Um mehr als 15 Prozent haben sich die Mieten für WG-Zimmer in Ludwigsburg verteuert. Die Stadt liegt im Vergleich mit anderen Hochschulstandorten im oberen Drittel. Foto: /DSW/Jan Eric Euler

Ludwigsburg und die Umgebung sind kein billiges Pflaster. Das spüren Studenten und Studentinnen immer deutlicher. Sie zahlen so viel wie nie für Zimmer – auch das Leben in WGs ist deutlich teurer geworden.

Notfalls müsse er eben wieder pendeln, sagt Sven Hitzler. Wobei drei Stunden täglich im Zug zu sitzen eigentlich das Letzte ist, was er möchte. So lange würde der 23-Jährige aber brauchen, wenn er zurück zu seinen Eltern ziehen und sich wieder tagtäglich von daheim in Geislingen (Kreis Göppingen) an die Pädagogische Hochschule in Ludwigsburg mit Bus und Bahn aufmachen würde. Zu Beginn seiner Studienzeit hat er das schon mal für drei Semester ausprobiert. „Viel Zeit für anderes bleibt da nicht mehr“, sagt er.

Mit diesem Gedanken plagt sich Hitzler indes nur, weil er keine neue Wohnung findet. Zumindest nichts, was er bezahlen kann. Bisher wohnt der angehende Lehrer im Studentendorf direkt neben dem Hochschulcampus am Favoritepark. Dort würde er eigentlich auch gerne bleiben, aber die Mietzeit ist auf drei Jahre begrenzt. Bald – im April – müssen er und ein Kumpel, mit dem er eingezogen ist, raus. Vorsorglich haben sie sich deshalb schon jetzt auf die Suche gemacht. „Aber es gibt einfach viel zu wenig“, sagt Hitzler. Er sei auch beileibe nicht der einzige, der sich momentan nach einer Bleibe umsehe. Das sei immer so zu Semesterbeginn, und im Sommer werde es wohl nicht besser.

Mehr als 300 Namen auf der Warteliste

Nun ist es nicht so, dass die Wohnungssituation für Studierende in Ludwigsburg erst seit gestern angespannt ist. Auch wenn die Barockstadt gemeinhin nicht als klassische Studentenstadt gilt, um die 10 000 junge Menschen besuchen dennoch eine der fünf Hochschulen. Und die wollen untergebracht werden. Viele weichen auf andere Orte in der Umgebung aus – bevorzugt entlang der Bahnlinie mit Anschluss an die S 4. Das käme auch für Hitzler in Frage. Wobei die zusätzlichen Kosten für einen weiteren Weg mit den Öffentlichen am Ende nicht die Ersparnis bei der Miete egalisieren dürften.

Wie begehrt Plätze in Hochschulnähe sind, das hat der 23-Jährige selbst erfahren: Drei Semester stand er auf der Warteliste für ein Zimmer im Studentendorf – deshalb auch die Pendelei –, erst als Corona kam, rutschte er ganz nach oben und griff zu – obwohl eigentlich keine Veranstaltungen in Präsenz stattfanden.

Nach Auskunft des Studierendenwerks Stuttgart, das in Ludwigsburg insgesamt 866 Plätze anbietet, stehen derzeit noch 306  Studierende auf der Liste. „Am Standort Ludwigsburg sowie in Stuttgart-Mitte und -Vaihingen ist die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum regelmäßig so hoch, dass wir nicht allen Studierenden zu Semesterbeginn ein Zimmer anbieten können“, umreist Sprecherin Anita Bauer die Problematik.

Was kostet ein WG-Zimmer in Ludwigsburg?

Überhaupt ein Zimmer zu finden, ist das eine. Was neuerdings aber noch dazu kommt ist, es überhaupt noch bezahlen zu können. Die finanzielle Belastung – vor allem für diejenigen, die wenig bis keine Unterstützung von daheim bekommen – steigt. „Der Mix aus Inflation mit steigenden Energie- und Lebenshaltungskosten, nur langsam wachsenden Einkommen und insgesamt wieder deutlich anziehenden Mieten an den Hochschulstandorten stellt Studierende vor große Probleme“, heißt es beispielsweise im aktuellen Studentenwohnreport. Dezidiert auf Ludwigsburg Bezug nimmt die Studie des Moses-Mendelsohns-Instituts, die sich mit der Teuerungen von WG-Zimmern befasst.

In Kooperation mit dem Internetportal wg-gesucht.de wurden Angebote in allen 95  deutschen Hochschulstädten ab 5000  Studierende ausgewertet. Ergebnis: so stark wie zuletzt sind die Mieten für die Zimmer noch nie gestiegen. Statt durchschnittlich 391 Euro pro Monat im Vorjahr zahlen Studierende nun 435 Euro (11,4 Prozent mehr). Die Preissteigerung in der Barockstadt lag mit einem Plus von 15,7 Prozent (von 420 auf 486 Euro) sogar darüber. Für Sven Hitzler, der Bafög bekommt und noch einen 450 Euro Job hat, sind „um die 400 Euro“ fürs Wohnen im Monat das Maximum. Sein Mitstreiter hat in etwa ein ähnliches Budget zur Verfügung, was die Suche nach einer Zwei-Zimmer-Wohnung schon einmal erheblich einschränkt. Zwar ist der Wohnkostenzuschuss für Studierende im Zuge der Bafög-Reform erst kürzlich von 320 auf 360 Euro erhöht worden. Der Realität auf dem Wohnungsmarkt wird das aber nicht gerecht. Sven Hitzler nennt die Entwicklungen „bedenklich“.

Neues Studentenwohnheim soll etwas Entlastung bringen

Die Hochschulen stehen dem Problem relativ machtlos gegenüber. „Wir beobachten seit Jahren mit Sorge die Situation auf dem Wohnungsmarkt, die sich nun mit den hohen Energiekosten noch einmal verschärft“, sagt PH-Sprecherin Anne Nörthemann. Ludwigsburg brauche schon deshalb genug bezahlbaren Wohnraum für Studierende, „um das Verkehrsaufkommen zum Campus weiter zu reduzieren“. Auch dem Studierendenwerk, das nach eigenen Angaben moderate Mieten verlangt – im Schnitt 309 Euro für ein Zimmer, Strom und Wasser inklusive – bleiben nur Appelle. An private Vermieter, die „zu fairen Konditionen“ an Studierende vermieten sollen, und an das Land und die Kommunen wegen freier Flächen und beschleunigten Genehmigungsverfahren.

In Ludwigsburg entspannt sich die Situation auf absehbare Zeit zumindest ein wenig. Zum Sommersemester soll die Wohnanlage an der Königsallee mit 229 Plätzen fertig sein. Billig werden die Zimmer dort aber auch nicht. Mit 400 Euro ist zu rechnen.