Mehr als Worte? Olaf Scholz (links) mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskij Foto: dpa/Kay Nietfeld

Die Ukrainer kennen die Geschichte. Auch deshalb ertragen sie die wohltönenden Solidaritätsadressen des deutschen Kanzlers nur schwer.

Kiew - Den Besuch von Kanzler Olaf Scholz haben viele Ukrainer nur mit geballter Faust in der Tasche ertragen. Sie sind zwar dankbar für die finanzielle Hilfe. Viele denken aber auch an Verrat – und nicht nur wegen der Weigerung, Waffen zu liefern.

In der Ukraine kennt man die Geschichte und akzeptiert historisch begründete Vorbehalte in Deutschland. Und jedem ist klar, dass die jüngste Forderung nach 12 000 Panzerabwehrraketen unsinnig ist. Eine Zusage würde den Konflikt anheizen und Scholz bei seinem Besuch in Moskau den letzten Verhandlungsspielraum rauben. Die Forderung ist anders zu verstehen: als Ausdruck einer fundamentalen Enttäuschung über die deutsche Haltung. Berlin beschwört den hehren Anspruch einer wertegebundenen Außenpolitik. Zugleich haben die Regierungen unter Gerhard Schröder, Angela Merkel und nun Olaf Scholz stets auf eine Kumpanei mit dem rohstoffreichen Russland gesetzt. Die Stichworte lauten: Nord Stream II, Ablehnung des ukrainischen Nato-Beitritts, Vermeidung einer EU-Perspektive. Angesichts dieser Geschichte ertragen die Ukrainer es nur schwer, wenn Scholz in Kiew von Solidarität redet.