Theo Mezger † Foto:  

Er war eine Legende des Süddeutschen Rundfunks und des deutschen Fernsehens. Er hat nach den Sternen gegriffen, den „Tatort“ bereichert. Der Stuttgarter Regisseur Theo Mezger ist im Alter von 99 Jahren gestorben.

Es ist eines der Bilder, die die Nation nie vergessen wird. „. . . begleiten wir die Orion und ihre Besatzung auf ihrem Patrouillendienst am Rande der Unendlichkeit“, so eine Stimme aus dem Dunkeln. Der Ozean brodelt, das Wasser formt sich zu einem Strudel, und die Orion rast ins All. Und halb Deutschland mit ihr. Eine Reise zu den Sternen in sieben Episoden, ausgedacht von Rolf Honold und W. G. Larsen – so stand’s im Vorspann. Doch W. G. Larsen ist wie die Orion reine Fiktion, hinter dem Namen verbargen sich die Produzenten Hans Gottschalk, Helmut Krapp und Oliver Storz sowie die Regisseure Michael Braun und Theo Mezger.

Er arbeitete mit Curd Jürgens

Die Zukunft ist Geschichte, Theo Mezger ist im Alter von 99 Jahren gestorben. An seinem 80. Geburtstag saß er im Garten seines Hauses in Vaihingen. „Treffen wir uns morgens, da ist es nicht so heiß“, hatte er gesagt, doch er sah nicht so aus, als ob ihm die Hitze viel anhaben könne. Braun gebrannt war er, wirkte so, als sei er nur kurz vom Regiestuhl aufgestanden, um unterm Nussbaum kurz zu plaudern, bevor er wieder zu den Kameras zurückkehrt. Doch damit hatte er abgeschlossen. „Dieser Lebensabschnitt ist vorbei“, sagte er, „mir geht’s gut so.“ Ein langes Leben war ihm vergönnt, nun ist er eingeschlafen. Mit seinen Filmen hat er einen Schatz hinterlassen, sie finden immer noch ihr Publikum. Wie viele es sind, konnte er nur schätzen: „über 200“. Darunter „Flug in Gefahr“, die „Tatorte“ „Rot – rot – tot“ mit Curd Jürgens und „Stuttgarter Blüten“, der „Inspektor Wanninger“; Theo Mezger war einer der Väter des deutschen Fernsehens und ständiger Gast in den Wohnstuben.

Ein Stuttgarter greift nach den Sternen

Und dann sein größter Hit, die „Raumpatrouille Orion“. Mit Dietmar Schönherr, Eva Pflug, Wolfgang Völz, einem ikonischen Soundtrack, der intelligenten Verwendung von Alka-Seltzer-Tabletten, Spitzern und Bügeleisen für Spezialeffekte und Deko, sind die sieben Folgen heute noch legendär, damals, Ende 1966, saßen 56 Prozent aller Deutschen vor dem Fernseher. „Die ‚Raumpatrouille‘ ist mit Augenzwinkern gemacht“, sagt er. Ein Stuttgarter greift nach den Sternen, da braucht es Ironie. „Natürlich war das alles nicht ernst gemeint, denken Sie nur an dieses ganze Generalsgetue, das wollten wir auf die Schippe nehmen.“

Nie wieder Krieg

Nein, vom Militär hatten Mezger und seine Mitstreiter wahrlich genug. Er musste in Russland kämpfen, geriet in Gefangenschaft und durfte erst 1949 zurück. „Wir sind mit wunder Seele heimgekehrt aus diesem Krieg.“ Balsam lieferte das Theater. „Als ich zurückkam, bin ich nicht nach Hause, sondern lief zuerst zum Staatstheater.“ Er studierte an der Musikhochschule, spielte am Staatstheater und bekam beim ersten Fernsehspiel eine kleine Rolle. Vier Jahre später, 1958, wechselte er hinter die Kamera und lehrte das Fernsehen laufen.

Ein Perfektionist

Die Fernsehspiel-Redaktion des SDR setzte Maßstäbe für den kritischen Journalismus. „Wir hatten diesen Wahnsinn überlebt und machten uns daran, ihn von der Wurzel her aufzuarbeiten.“ Nicht jedem Zeitgenossen gefiel das, manche wollten Vergangenes lieber ruhen lassen. Doch wer jemals Mezgers Augen blitzen sah, wenn er von damals erzählt, der ahnt, dass er sich kaum von etwas abbringen ließ. Bescheiden, aber bei der Arbeit besessen, bisweilen unerbittlich, so beschreiben ihn Weggefährten. Als Perfektionist galt er. Auch sein alter Freund, der Kameramann Justus Pankau, konnte wunderbar erzählen von den Sträußen, die sie miteinander ausgefochten haben. Streit um der Sache willen. „Wir wollten Qualität“, da gab es kein Vertun.

Ein Vorbild

Und die lieferten sie. Es war kein Wunder, dass viele, die das Fernsehen prägten, in Stuttgart arbeiteten. „Wir hatten das liberalste Rundfunkstatut aller Anstalten“, sagte Mezger, „da saß kein Politiker im Rundfunkrat.“ Und Intendant Hans Bausch habe sich mit flammendem Schwert vor seine Leute gestellt. Ob’s das Schwert noch gibt? Nun, Aufreger sind SWR-Produktionen eher selten, „hausgemachte Mutlosigkeit“, bescheinigte Mezger schon damals seinem alten Arbeitgeber. Altersmilde, nein, das war seine Sache nicht. Und wenn man das Ganze begründete mit der Ausrede der Branche, dem Wunsch der Zuschauer nach Seichtem, da wurde er fuchsig. „Das ist Unsinn! Die Unqualität kommt von den Machern!“ Er hat seine Zuschauer immer ernst genommen, wohl der Grund dafür, dass sie seine Filme immer noch lieben. Qualität wird eben niemals alt. Und stirbt nie.