Nach Hasskommentaren auf Facebook ermittelt die Stuttgarter Staatsanwaltschaft. Foto: dpa/Fabian Sommer

Der AfD-Abgeordnete Daniel Lindenschmid nimmt mit einem Video eine Grünen-Politikerin aufs Korn. Danach hagelt es tausende Kommentare, einige sind möglicherweise strafrechtlich relevant.

Ermittelt die Staatsanwaltschaft Stuttgart gegen den Backnanger AfD-Landtagsabgeordneten Daniel Lindenschmid? Ein entsprechender Bericht des SWR mit dieser Nachricht hatte jüngst für Aufregung gesorgt. Ein Sprecher der Stuttgarter Staatsanwaltschaft stellt nun jedoch klar, dass zwar Ermittlungen wegen des Verdachts der Beleidigung und Volksverhetzung laufen; diese richten sich aber nicht gegen Lindenschmid persönlich, sondern gegen Unbekannt. Der Gegenstand sind Kommentare unter einem von Lindenschmid auf Facebook geposteten Video. Der SWR hat seine Meldung inzwischen korrigiert.

Was war passiert? Am 24. Juli hatte Lindenschmid einen Zusammenschnitt aus einer Rede der Grünen-Landtagsabgeordneten Fadime Tuncer veröffentlicht. Das Thema ihrer Rede waren Kriminalität und sexuelle Belästigung in Freibädern. Lindenschmid versah das Video mit einem Clown-Smiley, unterlegte es mit cartoonartiger Musik und kürzte die Rede deutlich von zehn auf rund zwei Minuten – diverse Versprecher der Grünen ließ er dabei jedoch im Clip. Das Video verbreitete sich in kurzer Zeit sehr weit. Fast 280 000 Menschen haben es auf Facebook angesehen, rund 5200 Kommentare verzeichnet es dort.

Mehrheitlich echauffieren sich AfD-Anhänger. Deren Sichtweise: Tuncer würde Probleme in Freibädern ignorieren und schönreden. „Grünes Dreckspack“, „dämliche Fadime“, so und anders lauten manche Kommentare. Laut dem Zeitungsverlag Waiblingen fanden sich darunter auch Beleidigungen gegen Tuncer, bis hin zu Aufrufen zu Gewalt, etwa dem Kommentar „Sachsenhausen“ – einem Verweis auf eines der Konzentrationslager im Nationalsozialismus, in dem laut Schätzungen Zehntausende Menschen ermordet wurden. Einige dieser Kommentare sind inzwischen gelöscht, manche sind dagegen noch einsehbar. So schreibt ein Facebook-Nutzer etwa – Rechtschreibfehler inklusive: „Bis du Deutsch so sieht du nicht aus“ – versehen mit einem Smiley mit Baseballschläger.

Das sagt der AfD-Politiker zur Diskussion um Hasskommentare

Fadime Tuncer hat sich in die Facebook-Diskussion auch selbst eingeschaltet und dazu aufgerufen, ihre komplette Rede anzusehen. Wesentliche Punkte würden in Lindenschmids Zusammenschnitt gar nicht auftauchen. Der AfD-Politiker hat Anfang August reagiert – und die komplette Rede Tuncers ebenfalls hochgeladen, versehen mit dem Kommentar „Wer schafft die vollen 10 Minuten dieser Märchenstunde?“.

Lindenschmid selbst gibt an, er sei von der Reichweite des ersten Videos überrascht gewesen. „Das dürfte aber im Wesentlichen der Realitätsferne der Rednerin geschuldet sein“, so der AfD-Abgeordnete. Von den Ermittlungen habe er aus den Nachrichten erfahren. „Selbstverständlich werden die Kommentare auf meinen Social-Media-Kanälen durch mich und meine Mitarbeiter moderiert“, sagt Daniel Lindenschmid. Die Kommentare seien „zum überwiegenden Teil kritisch, aber nur selten möglicherweise strafrechtlich relevant“ gewesen, von der Flut seien er und seine Mitarbeiter überwältigt gewesen, so der AfD-Politiker. „Bei Sichtung haben wir strafrechtlich relevante Kommentare auch entfernt.“

Was nun aus den Ermittlungen gegen die Kommentatoren wird, wird sich zeigen. Unter Umständen wurden die Kommentare nicht unter Klarnamen verfasst – ob und wie schnell der Facebook-Konzern Meta die Behörden bei ihren Ermittlungen unterstützt, ist unklar. Allerdings gab es in der Vergangenheit schon mehrfach strenge Gerichtsurteile gegen die Verfasser von Hasskommentaren im Netz.