EU-Kommissar Thierry Breton fordert für den Aufbau der europäischen Verteidigung 100 Milliarden Euro. Foto: AFP/JOHN THYS

Europa will seine Rüstungsindustrie und damit seine Verteidigung stärken. Doch die Umsetzung dürfte schwierig werden, kommentiert unser Brüssel-Korrespondent Knut Krohn.

Europa muss wehrhafter werden. Angesichts der Bedrohung aus Russland, ist das ist eine mehr als überfällige Feststellung der EU-Kommission. Richtig ist es auch, mehr Geld in die Verteidigung zu stecken und die gemeinsame europäische Rüstungsindustrie zu stärken. Die Analyse stimmt also, doch es lauern sehr grundsätzliche Probleme.

Landesverteidigung ist eine nationale Sache

Zum einen werden die Mitgliedsländer nicht einfach ihre Kompetenzen abgeben, wie es von der EU-Kommission zum Teil geplant ist. Landesverteidigung ist seit jeher eine nationale Angelegenheit und kein Staat ist gewillt, zentrale Aufgaben Brüssel zu überlassen. Das Problem der europäischen Zusammenarbeit zeigt sich schon bei den gemeinsamen Rüstungsprojekten.

Kompetenzgerangel bei der EU-Kommission

Das Kompetenzgerangel könnte auch in der EU-Kommission selbst zum Problem werden. Dort wird wohl ein neuer Verteidigungskommissar installiert, der auch die europäische Rüstungsstrategie umsetzen soll. In den Augen von Thierry Breton, macht- und selbstbewusster EU-Binnenmarktkommissar, ist das völlig überflüssig. Er sieht sich in der Lage, auch dieses weite Feld zu beackern - neben der Digitalpolitik, der Weltraumforschung und der Chipindustrie.

Gefordert wird eine „Kriegswirtschaft“

Der Franzose Breton ist es auch, der eine schlagkräftige europäische „Kriegswirtschaft“ fordert. Dafür will er einen EU-Fonds in Höhe von 100 Milliarden Euro einrichten. Das aber ist eine Illusion, denn kein EU-Land will neue Gemeinschaftsschulden aufnehmen. So sind die Vorschläge zu einer europäischen Verteidigung eine Anhäufung von sinnvollen Ideen. Es ist zu befürchten, dass es in den meisten Bereichen beim bloßen Reden bleibt.