aus Hafer, Soja, Nüssen oder Erbsen wirklich?

Um Milchalternativen im Supermarkt kaufen oder den Cappuccino mit Hafermilch bestellen zu können, muss man nicht mehr nach Berlin Mitte fahren. Pflanzliche Drinks, wie die Milchalternativen offiziell genannt werden dürfen, sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen – und der Markt boomt. 2022 legten die Verkaufszahlen um 14 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu, während sie bei Kuhmilch um sechs Prozent schrumpften.

Auf Kuhmilch verzichten Verbraucher aus verschiedenen Gründen: Weil sie tierische Erzeugnisse generell meiden oder weil sie das Klima schützen wollen. Denn die Produktion von tierischer Milch erzeugt viele Treibhausgase - Methan und CO2. Pflanzendrinks verursachen pro Liter nur etwa ein Viertel bis die Hälfte der Treibhausgasemissionen von Kuhmilch. Doch wie gesund sind die Pflanzendrinks eigentlich? Ein Blick auf die Nährstoffe und die Umweltbilanz.

Hafermilch – die beliebteste Milchalternative in Deutschland

Während die Produktion von einem Liter Kuhmilch 2,2 Kilogramm Treibhausgasemissionen ausstößt und 248 Liter Wasser verbraucht, sind es laut einer Studie im Fachblatt Science bei Hafermilch lediglich 0,6 Kilogramm Treibhausgasemissionen sowie 3,4 Liter Wasser. Zudem kommt der Hafer oft aus Deutschland und benötigt weniger Pestizide durch bessere Unkrautresistenz.

Hafer ist ein äußerst nährstoffreiches und gesundes Ausgangsprodukt. Bei der Herstellung von Hafermilch geht allerdings ein Großteil der Mineral- und Nährstoffe verloren. Hafermilch enthält zwar Aminosäuren und viele Ballaststoffe, die gut für den Darm sind. Eine Quelle für Kalzium und Proteine ist der Pflanzendrink allerdings nicht. Sind Kalzium und Vitamine enthalten, wurden diese wie bei fast jedem Pflanzendrink künstlich zugesetzt und sind in der Zutatenliste genannt. Der Milchersatz enthält keine Laktose und kein Milcheiweiß - und ist deshalb gut für Allergiker geeignet. Nur Menschen, die an Zöliakie leiden, müssen vorsichtig sein, denn nicht alle Haferdrinks sind zuverlässig glutenfrei.

Der Zucker entsteht durch Fermentation

Ein Nachteil von Hafermilch ist der recht hohe Kalorien- und Kohlenhydratgehalt. Bei einer Marktstichprobe der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hatten Haferdrinks durchschnittlich 46 Kalorien pro 100 Milliliter. Ein herkömmlicher Haferdrink aus dem Handel enthält zwischen 30 und 60 Gramm Kohlenhydrate, also Zucker, pro Liter. In Zuckerwürfeln (3g) sind das zwischen 10 und 20 Würfel Zucker pro Liter. Aussagen wie „ohne Zuckerzusatz“ oder „ungesüßt“ bedeuten allerdings nicht automatisch einen geringen Zuckergehalt, warnt die Verbraucherzentrale. Denn in Hafermilch ist von Natur aus Zucker enthalten. Bei der Herstellung von Hafermilch werden die geschälten und gemahlenen Haferflocken nämlich mit Wasser vermischt, eingeweicht und je nach Verfahren fermentiert. Durch den Zusatz von Enzymen wird ein Teil der Stärke im Hafer zu Zucker aufgespalten.

Von Haferdrinks, die zusätzlich mit Zucker angereichert sind, raten Verbraucherschützer und Ernährungsexperten ab. Wer Haferdrink im Müsli, also in Kombination mit Nüssen, Fetten und Vollkorngetreide isst, verringert einen Blutzuckeranstieg und ein Insulin-Peak.

Sojadrink enthält viel Eiweiß

Bei Sojadrink ist der Eiweißgehalt durch die Sojabohne als Hauptzutat im Vergleich zu anderen Pflanzendrinks hoch – und enthält fast so viel wie Eiweiß wie Kuhmilch (etwa 3,3 Gramm pro Liter). Ungesüßt enthält der Sojadrink mit durchschnittlich 39 Kalorien pro 100 Milliliter deutlich weniger Kalorien als Kuhmilch (etwa 60 Kalorien in der Vollfett-Variante). In einem Test der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen waren rund die Hälfte der Produkte zusätzlich gesüßt, was den Kohlenhydratanteil wiederum etwas steigen ließ.

Dass für die Sojabohnen Regenwälder in Südamerika gerodet werden, kann nicht pauschal gesagt werden, denn Regenwälder werden eher für Futtersoja gerodet. Laut eines Tests der Stiftung Warentest kommen die Bohnen der gängigsten Sojadrink-Anbieter aus Europa oder aus Biozuchten in Kanada. Ausgewiesen ist die Herkunft der Bohnen zumeist auf der Verpackung. Glyphosat konnte lediglich in einem unbekannteren Sojadrink eines Asiamarktes (Drinho Soya Bean Milk) nachgewiesen werden.

Mandeldrink hat wenig Nährstoffe

Mandelmilch enthält zwar in der ungesüßten Variante nur 21 Kilokalorien pro 100 Milliliter, allerdings sind kaum gesunde Nährstoffe wie Fette, pflanzliche Eiweiße, Vitamine, Mineralstoffe und Ballaststoffe enthalten. Denn Mandeln machen im Drink nur etwa drei bis sieben Prozent aus – deutlich zu wenig für einen nennenswerten Effekt.

Die Herstellung von Mandeldrink ist ressourcenintensiv, denn Mandelbaumplantagen verbrauchen viel Wasser. Für einen Liter Mandelmilch werden 371 Liter benötigt – bei Hafermilch sind es 3,4 Liter. Mandeln für die Drinks werden oft im Mittelmeerraum oder in Kalifornien angebaut, wo Wasser knapp ist. Zu ihrer Bestäubung sind Bienen notwendig, die teilweise extra dorthin transportiert werden müssen. Und wer eine Nussallergie hat, trifft mit Mandeldrink die falsche Wahl.

Reisdrink – gut für Allergiker

Reisdrinks sind gut für Allergiker geeignet, da sie weder Laktose noch Milcheiweiß oder Gluten enthalten. Mit 51 Kilokalorien pro 100 Milliliter hat die Alternative nur nennenswert weniger Kalorien als Kuhmilch, da Reis viele Kohlenhydrate enthält. Gleichzeitig enthält der Drink ohne künstliche Zusätze kaum Proteine und so gut wie keine Ballaststoffe, Vitamine oder Kalzium. Bei der Herstellung wird Reis in Wasser ausgekocht. Der Reis ist fast immer importiert und teilweise mit Schwermetallen belastet, die der Reis aus dem Boden aufnimmt. Um das Risiko zu minimieren, sollte man nur Bio-Reisdrinks verwenden.

Ein weiteres Problem ist der hohe Wasserverbrauch. Reis für die Drinks wird in gefluteten Feldern angebaut. Mikroorganismen produzieren dort klimaschädliches Methan, allerdings nicht so viel wie die in den Mägen von Kühen. Das Fluten verbraucht viel Wasser, sodass auf einen Liter Reisdrink mehr als 500 Liter Wasser abfallen.

Erbse und Lupine – die Eiweißbomben

Immer mehr Hersteller wagen sich an die Erbse als Hauptzutat. Erbsendrinks haben zwar je nach Hersteller etwas oder deutlich weniger Eiweiß als Sojamilch, aber mit 3,2 Gramm (Princess and the Pea Erbsendrink), 2,4 Gramm (Vly Food Erbsendrink) oder 1,4 Gramm (dm Bio Erbsendrink) pro 100 Milliliter immer noch mehr als der Haferdrink (etwa 0,6 Gramm). Basis des Erbsenproteins ist die Spalterbse, die zumeist in Deutschland oder Frankreich angebaut wird. Die hohe Protein-Ergiebigkeit der Erbsen führe laut dem Hersteller Princess and the Pea zu einem verhältnismäßig geringen Anbauflächen- und Wasserverbrauch.

Zu den seltenen Milchalternativen gehört der Lupinendrink. Basis dafür sind die Samen der blau blühenden Süßlupine, eine auch in Deutschland heimische Pflanze. Sie enthält genauso viel Eiweiß wie Sojabohnen - fast 40 Prozent. Die Lupinen selbst sind zwar reich an Vitamin E und Spurenelementen wie Kalium, Kalzium, Magnesium und Eisen. In den Drinks ist der jeweilige Anteil allerdings deutlich geringer. Laut des Herstellers Luve, der seine Lupinen in Mecklenburg-Vorpommern anbaut, haben diese einen leicht geringeren CO2-Verbrauch als der Hafer. Aufgrund des Klimawandels könnte die Lupine in der Nahrungsmittelindustrie zukünftig eine größere Rolle spielen: Die Süßlupine ist robust, braucht wenig Wasser und bindet Stickstoff in den Böden.

Sind Pflanzendrinks also gesund?

Wie bei vielen Lebensmitteln kommt es auch bei Pflanzendrinks auf die Menge an. Wer Pflanzendrinks in überschaubaren Mengen konsumiert und keine Unverträglichkeiten hat, muss sich wenig Sorgen machen. Soll die Milchalternative allerdings besonders proteinreich, kalorienarm oder klimafreundlich sein, lohnt es sich, genauer hinzuschauen. Auch ein Blick auf die Testergebnisse der Verbraucherorganisationen Stiftung Warentest oder Öko Test lohnt. Diese schauen sich regelmäßig die Inhaltsstoffe der Drinks an und testen die Alternativen unter anderem auf Phosphate, die schädlich für die Nieren sein können. Zuletzt kann die Verwendung des Drinks ein Argument bei der Kaufentscheidung sein. Hafermilch schmeckt besonders gut im Müsli. Das nussige Aroma der Mandelmilch eignet sich gut zum Backen oder für Desserts. Und Erbsenmilch sorgt für extra Proteine im Proteinshake.