Die Tickets für Bus und Bahn im Verkehrsverbund Stuttgart werden ab September deutlich teurer. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Die kräftige Erhöhung der Ticketpreise im Bereich des Verkehrsverbunds Stuttgart wird kommen. Der Verkehrsausschuss des Rems-Murr-Kreistags hat den neuen Tarifen mehrheitlich zugestimmt – wenn auch unter einigem Protest.

Die nicht unerhebliche Verteuerung von Bus- und Bahnfahrten in der Region Stuttgart wird zum 1. September umgesetzt werden. Zwar haben einige Räte im Verkehrsausschuss des Rems-Murr-Kreistags der vom Verkehrsverbund Stuttgart (VVS) anvisierten Tariferhöhung um durchschnittlich 7,5 Prozent am Montagnachmittag ihre Zustimmung verweigert, doch letztlich segnete eine Mehrheit hat das Vorhaben ab.

Dramatisch gestiegene Kosten

Der VVS-Abteilungsleiter Dirk Dietz hatte zuvor betont, dass aus seiner Sicht kein Weg an der, wie es der Verkehrsverbund ausdrückt, „Fortschreibung“ vorbeiführe. „Wir wollen das nicht machen – wir müssen, weil sonst das System nicht mehr funktioniert.“ Die Gründe seien „dramatisch gestiegene Kosten“, insbesondere bei Energie. Zwar seien die Strompreise inzwischen wieder gefallen, dafür aber deutlich steigende Personalkosten zu erwarten.

Die jetzt angedachte Tariferhöhung soll diese Kosten halbwegs auffangen, wenngleich Dietz auch klar machte, dass davon nur ein kleinerer Teil der Kundschaft betroffen sei, nämlich die sogenannten Gelegenheitsfahrer. Ein Gutteil, mehr als 70 Prozent, sei mittlerweile mit den von Bund oder Land subventionierten Deutschland- oder Jugendtickets unterwegs. Der Ausgleichsanspruch der Verkehrsbetriebe dafür ist in das neue Tarifwerk des VVS bereits eingepreist.

Kritik von SPD und Grünen

Doch genau diese Gelegenheitsfahrer bewege man mit einer saftigen Preiserhöhung bestimmt nicht zum verstärkten Umstieg auf den ÖPNV, entgegneten Kritiker wie der SPD-Fraktionsvorsitzende Klaus Riedel. Zumal sich der Schienenverkehr in den vergangenen Jahren durch Unzuverlässigkeit, Verspätungen, Ausfälle und gestörte Anschlussverkehre in eine „Wahrnehmungskrise“ manövriert habe. „Das Geld für Ihre Werbekampagnen können Sie sich sparen“, so Riedel, eigentlich ein glühender Verfechter des ÖPNV, „die kommen längst nicht mehr an.“ Auch die Grünen-Rätin Juliana Eusebi bemängelte die aus ihrer Sicht aktuell katastrophale Infrastruktur im Schienenverkehr und kündigte zumindest für Teile ihrer Fraktion an, der geplanten Tariferhöhung die Zustimmung zu verweigern.

Dass sich am Ende doch eine Mehrheit von 13 zu sechs Stimmen bei drei Enthaltungen fand, hat mit dem vertraglichen Konstrukt des VVS zu tun. Zwar können die Landkreise und die Stadt Stuttgart dem von den Verkehrsunternehmen vollzogenen Beschluss widersprechen, allerdings müssten sie die dadurch entgehenden Einnahmen aus eigener Kasse ausgleichen – in einer Größenordnung von rund 21 Millionen Euro. Klaus Riedel nennt das „Erpressung“.

Landrat fordert besser funktionierenden ÖPNV

Für Landrat Richard Sigel ist hingegen klar, dass der Rems-Murr-Kreis diese jetzt auf mehrere Schultern umgelegten Kosten auf Dauer nicht allein würde schultern können. Gleichwohl äußerte auch er den Anspruch, im Gegenzug zu der finanzielle Unterstützung auch einen funktionierenden ÖPNV erwarten zu können. Sigel: „In Sachen Verlässlichkeit und Komfort sind wir da momentan noch weit zurück.“

Die künftigen Tarife

Aufschlag
 Die Tickets für Busse und Bahnen im Verkehrsverbund Stuttgart sollen im Schnitt 7,5 Prozent mehr kosten. Ein Drei-Zonen-Ticket etwa kostet künftig 5,20 statt bisher 4,80 Euro.

Gründe
Die Verkehrsbranche in der Region hat Kassensturz für das Jahr 2022 gemacht. Dabei hat sich laut deren eigenen Angaben eine durchschnittliche Kostensteigerung in Höhe von 14,9 Prozent von ergeben.

Zeitpunkt
 Obwohl der VVS die Preise zum 1. Januar schon um 4,9 Prozent erhöht hatte, kommt die neue „Anpassung“ bereits zum 1. September. Dass nicht bis zum nächsten Januar gewartet wird, ist auch dem Deutschland-Ticket geschuldet. Der Ausgleichsanspruch der Verkehrsunternehmen für entgangene Einnahmen wegen des neuen Nahverkehrsabos legt die aktuell geltenden Tarife zugrunde.

Vergleich
Der VVS liegt bei seinen Aufschlägen im Mittelfeld. Naldo in Tübingen etwa will im August 14,9 Prozent aufschlagen, VVB in Berlin hat im April um 5,62 Prozent erhöht, der RMV Frankfurt will im Januar 8,2 Prozent mehr.