Der Sozialdemokrat Hubertus Heil weiß sich mit den Gewerkschaften in vielen Dingen einig. Foto: dpa/Fabian Sommer

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil kündigt beim Verdi-Kongress diverse Gesetzesvorstöße an, die bei der Gewerkschaft sehr gut ankommen – nicht nur die Initiative für mehr Tarifverträge.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte am Mittwoch beim Verdi-Bundeskongress ein Heimspiel. Er nutzte die Gelegenheit, um gesetzliche Vorstöße anzukündigen, die auf Forderungen der Gewerkschaften zurückgehen. Hart ging er seine Kritiker in den Arbeitgeberverbänden an.

So will Heil mit Wirtschaftsminister Habeck (Grüne) die schrumpfende Tarifbindung stoppen. Nur noch 50 Prozent der Beschäftigten arbeiten unter dem Dach eines Tarifvertrags. „Wir werden als Staat nicht mehr tatenlos zugucken, deshalb werde ich in wenigen Tagen gemeinsam mit Robert Habeck ein Tariftreue- und Tarifstärkungsgesetz vorlegen.“ Dies solle dafür sorgen, „dass öffentliche Aufträge des Bundes an Tarifbindung und an tarifliche Bezahlung sowie Arbeitsbedingungen gekoppelt werden“.

Zudem werde er dafür sorgen, dass Gewerkschaften nicht nur ein physisches Zugangsrecht zu Unternehmen bekommen, etwa am schwarzen Brett, sondern auch ein digitales Zugangsrecht. Ferner werde die Nachwirkung von Tarifverträgen bei tarifflüchtigen Unternehmen gestärkt. „Ich sehe schon, wie einige mit Schaum vorm Mund davon reden: Das ist übergriffig“, sagte Heil. Er achte die Tarifautonomie. Doch „wenn wir das weiter auseinanderrasseln lassen, dann geht gesellschaftlich etwas auseinander“.

Auch kündigte der Arbeitsminister mehr Schutz für Paketboten an. Er wolle dafür sorgen, „dass wir nicht nur im Bereich der Briefpost über die Bundesnetzagentur Lizenzen haben, sondern auch bei den Paketdiensten“. Damit werde die Möglichkeit geschaffen, dass Firmen, „die chronisch gegen Arbeitsrecht verstoßen, im Zweifelsfall die Lizenz zum Paketausliefern verlieren können“. Und per Arbeitsschutzverordnung werde er „dafür sorgen, dass niemand mehr allein ein Paket schleppen muss, das schwerer als 20 Kilo ist, und das ist schon verdammt heftig“. Das müssten dann mehrere Kräfte übernehmen.

Kampf gegen „Union busting“

Ferner bekräftigte Heil, mehr gegen das „Union busting“ – das Zerstören von Gewerkschaftsarbeit – tun zu wollen. Weil zum Beispiel Beschäftigte, die auf die Unterdrückung von betriebsrätlicher Arbeit hinweisen, Konsequenzen durch ihren Arbeitgeber fürchten, werde diese Straftat bald ein sogenanntes Offizialdelikt statt des bisherigen Anzeigedelikts. „Das heißt, die Kenntnisnahme einer Strafverfolgungsbehörde muss zur Ermittlung führen.“ Heil: „Da müssen wir dafür sorgen, dass die Länder Schwerpunktstaatsanwaltschaften einsetzen.“

„Stinksauer“ zeigte sich der Sozialdemokrat darüber, dass die Arbeitgeberseite in der Mindestlohnkommission mit der Vorsitzenden eine weitere Erhöhung der Lohnuntergrenze von zweimal 41 Cent durchgesetzt hatte. „Wenn wir den Mindestlohn weiterentwickeln wollen, dann müssen wir zum Prinzip zurückkommen, dass wir im Konsens Entscheidungen haben“, sagte er, ohne den Weg dahin zu beschreiben.

Angriffe auf die Rente mit 63 abgewehrt

Wann das sogenannte Rentenpaket II kommen soll, sagte Heil nicht. Doch bezog der Minister im Vorfeld Position, indem er eine Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalters, wie sie von Teilen der Wirtschaft und der Unionsfraktion gefordert wird, strikt ablehnt. Diese „Antwort werden wir nicht geben“, sagte er. „Das wäre für die meisten Leute nur eine Rentenkürzung.“ Vielmehr „brauchen wir flexible Übergänge, aber keine stumpfe Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters“. Diejenigen, „die jetzt über 68, 69, 70 Jahre philosophieren, können das für sich vielleicht realisieren“. Doch sei der generelle Vorschlag „lebensfremd und ungerecht“.

Ebenso werde an der abschlagsfreien „Rente für besonders langjährige Versicherte“, bekannt als Rente mit 63, nichts verändert. Diese kann in Anspruch nehmen, wer mindestens 45 Beitragsjahre vorweist und – derzeit – 64 Jahre alt ist. Für den Geburtsjahrgang 1964 werden dann 65 Jahre als Mindestalter gelten. „Ich finde, wer 65 Jahre ist und rund 45 Jahre gearbeitet hat, der muss auch abschlagsfrei in Rente gehen können“, betonte der Arbeitsminister. „Das bleibt auch dabei.“ Der Verdi-Bundeskongress verabschiedete ihn mit starkem Applaus.