Im denkmalgeschützten Hemminger Schloss ist seit dem Jahr 1985 das Rathaus zu finden. Foto: Simon Granville

Das Einwohnermeldeamt und der Vollzugsdienst ziehen innerhalb des Hemminger Rathauses um. Heller, moderner, großzügiger werden die Räume dann sein.

Im Rathaus beginnt bald das große Umziehen. Ende dieses, spätestens Anfang nächsten Jahres sollen das Einwohnermeldeamt und der Vollzugsdienst dorthin, wo einst das Notariat war: in den westlichen Teil im Eingangsbereich. Die Gemeindeverwaltung spielt schon seit dem Jahr 2012 mit dem Gedanken, diesen Teil im Hemminger Schloss zu nutzen, um besagte Bereiche attraktiver zu gestalten. Die Pläne liegen in der Schublade, im Jahr 2019 hat der Gemeinderat sogar bereits den Baubeschluss gefasst. Zu wenig Geld in der Kasse, zu viel Arbeit im Bauamt und dann auch noch die Coronapandemie führten jedoch dazu, dass die Kommune das Projekt vor sich hergeschoben hat. Jetzt startet sie einen weiteren Anlauf. Die Umbauzeit ist auf rund sechs Wochen angedacht. Von allzu großen Einschränkungen für die Besucher während des Umbaus gehen wir derzeit nicht aus, sagt der Bürgermeister Thomas Schäfer (CDU). Das Rathaus werde immer zugänglich sein.

Weil den Architekten, die bisher an Bord waren, Personal fehlt, hat die Gemeinde ein anderes Büro ins Boot geholt. Der Architekt Ulrich Drössler aus Heilbronn hat mittlerweile die Pläne überarbeitet, denn das Einwohnermeldeamt – dort melden sich die Bürgerinnen und Bürger an, ab und um oder beantragen Dokumente wie Pässe und Beglaubigungen – hat laut dem Bürgermeister einen „starken Personalwechsel“ hinter sich, und die neuen Mitarbeiterinnen sollten bei den Umbauplänen mitreden.

Der Wartebereich wird größer

Der ursprünglich vorgesehene Durchbruch im Foyer für einen direkten Zugang zum Einwohnermeldeamt ist passé. Dafür wird nun die Tür im Foyer in Richtung Haupteingangstür versetzt und durch eine Schiebetür aus Glas ersetzt. Das vergrößert den Wartebereich, der sowohl für die Besucher des Einwohnermeldeamts als auch des Sozialamts gedacht ist. Was erforderlich ist, weil, so das Rathaus, dort zeitweise viel los sei: In den Stoßzeiten würden sich momentan viele Menschen im Eingangsbereich aufhalten, die den Zugang für die Besucher anderer Ämter oftmals behindern würden.

Zwei feste Arbeitsplätze mit je einem Besuchersitzplatz gibt es im neuen Einwohnermeldeamt. Zwischen den Sitzplätzen für die Besucher stehen halbhohe Trennwände, als Sicht- und Lärmschutz. Die Möbel – neue, die jetzigen sind von 1985, seitdem die Familie von Varnbüler das Schloss an die Gemeinde als Rathaus verpachtet – und der Deckenspiegel haben eine schallabsorbierende Oberfläche, das soll die Raumakustik verbessern. Die erforderlichen technischen Hilfsmittel wie Drucker sollen in greifbarer Nähe sein, im Sinne einer „effektiven Arbeitsweise“. Bei Bedarf ist in der Nische im Eingangsbereich ein dritter Arbeitsplatz möglich.

Passbildautomat als neuer Service

In der Nische neben dem Treppenaufgang steht jedenfalls bald der Passbildautomat. Künftig haben die Bürgerinnen und Bürger die Wahl, ob sie sich von einem Dienstleister fotografieren lassen – oder in der Pass- und Ausweisbehörde. Von Mai 2025 an dürfen Passbilder per Gesetz nur noch digital erstellt werden, danach gehen sie direkt an die entsprechende Behörde. Das neue Vorgehen soll Manipulation und Missbrauch von Fotos vermeiden. Der Bürgermeister Schäfer sagt, es gehe insgesamt viel in die elektronische Welt. Er verweist auf das Internetportal Portal service-bw.de. Auf der Plattform können die Bürgerinnen und Bürger Verwaltungsvorgänge papierlos abwickeln. Vor Ort soll es zum Beispiel ein Info-Display als Wegweiser geben statt einem Pförtner. Gleichwohl werden im Windfang in einer Auslage Infomaterial oder Formulare zu finden sein, auch außerhalb der Öffnungszeiten.

Die SPD erneuerte ihren Wunsch nach mehr Dienstleistungen im Erdgeschoss, stieß damit aber einmal mehr auf Ablehnung. Schon im Jahr 2019 wollten die Sozialdemokraten eine „zentrale Dienstleistungsstelle“, ein „modernes und leistungsfähiges Bürgerbüro als erste Anlaufstelle im Rathaus“ – und nicht bloß die räumliche Verlagerung des Einwohnermeldeamts. Doch aus Sicht des Hemminger Bürgermeisters und der meisten Gemeinderäte wolle kein Bürger im Erdgeschoss etwa eine Baugenehmigung abgeben. Dabei gehe es auch um den Datenschutz.

Auch Hochzeitsgäste profitieren

Im September will die Gemeinde Angebote einholen. Die konkreten Kosten für den Umbau nennt der Bürgermeister Schäfer in Kürze, im Haushalt stehen schon mal 240 000 Euro zur Verfügung. Plus 50 000 Euro, um nach dem Umzug der Mitarbeiterinnen aus dem Einwohnermeldeamt einen Multifunktionsraum zu machen. Er soll unter anderem als Besprechungszimmer dienen, das es nicht mehr gibt, seitdem die Verwaltung mehr Personal eingestellt hat, das mittlerweile im Besprechungsraum in der zweiten Etage sitzt. Außerdem können Hochzeitsgesellschaften bei schlechtem Wetter künftig drinnen ein Gläschen Sekt trinken.

Über das Hemminger Schloss gibt es einen Film

Geschichtsträchtig
 Die Ursprünge des Hemminger Schlosses sind Jahrhunderte alt. 1492 ist schon von einem „Alten Schloss“ die Rede. Dieses war ursprünglich ein Steinhaus und mit der Kirche von einem Wassergraben umgeben. Nun wird es renoviert.

1649 Johann Konrad von Varnbüler erhält für seine Verdienste als württembergischer Vertreter bei den Friedensverhandlungen in Münster und Osnabrück von Herzog Eberhard III. das an Württemberg zurückgegangene Lehen: das Schloss und das halbe Dorf Hemmingen.

1852 bis 1854 Das Schloss wird durch den Baumeister Christian Friedrich Leins erweitert.

1985 Die Familie von Varnbüler verpachtet das Schloss an die Gemeinde als Rathaus. Anno 1987 wird der Schlosspark geöffnet.

2014 Der Ortshistoriker Walter Treiber (†) dreht mit der Filmemacherin Sabine Willmann einen Rundgang durch’s Schloss. Das 36-Minuten-Video gibt es als DVD im Einwohnermeldeamt.