Dieser neue Zug ist noch in Spanien. Wegen der breiteren Spur muss er auf speziellen Fahrgestellen befördert werden. Foto: Talgo/Tobias Holzer

Die neueste Errungenschaft des Fernverkehrs der Deutschen Bahn kommt aus Spanien – und hat einige bisher nie dagewesene Eigenschaften.

Eine standesgemäße Verspätung von ein bis zwei Jahren hat die neueste Errungenschaft von DB Fernverkehr schon einmal: Anstatt wie bei der Bestellung 2019 ursprünglich geplant, in diesem Jahr, wird der neue ICE L der Deutschen Bahn erst Ende des kommenden Jahres auf der Verbindung Berlin-Amsterdam an den Start gehen. Und die eigentlich vorgesehenen Lokomotiven kommen erst im Jahr 2025. Die Züge werden die in die Jahre gekommenen, einstöckigen Intercitys der ersten Generation ablösen, die mit zum Teil schon fünfzig Jahre alten, inzwischen mehrfach renovierten Waggons unterwegs sind. Mit seinen 230 Stundenkilometern wird das Produkt dann auch gleich zum ICE geadelt.

Ein radikal anderer ICE

Doch angesichts des Neulands, das die Bahn mit dem jetzt vorgestellten Zug betritt, ist die verspätete Auslieferung im Vergleich zu anderen Zugprojekten geradezu maßvoll. Denn der ICE L, der ursprünglich als Eurocity bestellt wurde, ist radikal anders als alle bisherigen ICE Baureihen. Nicht nur, dass er kein Triebzug ist, sondern von einer Lokomotive gezogen oder geschoben wird. Diese Loks werden auch für Stromsysteme im Ausland tauglich sein. Zum ersten Mal hat die Bahn einen ICE mit einer speziellen, in Spanien entwickelten Technologie bestellt: Talgo heißt nach dem Namen des Herstellers und Erfinders das schon Jahrzehnte alte Konzept.

Hier werden sehr kurze Wagen eng miteinander gekoppelt. Die 562 Sitzplätze verteilen sich deshalb auf 17 Wagen. Diese fest miteinander verbundenen Wagen teilen dabei auch ihre Achsen jeweils mit den Nachbarwaggons. Weil die Waggons so weniger bei Kurvenfahrten herausragen, kann der Zug breiter sein. Und noch ein Komfortmerkmal ist besonders.

Das L steht für Niederflur

Das L im Namen steht für Englisch „Low floor“, also Niederflur: Der Einstieg ist an den passenden Bahnsteigen sogar stufenfrei möglich – ein großer Vorteil für ältere Menschen oder Rollstuhlfahrerinnen und -fahrer, die keinerlei Einstiegshilfe mehr brauchen. Der tiefe Schwerpunkt führt auch zu einem ruhigen Lauf. Die Bahn hatte auch aus diesem Grund Mitte der neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts schon einmal einen inzwischen stillgelegten Nachtzug mit dieser Technologie bestellt.

Auch Dieselloks können den Zug ziehen

Und es gibt noch einen Grund, warum die Bahn nach einer ersten Bestellung von 23 Zügen im Mai diesen Jahres 56 weitere Exemplare geordert hat. Immer noch gibt es in Deutschland einige touristische Strecken etwa Richtung Oberstdorf oder nach Sylt, die nicht elektrifiziert sind. Da der neue ICE L nicht nur mit den vom Hersteller Talgo mitgelieferten Lokomotiven gekoppelt werden kann, ist es möglich auch auf solchen Strecken zu fahren.

Die Bahn plant hier den Einsatz von sogenannten Zweikraftlokomotiven, die sowohl mit Diesel als auch unter Strom fahren können. Das rettet auch ein bisschen den Zeitplan der Lieferung: Denn bis zur Fertigstellung der Original-Loks wird die Bahn für die Verbindung nach Amsterdam Lokomotiven von den niederländischen Eisenbahnen anmieten.