In Leinfelden-Echterdingen gibt es viele Büros, bezahlbare Wohnungen gibt es kaum. Foto: Natalie Kanter/Natalie Kanter

Die Stadt Leinfelden-Echterdingen vermittelt seit sieben Jahren zwischen Wohnungseigentümern und geflüchteten Menschen. Das Projekt „LE mietet“ ist ein Erfolgsmodell – allerdings nur auf den ersten Blick.

Auf den ersten Blick ist das Projekt „LE mietet“ noch immer ein Erfolgsmodell. Es spart der Kommune jeden Monat viel Geld. Gerade einmal 65 Euro pro Person „muss die Stadt Leinfelden-Echterdingen zuschießen“, wie es Bürgermeister Carl-Gustav Kalbfell formuliert, um Menschen, die nach Deutschland geflohen sind, ein Dach über dem Kopf zu bieten. Die Kommune muss für diese Menschen keine Unterkünfte bauen, sie kommen in privaten Wohnungen unter.

Die Stadt vermittelt zwischen Wohnungseigentümern und Geflüchteten. Das Projekt wurde 2016 ins Leben gerufen, nachdem sehr viele Syrer nach Deutschland gekommen waren. Die Kommune fungiert als eine Art Zwischenmieter und schafft so Wohnraum für Zuwanderer. Corinne Belz, die zuständige städtische Mitarbeiterin des Amtes für soziale Dienste, konnte sich im Frühjahr 2022, als der Krieg in der Ukraine ausgebrochen war, kaum retten vor Angeboten. „Mittlerweile haben auch syrische Familien wieder eine Chance auf eine Vermittlung“, sagt sie.

Elf Integrationsmanager kümmern sich

Die Menschen werden von den elf Integrationsmanagern, die es mittlerweile in Leinfelden-Echterdingen gibt, begleitet und betreut. „Jede Familie ist bei einem Integrationsmanager angedockt“, hat die Projektverantwortliche im jüngsten Sozialausschuss berichtet.

Weil die Stadt diesen Wohnraum angemietet hat, können sich die Vermieter darauf verlassen, dass die Miete pünktlich überwiesen wird. Die Kommune übernimmt die Nebenkosten, die auch in diesen Mietverhältnissen in der jüngsten Zeit „unglaublich angestiegen“ sind, wie Belz sagt. Für eventuelle Schäden springt die Stadt ein: Wenn beispielsweise Waschbecken ausgetauscht werden müssen, weil sie Löcher bekommen haben. Wenn Balkontüren und Fenster ausgehebelt wurden. Oder wenn altersschwache Gurte von Rollläden abreißen.

Sperrmüll entsorgen, Wohnung reinigen

Auch wenn der Pfannkuchen ohne Pfanne direkt auf dem Cerankochfeld eines Herdes gebacken wurde, ist Corinne Belz gefragt und bringt das wieder in Ordnung. Was für die Projektverantwortliche jede Menge Arbeit und für die Stadt Zusatzkosten bedeuten kann. „Das Thema Heizen und Lüften wird auch nicht immer richtig verstanden“, berichtet sie, sodass Schimmel in der Wohnung beseitigt werden muss. Unter den Geflüchteten seien auch „Jäger und Sammler“. Wenn ein Umzug ansteht, das auf zwei Jahre befristete Mietverhältnis ende, sei sie mit dem Entsorgen von Sperrmüll und nicht nur mit der Grundreinigung beschäftigt.

„Wir sind das Supersorglos-Paket für die Vermieter“, sagt Corinne Belz. Aus diesem Grund hätten diese kaum Interesse daran, ihre Wohnung nach Ablauf der zwei Jahre wieder auf dem freien Wohnungsmarkt anzubieten oder sie direkt an die bisherigen Bewohner zu vermieten. Weil die Stadt aber geflüchteten Menschen ein Dach über dem Kopf bieten muss und will, um eine Obdachlosigkeit zu vermeiden, bietet die städtische Angestellte den Vermietern dann einen Anschlussmitvertrag an. Bestimmte Wohnungen mietet die Stadt seit nunmehr sieben Jahren für dieses Projekt an. Hinzu kommt: Die allermeisten dieser Wohnungen seien auch schon vor 2016 vermietet gewesen. Das Ziel, möglichst viele leer stehende Wohnung wieder auf den Wohnungsmarkt zu bringen, sei bisher nicht erreicht worden.

Eingriff in den Wohnungsmarkt

Insofern greift die Kommune mit ihrem Angebot in den Wohnungsmarkt ein, wie die FDP-Stadträtin Judith Skudelny dies schon häufig moniert hatte. „Das Projekt macht den eh schon engen Wohnungsmarkt noch enger“, so die Stadträtin. Während junge Menschen oder Menschen mit geringen Einkommen aus Leinfelden-Echterdingen wegziehen müssten, weil sie keinen bezahlbaren Wohnraum finden, ergänzte Claudia Zöllmer (CDU). „Ich kann die Wohnungen nur an geflüchtete Menschen weitergeben, kann sie keiner Erzieherin anbieten“, sagt Belz, die den Einwand durchaus nachvollziehen kann.

Ein paar Zahlen

Die Grundkosten
Mehr als 1000 geflüchtete Menschen leben derzeit im Stadtgebiet von Leinfelden-Echterdingen, davon kommen 515 aus der Ukraine. 332 dieser Zuwanderer leben in 114 Wohnungen, welche die Stadt über das Projekt „LE mietet“ vermittelt hat. Die Kommune zahlt für die 114 Objekte eine Miete von 111 592 Euro pro Monat und erhält im Gegenzug von den Bewohnern eine Nutzungsentschädigung von insgesamt 90 246 Euro.

Die Zusatzkosten
Hinzu kommen Kosten für Renovierung, Sanierung, Beschaffung von Ausstattungsgegenständen, Schädlingsbekämpfung, Umzugskosten, Entrümpelung, Grundreinigung, Beseitigung von Schäden nach Auszug, Ersatzbeschaffungen und die Nachzahlung der Nebenkostenabrechnungen.