Die Schufa verfügt über Daten von 68 Millionen Menschen. Foto: dpa/Jens Kalaene

Die Schufa hat Informationen über 68 Millionen Menschen gespeichert. Nun will der Finanzinvestor EQT bei der Auskunftei einsteigen. Das befeuert die Debatte über den Umgang mit den Daten.

Frankfurt - An der Schufa kommt in Deutschland kaum jemand vorbei. Wer eine Wohnung mieten, einen Handyvertrag abschließen oder einen Kredit aufnehmen will, muss meistens einer Bonitätsprüfung zustimmen. Vorgenommen wird sie von Wirtschaftsauskunfteien, die Schufa ist die mit Abstand bekannteste. Entsprechend gefürchtet ist ihr Urteil bei vielen Verbrauchern.

Seit allerdings der schwedische Finanzinvestor EQT bei dem Unternehmen einsteigen will, würden einige Schufa-Kritiker am liebsten einen Schutzzaun um die Gesellschaft mit Sitz in Wiesbaden errichten: Die Bürgerbewegung Campact warnte vor einem „Ausverkauf der Schufa-Daten“.

Der Investor sieht Reformbedarf

EQT bemüht sich offensiv, diese Bedenken zu zerstreuen. Der Finanzinvestor verspricht mehr Transparenz, was die umstrittenen Bonitätsnoten betrifft. „Scores“ heißen sie bei der Schufa. „Alle Verbraucher erhalten Einblicke, welche Daten jeweils mit welcher Gewichtung in einzelne Scores eingehen“, heißt es in einem von EQT formulierten Verbraucherschutzkonzept.

Die Schufa hat Informationen über die Berechnung ihrer Scores stets verweigert mit dem Hinweis, der Algorithmus sei ein Geschäftsgeheimnis – was ihr auch vom Bundesgerichtshof bescheinigt wurde. „Das ist ein irreführendes Argument. Man muss ja gar nicht den Algorithmus und seinen Code kennen. Vielmehr reicht es, wenn man eine Schnittstelle hat, wo man Testdaten eingibt und sehen kann, welche Ergebnisse rauskommen“, sagt dazu Professor Gert Wagner. Er gehört dem Sachverständigenrat für Verbraucherfragen an, der bereits Ende 2018 mehr Transparenz beim Scoring einforderte.

Die Schufa arbeitet an Verbesserungen

Welche Daten speichert die Schufa über die Verbraucher?

Die seit 2020 amtierende Schufa-Chefin Tanja Birkholz gelobte Besserung. An einer Art Online-Tool, das zeigen soll, welche Scores aus verschiedenen Daten entstehen, wird gearbeitet. Auch soll Verbrauchern erleichtert werden nachzuschauen, welche Daten die Schufa über sie gespeichert hat. „Ein Prototyp zur Realisierung eines Dateneinblicks im Rahmen einer App wurde bereits mit einer kleinen Verbrauchergruppe getestet“, erklärt die Schufa. EQT hat ganz ähnliche Pläne.

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Die Kampagne „Open Schufa“ offenbarte 2018: Einige Personen bekommen von der Auskunftei schlechte Noten, die auf einer ausgesprochen dürftigen Datenlage beruhen. Indirekt räumt die Schufa selbst ein, dass sich einzelne Bewertungen auf dünnem Eis bewegen. „In wenigen Ausnahmefällen – nämlich wenn uns zu einer angefragten Person keinerlei Informationen vorliegen – greifen wir auf Adressdaten zurück“, heißt es auf der Website des Unternehmens. Kritiker Wagner merkt dazu an, dass „ die Wohngegend ja nur bedingt was mit persönlichem Verhalten zu tun hat und mit der persönlichen Kreditwürdigkeit“.

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Bei der Schufa heißt es, eingesetzt würden Adressdaten nur, wenn ein Online-Händler eine Beurteilung eines Kunden wünsche, der auf Rechnung bestellen wolle – und zu dem es noch keinen Schufa-Score gebe. In dem Fall würden die Daten genutzt, die dem Händler vorlägen, darunter die Adresse. Die härtesten Daten, über die das Unternehmen verfügt, beziehen sich auf Zahlungsausfälle. Neben Negativeinträgen sammelt die Schufa aber auch sogenannte Positivdaten: Informationen über laufende und abbezahlte Darlehen sowie einfach über den Abschluss eines Konto- oder Kreditkartenvertrags. Das Problem: Personen, die gerade ihr erstes Konto eröffnet haben – weil sie jung sind oder aus dem Ausland zugezogen –, haben noch keine Kredithistorie. Diese Ungewissheit führt dazu, dass sie eine schwächere Bonitätsnote bekommen als Verbraucher, die ihre Zuverlässigkeit schon unter Beweis stellen konnten.

Junge Menschen und Zugewanderte tendenziell im Nachteil

Dürfen Mobilfunkanbieter die Schufa über Verträge informieren?

Helfen könnten zusätzliche Daten, beispielsweise zum Einkommen oder zum Kontosaldo am Monatsende. Diese Informationen werden der Schufa von den Banken aber nicht geliefert, und daran dürfte sich auch nichts ändern. Denn die Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern sehen die Weitergabe von Positivdaten an die Schufa generell kritisch. Seit Monaten tobt ein Streit darüber, ob Mobilfunkanbieter die Auskunftei weiter über den Abschluss von Handyverträgen informieren dürfen.

Tests mit freiwilligen Zusatzangaben

Die Schufa startete deshalb 2020 einen Versuch, die Verbraucher selbst zur Preisgabe von Kontodaten zu bewegen. Das Projekt Checknow sollte Menschen, denen wegen ihres Scores beispielsweise ein Handyvertrag verweigert wird, eine zweite Chance eröffnen: Mit Zustimmung der Betroffenen hätte die Schufa-Tochter Finapi deren Bankkonto einsehen und damit eine Neubewertung anstoßen können. Nach Protesten von Datenschützern wurde das Verfahren überarbeitet.

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Unter dem neuen Namen Girocheck sollen an Finapi übermittelte Daten nicht mehr mit der Schufa geteilt werden. Der Verbraucher erhalte nach Analyse der Kontodaten „eine vorläufige Einschätzung seiner Chancen, den gewünschten Vertrag zu erhalten“, heißt es auf der Finapi-Website. Er selbst entscheide dann, ob die Informationen an den Vertragsanbieter gingen. Noch befindet sich Girocheck in der Testphase.

Experte bleibt skeptisch

Professor Wagner findet, auch die Nutzung freiwillig bereitgestellter Zusatzdaten für das Scoring werfe Fragen auf. „Einen Zugriff aufs Konto werden nur die zulassen, die nicht ständig im Minus sind.“ Menschen, die wegen ihres niedrigen Einkommens gar nicht aus dem Dispo herauskommen könnten, hätten keine Chance auf Verbesserung ihres Scores. Wenn andere den Girocheck mitmachten, würden sie faktisch noch schlechter dastehen, so Wagner.

Allerdings besteht bei dieser Gruppe unzweifelhaft tatsächlich ein erhöhtes Ausfallrisiko.

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