Das Bild zeigt die im Eisberg A23a gebildeten Bögen. Spektakuläre neue Bilder vom derzeit weltweit größten Eisberg zeigen, wie Erosion riesige Bögen und höhlenartige Vertiefungen in den Koloss gemeißelt hat. Foto: Richard Sidey/Eyos Expeditions/dpa

Der weltweit größte Eisberg ist 4,5-mal so groß wie Berlin. Und er treibt vergleichsweise schnell von der Antarktis weg. Neue Aufnahmen zeigen, was wärmere Luft und Wasser mit dem Koloss aus Eis machen. 

Spektakuläre neue Bilder vom derzeit weltweit größten Eisberg zeigen, wie Erosion riesige Bögen und höhlenartige Vertiefungen in den Koloss gemeißelt hat. Die Aufnahmen wurden von einem Schiff des Unternehmens Eyos Expeditions aus bereits am 14. Januar gemacht, der britische Sender BBC berichtet.

Eisberg A23a wird zermahlen

A23a ist rund 4000 Quadratkilometer groß, also rund 4,5-mal so groß wie Berlin. Foto: EIan Strachan/Eyos Expeditions/dpa
Der Eisberg (Rechteck in der oberen rechten Bildhälfte) war bereits 1986 vom Filchner-Ronne-Schelfeis abgebrochen. Foto: Imago/Zuma Wire

Der Eisberg A23a treibt derzeit von der Antarktis weg durch den Ozean. Er werde durch die wärmere Luft und das Oberflächenwasser, auf das er treffe, zermahlen. „Letztendlich wird er schmelzen und verschwinden“, schreibt der Sender. Wann es dazu komme, sei unklar. A23a ist rund 4000 Quadratkilometer groß, also rund 4,5-mal so groß wie Berlin.

„Wir sahen Wellen, gut drei oder vier Meter hoch, die auf den Berg prallten“, sagte Expeditionsleiter Ian Strachan der BBC. Er sprach demnach von einem„ständigen Zustand der Erosion“. Das Eyos-Team sei Mitte Januar nahe genug an den Eisberg herangekommen, um Drohnenaufnahmen zu machen.

Die rund 30 Meter hohen Klippen des Berges seien von dichtem Nebel umhüllt gewesen. „Es war dramatisch und schön zu fotografieren“, erklärte Eyos-Videofilmer Richard Sidey.

Eisberg bereits 1986 abgebrochen

Die europäische Weltraumagentur Esa hatte im Dezember unter Berufung auf Satellitenbilder mitgeteilt, dass sich der derzeit größte Eisberg vergleichsweise schnell von antarktischen Gewässern wegbewegt. Der Eisberg sei bereits 1986 vom Filchner-Ronne-Schelfeis abgebrochen, habe aber lange auf dem Meeresboden festgehangen.

Bis zum Jahr 2020 habe er sich zwar gelöst, erst jetzt aber lege er angetrieben durch Winde und Strömungen einen Spurt hin. Wie die meisten Eisberge aus dem sogenannten Weddell-Sektor werde er wahrscheinlich in den Südatlantik gelangen, berichtet die Esa.

Instabilität des Antarktis-Eis nimmt rasch zu

Ende 2018 war am Pine-Island-Gletscherin der Westantarktis ein mehr als 265 Quadratkilometer großer Eisberg abgebrochen. Foto: Nasa

Forscher beobachten schon seit längerem eine schnell wachsende Instabilität in Teilen der antarktischen Eismassen, deren Abschmelzen zu einem zusätzlichen, deutlichen Anstieg des Meeresspiegels führen würde. Dabei geht es besonders um Gletscher in der Westantarktis, wie aus einer im Fachblatt „The Cryosphere“ veröffentlichten Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) hervorgeht. Deren Abschmelzen könnte demnach bald unumkehrbar werden.

Antarktis-Eis kollabiert

„Computersimulationen belegen, dass wir hier eine Instabilität der auf dem Meer aufschwimmenden Eismassen sehen, die zu einem zusätzlichen globalen Meeresspiegelanstieg von mehr als drei Metern führen kann“, erklärt PIK-Forscher Anders Levermann. Neue Berechnungen zeigten nun, „dass diese Instabilität viel schneller voranschreitet als ähnliche Prozesse in anderen Teilen der Antarktis“. Das Eis der Westantarktis könnte demnach deutlich schneller kollabieren als anderswo.

Hunderte von Millionen Menschen betroffen

Auch wenn selbst dieser vergleichsweise schnelle Eisverlust sich nur über Jahrzehnte hinweg entfalten und dann Jahrhunderte andauern werde, sei er bereits heute ein wichtiger Faktor für den weltweiten Anstieg des Meeresspiegels. „Davon werden Hunderte von Millionen Menschen an den Küsten der Welt betroffen sein, von Miami bis Shanghai“, heißt es in der Studie.

Das Problem ist demnach, dass es hier um ein sogenanntes Kipp-Element geht, also einen Prozess, der nicht mehr zu stoppen ist, wenn er einmal ausgelöst wurde. „Wenn das geschieht, werden die Eismassen langsam und unaufhaltsam in den Ozean fließen und damit weltweit den Meeresspiegel ansteigen lassen“, warnen die Experten.

Klimawandel lässt die Gletscher schmelzen

Bald Geschichte? Ein Segelschiff passiert Eisberge in der Antarktis (Gemälde von 1895). Foto: Imago/Gemini Collection

Die genauen Ursachen dieser konkreten Entwicklung lassen sich den Angaben zufolge noch nicht sicher benennen. Klar ist aber laut Levermann, dass der Klimawandel nicht nur zu höheren Temperaturen in der Atmosphäre führe, „sondern auch zu wärmeren Meeresströmungen, die bis in die Antarktis vordringen und den Schmelzprozess unter Wasser starten“.

Die genannten Antarktis-Gletscher liegen zwar teilweise auf antarktischem Festland, wo dauerhaft Temperaturen unter dem Gefrierpunkt herrschen, ragen aber darüber hinaus ins Meer hinein, wo sie den Wirkungen von Meeresströmungen und auch eines ansteigenden Meeresspiegels ausgesetzt sind.