Vier Jahre lang haben sich Anwohner dagegen gewehrt, dass ein 25-Meter-Mast ins Wohngebiet von Ludwigsburg-Oßweil gebaut wird. Seit einer Woche ragt der Funkturm in die Höhe. Und für die Gegner gibt es wieder Gründe, frustriert zu sein.
Nun steht er also. 25 Meter hoch – und höchst umstritten. Vier Jahre lang kämpften Anwohner in Oßweil gegen den geplanten Mobilfunkmasten im Wohngebiet. Als Interessengemeinschaft „Oßweil gegen Sendemast“ schalteten sie den Petitionsausschuss des Landtags ein. Sie brachten die Stadtverwaltung auf ihre Seite, die den ersten Bauantrag ablehnte, der Telekom-Tochter Deutsche Funkturm GmbH Alternativstandorte aufzeigte und Beteiligte zum Runden Tisch einlud. Doch der Erfolg blieb aus. Seit einer Woche überragt der Mast die Dächer der Nachbarschaft.
Dass er tatsächlich errichtet wird, stand seit Monaten fest, da der Baufreigabeschein erteilt worden war. Auch wenn die Interessengemeinschaft danach aufgelöst wurde – der Ärger blieb. „Bitter enttäuscht von Beteiligten in Landespolitik und Stadtverwaltung“, äußert sich der Anwohner Siegmar Bauer. Seit der Mast stehe, werde er in Oßweil immer wieder darauf angesprochen, wie traurig es sei, dass er an dieser Stelle errichtet wurde und wie wenig die Politik auf die Bürger höre, sagt er. „Vier Jahre haben wir auf dem Rechtsweg Widerstand geleistet, der ganze Ortsteil hat sich engagiert“, blickt Bauer zurück. So auch der Bürgerverein: „Dass der Mast dort gebaut wurde, geht gar nicht“, pflichtet dessen Vorsitzender Philipp Rösner bei. Für Alternativstandorte habe sich die Deutsche Funkturm GmbH „null interessiert“.
Acht Nachbarn hatten Einwendungen vorgelegt
Man habe zwar von Anfang an gewusst, sagt Bauer, dass das Unternehmen das Recht hat, auf seinem Areal zu bauen. Doch die Hoffnung auf einen Sinneswandel hatte man nie aufgegeben. Auch weil die Eigentümer von acht Grundstücken Einwendungen vorlegten – wegen der Optik, drohender Verschattung, Wertminderung der Grundstücke, gesundheitlicher Schäden oder befürchteter Lautstärke durch ein Aggregat. Die Punkte wurden jedoch begründet zurückgewiesen, mit Sätzen wie: „Allein die Höhe des Antennenmasts ist im Verhältnis zur umgebenden Bebauung problematisch, aber nicht rücksichtslos.“ Die Minderung des Verkehrswerts der Grundstücke stelle zudem grundsätzlich keinen schutzwürdigen Belang dar.
Neun Alternativstandorte im Umkreis von 400 Metern seien aufgezeigt worden, zwei davon hätte die Telekom kostenlos bekommen, sagt Siegmar Bauer. Es half nichts. Ebenso wenig die Tatsache, dass beim Besuch der Mitglieder des Petitionsausschusses im April 2020 geäußert worden sei, dass der Mast an dieser Stelle unpassend sei. Später entschieden das Regierungspräsidium und der Landtag anders. Die Anwohner fühlten sich im Regen stehen gelassen.
Mast sollte Folie mit aufgedruckten Bäumen erhalten
Immerhin: Die Stadt knüpfte den Baufreigabeschein an zwei Bedingungen. Zum einen sind um den Mast heimische Laubbäume mit einer Wuchshöhe von 25 bis 28 Metern zu setzen, um den Blick auf den Masten abzumildern. Zum anderen muss er als eine Art Kunstwerk oder Baum verkleidet werden.
„Nach der anschließenden Prüfung gab die Deutsche Funkturm jedoch an, dass die Verkleidung als eine Art Baum, wie es Beispiele in anderen Ländern vormachen, statisch nicht sicher sei. Bei Wind könnten Teile zu Boden stürzen“, berichtet der Ludwigsburger Oberbürgermeister Matthias Knecht von der Rückmeldung. So einigte sich die Stadt mit der Telekom-Tochter darauf, dass eine Folie mit aufgedrucktem Baummotiv anzubringen sei. Da der optische Effekt sich vergleichsweise in Grenzen hält, ist dies allerdings erst in einem zweiten Schritt fällig, falls die Bäume als Sichtschutz nicht ausreichen. Zunächst sind also nur drei bis zehn Bäume vorgesehen. „Dies bevorzugen wir gegenüber der Folie“, sagt OB Knecht.
Reichen Bäume als Sichtschutz aus?
Für die Anwohner ist der Wegfall der Verkleidung am Mast ein weiteres Ärgernis, hatten sie doch vor allem auf diese gehofft: „Bis die Bäume so hoch sind, interessiert die Verkleidung doch niemanden mehr. Das dauert ja Jahre“, befürchtet Siegmar Bauer. Zudem kann, je nachdem wo gepflanzt wird, Verschattung ein Problem werden. Wenige Meter nördlich des Masts stehen neue Doppelhäuser, teils mit Solarthermie und Fotovoltaik. Sie drohen wie ihre Terrassen im Dunkeln zu bleiben. Die Deutsche Funkturm und die Stadt, sagt Siegmar Bauer, wolle man in die Pflicht nehmen, damit eine Verkleidung gewährleistet werde.
Die Deutsche Funkturm teilt derweil auf Anfrage mit, im unteren Mastbereich einen Sichtschutz zu bauen, der sich am angrenzenden Gebäude orientiert. „Die Verkleidung des oberen Mastteils steht nicht final fest“, so Sprecher Benedikt Albers. Er betont, dass das Unternehmen sich intensiv mit der Suche nach einem geeigneten Standort auseinandergesetzt und verschiedene Vorschläge untersucht habe. „Die endgültige Fläche auf dem Gelände der Vermittlungsstelle war am Ende die einzige Option, die baulich und funktechnisch geeignet ist, um den Ortsteil mit Mobilfunk zu versorgen.“ Das Areal war bereits zuvor für diesen Zweck genutzt worden. Voraussichtlich 2023 wird die Technik am neuen Mast ans Netz angeschlossen sein.