Christoph Ozasek zieht es zur Puls-Fraktionsgemeinschaft. Das Linksbündnis im Rat verliert einen Sitz und fällt damit auf das Level der siebenköpfigen SPD-Fraktion zurück. Foto: Lichtgut/Oliver Willikonsky

Der Linken-Stadtrat Christoph Ozasek verlässt das Linksbündnis im Rathaus und wechselt zur Fraktionsgemeinschaft Puls. Er will aber Mitglied der Linkspartei bleiben. Über Ozaseks Motive gibt es Spekulationen.

Stuttgart - Paukenschlag im Stuttgarter Gemeinderat: Christoph Ozasek, bisher Stadtrat im Linksbündnis, tritt aus dieser Fraktionsgemeinschaft aus und wechselt zur bisher vierköpfigen Puls-Fraktion. Seine Mitgliedschaft in der Linkspartei werde dadurch nicht tangiert, ebenso wenig sein Mandat im Regionalparlament für die Linke, so Ozasek auf Anfrage. Der Wechsel verändert die Kräfteverhältnisse im 60-köpfigen Kommunalparlament: Das Linksbündnis ist mit dann nur noch sieben Sitzen wieder auf einem Level mit der SPD; Puls wiederum zieht mit fünf Mandaten an den Freien Wählern und der AfD vorbei – und mit der FDP gleich.

Die Gründe für Ozaseks Schritt dürften weniger im politischen als vielmehr im zwischenmenschlichen Bereich zu suchen sein. Seit sieben Jahren Stadtrat, hat sich der mitunter scharfzüngige, aber durchaus auch realpolitisch denkende Ozasek bis hin zur politischen Konkurrenz den Ruf eines vernunftbegabten, verlässlichen Politikertalents erworben. Anders als Fraktionschef Hannes Rockenbauch, der in vielen zentralen politischen Bereichen eine harte, kompromisslose Gangart einschlägt, ist Ozasek durchaus einer, der im Zweifel auch über seinen Schatten springt und auch schon mal für Initiativen aus anderen Fraktionen oder gar Vorschläge der Verwaltung votiert. Anders ausgedrückt: Die beiden politischen Alphatiere Rockenbauch und Ozasek waren und sind sich nicht immer grün. Während Rockenbauchs Selbstverständnis das eines Oppositionsführers im Gemeinderat war, wie er es nach seiner klaren Niederlage bei der OB-Wahl 2020 einmal selbst formuliert hat, sucht Ozasek eher nach Wegen, eine Mehrheit für die eigenen politischen Ideen zu gewinnen und so dem ökolinken Lager im Rat zu mehr Geltung und Gestaltungsspielraum zu verhelfen.

Rockenbauch nimmt Ozaseks Schritt mit Respekt und Bedauern zur Kenntnis

Rockenbauch äußerte sich zu den Gründen für Ozaseks Übertritt zu Puls nur schmallippig: Man nehme den Schritt zu Kenntnis, respektiere und bedauere ihn. Ozasek wiederum betonte, sein Wechsel habe nichts mit politischen Inhalten und Zielen zu tun. Die Puls-Fraktionsgemeinschaft, die Ozasek bereits bei seiner letztlich gescheiterten Kandidatur für den Posten des Ordnungsbürgermeisters im September 2020 unterstützt hatte, begrüßte ihren neuen Stadtrat mit offenen Armen. Man habe viele inhaltliche Überschneidungen: Der Verkehrsexperte bringe viel Kompetenz und Wissen mit: „Er weiß, was er will, aber will nicht mit dem Kopf durch die Wand“, heißt es in einer Stellungnahme der Puls-Stadträte.

Ozasek ist nicht der Erste, der der bunten Truppe von Hannes Rockenbauch – bestehend aus Linken, SÖS, einem Pirat und einem Tierschützer – den Rücken kehrt: Bereits 2019 hatten die eher dogmatischen Politikansätze des Linksbündnisses den für die Studentische Liste ins Rathaus gewählten Christian Walter, inzwischen Bürgermeister in Weil der Stadt, zum frischformierten Puls-Bündnis getrieben.

Wird künftig eine Frau Co-Vorsitzende beim Linksbündnis?

Durch Ozaseks Wechsel kommt es zu einem Kuriosum: Künftig werden sowohl beim Linksbündnis als auch bei Puls Mitglieder der Partei Die Linke für ihre Positionen streiten. Bei der Linksfraktion stellt sich zudem in Kürze die Frage, wer die Funktion des krankheitsbedingt ausscheidenden Co-Sprechers Thomas Adler (Die Linke) bekleiden soll. Für ihn rückt Johanna Tiarks nach. Dem Vernehmen nach soll Rockenbauch künftig eine Frau zur Seite stehen.