Die Heimerdinger machen sich für einen Landkreis übergreifenden Busverkehr stark, um den öffentlichen Personennahverkehr attraktiver zu machen. Foto: Jürgen Bach

Ditzingens Kommunalpolitiker machen sich parteiübergreifend stark für einen Busverkehr, der die Lebenswirklichkeit der Bürger abbildet. Die fahren nämlich sehr häufig über die Landkreisgrenze, etwa zu den großen Arbeitgebern wie Bosch.

Ist ein öffentlicher Personennahverkehr, der bis zur Kreisgrenze geplant wird, noch zeitgemäß? Müsste man nicht in größeren Dimensionen denken, wollte man die Menschen weg vom Individualverkehr rein in den Linienbus locken? „Die Welt hört nicht an der Kreisgrenze auf“, sagt der Heimerdinger Ortsvorsteher und Ditzinger Stadtrat Bernhard Arzt.

Der Freie Wähler nahm die Betrachtung der Lebenswirklichkeit im Gemeinderat jetzt zum Anlass, das Vorgehen des Landkreises zu hinterfragen: Alle fünf Jahre wird nämlich der Betrieb der Buslinien neu an die Unternehmen beauftragt. Derzeit bereitet der Landkreis die sogenannte Bündelausschreibung vor, unter anderem für Ditzingen.

Forderung: Querverbindungen mehr Beachtung schenken

Die Kommunen können entsprechende Anregungen einbringen. Ob diese dann in den neuen Fahrplan aufgenommen werden, ist eine Frage der Machbarkeit: Lassen sich zusätzliche Haltestellen so in den Fahrplan integrieren, dass etwa die S-Bahn dennoch erreicht wird? Muss die Kommune zusätzlich für ihre Wünsche aufkommen? Ist dafür überhaupt das Personal vorhanden? Es sei ein „,Wünsch dir was’, was wir hier aufschreiben“, sagte die Grünen-Rätin Doris Renninger. Wenn das Personal nicht vorhanden sei, können die Busunternehmen nicht agieren, zumal grundsätzlich die Anbindung an den S-Bahn-Takt zu berücksichtigen sei. Renninger: „Ich bin gespannt, was übrig bliebt.“

Bernhard Arzt stellte die Aspekte nicht in Abrede, ebenso wenig wie sein Ratskollege Horst Ludewig (FDP). Der Heimerdinger, wurde deutlicher. Er forderte mehr Kooperation der Landkreise ein, hob auf Querverbindungen ab, etwa von Vaihingen/ Enz über Hochdorf und Heimerdingen nach Renningen. Ludewig kritisiert: „Dass jeder sein eigenes Süppchen kocht, gefällt mir überhaupt nicht.“ Zugleich hätte er sich Anregungen vom Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart (VVS) gewünscht.

Gleichwohl wurde in der Diskussion deutlich, dass zur Optimierung des öffentlicher Personennahverkehrs im Detail im Zweifel auch die Kommunen finanziell in der Pflicht wären.

Dass just die Heimerdinger auf eine Optimierung des landkreisübergreifenden Busverkehrs drängen, kommt nicht von ungefähr. Der Ditzinger Teilort liegt an der westlichen Grenze des Landkreises Ludwigsburg, grenzt direkt an den Kreis Böblingen und liegt in der Nachbarschaft des Enzkreises. „Die Weissacher stöhnen auch die ganze Zeit“, sagte Ludewig mit Blick auf die Pendlerströme, etwa zu Bosch in Renningen. Auch Leonberg werde mit dem neuen Bosch-Bau stärker in den Fokus rücken. Er setzt seine Hoffnung auf den Weissacher Bürgermeister, der mit seiner Familie im Kreis Ludwigsburg wohne.

Der Gemeinderat sprach seine Empfehlung für den Landkreis letztlich mit großer Mehrheit aus. Sie enthielten die Anregungen aus allen Teilorten, nahmen aber auch zum Teil Forderungen anlässlich der letzten Ausschreibung wieder auf. Der neue Fahrplan tritt im Jahr 2026 in Kraft.

Schöckingen will sich einem Pilotprojekt anschließen

Die Schöckinger etwa fordern eine ständige Verbindung der Linie 623 ab Schöckingen Haltestelle „Silcherstraße“ Richtung Zentraler Omnibusbahnhof in der Ditzinger Kernstadt wochentags um 7.15 Uhr. Außerdem fordern sie wie die Heimerdinger einen durchgängigen 15-Minuten-Takt der Linien 620, 623 und 620/623 ab Bahnhof Ditzingen – bis zur Ankunft der letzten S-Bahn am Bahnhof im 15-Minuten-Takt sowie samstags und sonn- und feiertags angepasst an die S-Bahnen im 30-Minuten-Takt. Heimerdingen beantragte, als ergänzendes Angebot Richtung Rutesheim/Weissach und Schöckingen den Einsatz des VVS Rider als Pilotprojekt zu prüfen und diesbezüglich mit dem Kreis Böblingen in Kontakt zu treten.

Neu wäre der kreisübergreifende Busverkehr nicht. Busse fahren etwa zwischen dem Enzkreis und dem Kreis Ludwigsburg oder zwischen Kreis Ludwigsburg und Stuttgart. Dies könne man forcieren, heißt es beim Landratsamt Ludwigsburg. „In diesen Fällen ist lediglich vor der europaweiten Ausschreibung eine Abstimmung zwischen den betroffenen Aufgabenträgern erforderlich.“ Soll heißen: Die Kreise müssten sich darüber verständigen, welche Leistung auszuschreiben sei und wie sie zu finanzieren ist.