Geflüchtete aus der Ukraine sind in Stuttgart auch in Hotels oder wie hier in einer Halle bei der Schleyerhalle untergebracht. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Eine Regelungslücke führt dazu, dass die Landeshauptstadt für Verpflegung Geflüchteter teils doppelt zahlt. Allein für Catering fallen im Monat 2,5 Millionen Euro an.

In der Landeshauptstadt wird mehr Geld für die Versorgung von Geflüchteten aufgewandt, als notwendig wäre. Aktuell zahlt das Jobcenter pro Monat als Teil des neuen Bürgergeldes (zuvor Arbeitslosengeld II, „Hartz IV“) rund 170 000 Euro für Essen an rund 1000 erwerbsfähige Geflüchtete aus. Diese können sich aber nicht selbst versorgen, weil sie in Hotels und Hallen ohne Küchen untergebracht sind. Das Essen liefern Caterer, mit denen die Stadt direkt abrechnet. Die Catering-Kosten übernimmt die Stadt selbst.

Doppelzahlung ein bundesweites Problem

Der finanzielle Vorteil betrifft nahezu vollzählig Geflüchtete aus der Ukraine, die bundesweit eine Fiktionsbescheinigung und damit generell Anspruch auf Bürgergeld durch das Jobcenter erhalten – und nicht auf Sozialhilfe oder Grundsicherung über das Sozialamt, das eine Kürzung um die 170 Euro Essensanteil wegen der gegebenen Sachleistung (Catering) vornehmen kann.

Das Problem der Doppelzahlung stellt sich bundesweit, laut Thorsten Wieland, dem stellvertretenden Leiter des Stuttgarter Jobcenters, vor allem aber in Großstädten, weil vor allem in diesen mangels Wohnraum auch große Hotels oder Hallen zur Unterbringung jeweils mehrer Hundert Flüchtlinge genutzt werden müssen. Allein in den Nebenhallen der Schleyerhalle standen 710 Plätze bereit. Der Bürgergeld-Regelsatz dürfe durch das Jobcenter nicht gekürzt werden, es fehle die gesetzliche Grundlage, so Wieland. Im früheren Hilfesystem war die Kürzung möglich, der Vermittlungsausschuss ließ die Regelung trotz gegenteiligen Vorschlags beim neuen Bürgergeld dann auslaufen. Insgesamt werden laut Wieland zurzeit rund 5500 Flüchtlinge durch das Jobcenter und 3000 durch das Sozialamt betreut.

Abrechnung pro Essen nicht möglich

Die CDU im Gemeinderat, die per Antrag nach der Doppelzahlung gefragt hatte, dringt auf eine Lösung. Wäre es möglich, die Cateringleistung zu berechnen, fragt Fraktionschef Alexander Kotz. Von den 40 Unterkünften, die die Stadt zurzeit betreibt, werden acht von Caterern versorgt. Insgesamt wendet die Kommune laut Wieland pro Monat 2,5 Millionen Euro für das Catering auf. Eine Abrechnung pro Essen sei „nicht umsetzbar“, sagt Wieland. Dazu bräuchte es zusätzliches Personal, das bei jeder Ausgabe die Berechtigung prüft und kassiert. Nicht nur die CDU, auch die SPD erkennt durch die Ungleichbehandlung „erheblichen sozialen Sprengstoff in den Unterkünften“, so deren Sprecherin Jasmin Meergans. Eine Lösung sei der Einbau von Küchenzeilen oder eine andere Unterbringung, so Wieland. In dem von Flüchtlingen belegten Hotel Europe am Pragsattel, wo inzwischen 226 Menschen unterkamen, war der Kücheneinbau möglich. Sie waren zuvor in der Turn- und Versammlungshalle in Münster untergebracht.

Anmerkung der Redaktion: In einer ersten Version hatten wir die Zahl der betroffenen Flüchtlinge nicht genannt. Dies ist nun konkretisiert.