In der Ausbildung ist mehr Flexibilität gefragt. Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild/Jan Woitas

Wo heute Auszubildende fehlen, fehlen morgen Fachkräfte. Warum sich Unternehmen wenige Basisberufe wünschen und erst später eine berufliche Spezialisierung der Azubis, zeigt eine Umfrage der IHK Region Stuttgart.

Wie lässt sich die berufliche Ausbildung zukunftsfähig machen? Flexible Lösungen und die Anpassung aktueller Berufsbilder sind gefragt, zeigt eine Umfrage.

Rund 200 Ausbildungsbetriebe haben im Vorfeld des IHK-Kongresses „Zukunft Ausbildung gestalten“ auf eine Blitzumfrage der IHK Region Stuttgart geantwortet, die unserer Zeitung vorliegt. Mit rund 70 Prozent spricht sich die Mehrheit für eine Reduzierung differenzierter Berufsbilder und die Konzentration auf wenige Basisberufe aus. Gleichzeitig befürworten sie den Ausbau von spezialisierten Ausbildungsangeboten für leistungsstarke Auszubildende.

„Dieses Meinungsbild der Betriebe macht deutlich, dass sie sich zunächst Generalisten wünschen, die sich erst im Laufe der Ausbildung passgenau spezialisieren,“ sagt Claus Paal, Präsident der IHK Region Stuttgart. Zudem wünschten sich Unternehmen, dass sich die Spezialisierung an den Potenzialen der Auszubildenden ausrichte und daran, was das jeweilige Unternehmen benötige.

Für die Metall- und Elektrobranche würde das etwa bedeuten, dass es zunächst wenige Basisberufe gibt. Ausbildungsbetrieb und Azubi entscheiden erst während der Ausbildung gemeinsam, in welchen Bereichen die spätere Spezialisierung stattfindet. Das mache Jugendlichen die Berufswahlentscheidung einfacher und gebe den Unternehmen mehr Flexibilität in der inhaltlichen Ausgestaltung der Ausbildung. „Der Gedanke ist nicht neu, aber die Zeit war noch nie so reif wie jetzt,“ sagt der IHK-Präsident.

Große Diskrepanz bei Berufseinsteigern

Angesichts des Fachkräftemangels und der zunehmenden Heterogenität der Berufseinsteiger seien flexiblere Lösungen gefragt, die allen Zielgruppen gerecht würden und das Ausbildungsengagement beförderten. „Das Ausbildungssystem muss agiler ausgestaltet werden, um mit der Transformation der Wirtschaft Schritt zu halten und für zukünftige Auszubildende attraktiv zu sein,“ sagt Paal.

Die Mehrheit der befragten Unternehmen bewerten die Ausbildungsberufe, die im eigenen Betrieb angeboten werden, als zukunftsfähig (49 Prozent) bis absolut zukunftsfähig (46 Prozent). Wobei sie in der zukünftigen Relevanz und in der Anpassungsgeschwindigkeit aktueller Berufsbilder wesentliche Einflussfaktoren für die Zukunftsfähigkeit von Ausbildungsberufen sehen.

Baukastenprinzip bei Ausbildungsberufen

Was die strukturelle Ausgestaltung einer zukunftsfähigen Ausbildung angeht, sind 64 Prozent der befragten Unternehmen der Meinung, dass die Ausbildungsordnungen zukünftig flexibler auf die individuellen Bedarfe der Unternehmen ausgerichtet sein sollten. Große Zustimmung finden auch die Ideen, dass Ausbildungsberufe stärker im Sinne eines Baukastenprinzips modularisiert werden sollten (67 Prozent) und dass das Angebot von Zusatzqualifikationen maßgeblich zur Steigerung der Attraktivität der Berufsausbildung beitragen kann (82 Prozent).

Hohe Relevanz bei der dualen Ausbildung haben laut Umfrage künftig die Förderung sozialer und persönlicher Kompetenzen sowie eigenverantwortliches Arbeiten (jeweils 97 Prozent Zustimmung) und digitale Ausbildungsformate (75 Prozent). Flexible Arbeitszeitmodelle in der Ausbildung halten dagegen 43 Prozent für weniger wichtig oder unwichtig.