Am Freitag war auch der Hubschrauber Christoph 41 im Einsatz. Foto: Simon Granville

Gegen den Vater des Kindes wurde ein Verfahren wegen fahrlässiger Tötung eingeleitet. Offen ist, ob tatsächlich Anklage erhoben wird. Der Unfall könnte die Debatte um den Rettungshubschrauber Christoph 41 erneut befeuern.

Nach dem tragischen Unfall, bei dem ein achtjähriges Mädchen am Freitag tödlich verletzt wurde, ermittelt die Staatsanwaltschaft. „Gegen den Vater des Kindes wurde ein Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Tötung eingeleitet“, teilt ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Stuttgart mit. „In Deutschland gilt das so genannte Legalitätsprinzip, das heißt, die Staatsanwaltschaft ist grundsätzlich verpflichtet, wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten“, sagt der Sprecher Aniello Ambrosio.

Erforderlich hierfür seien „wie vorliegend bei dem Sachverhalt zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten“. Gleichwohl fügt der Sprecher an: „Ob sich ein für eine Anklageerhebung erforderlicher hinreichender Tatverdacht ergeben wird, ist derzeit nicht absehbar. Insoweit sind die Ergebnisse der Ermittlungen abzuwarten.“

Kind wird von Radlader überrollt

Weitere Einzelheiten wurde nicht genannt. Ein von der Staatsanwaltschaft beauftragter Gutachter soll zunächst den Unfallhergang rekonstruieren. Erfahrungsgemäß daure es „mindestens zwei bis drei Monate, bis ein Gutachten in solchen Verfahren vorliegt“, so die Staatsanwaltschaft.

Der Vater des Kindes war am Freitagspätnachmittag mit Verladearbeiten in der Scheune des landwirtschaftlichen Anwesens in Ditzingen beschäftigt. Er fuhr einen Radlader, seine Tochter saß im Führerhaus, als sie wohl beim Rückwärtsfahren unbemerkt vom Sitz rutschte, zu Boden fiel und vom Arbeitsfahrzeug überrollt wurde. Das Kind erlag am Unfallort seinen Verletzungen.

Ein Rettungshubschrauber war an den Einsatzort gekommen. Obwohl sich nur wenig entfernt eine Rettungswache befindet, die rund um die Uhr auch mit einem Notarzt besetzt ist.

Ein Land, 35 Rettungsdienstbereiche

Disponiert wird der Einsatz von der Leitstelle. Im Fall eines Einsatzes in Ditzingen gibt es laut der Geschäftsstelle des Bereichsausschusses eine klar definierte Reihenfolge: „Erst Ditzingen, dann der Notarzt aus Leonberg, dann der Rettungshubschrauber“, sagt Stefan Kopp von der Geschäftsstelle des Bereichsausschusses. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass in dieser Situation offenbar sowohl der Notarzt aus Ditzingen als auch jener aus Leonberg bereits in anderen Einsätzen waren oder aber der Hubschrauber für den Transport dringend benötigt wurde.

Ditzingen liegt im Rettungsdienstbereich Ludwigsburg. Die Bereichsgrenzen sind gleichbedeutend mit den Landkreisgrenzen. Auf regionaler Ebene ist Baden-Württemberg in 35 Rettungsdienstbereiche unterteilt. „Die Integrierten Leitstellen alarmieren nach Eingang des Anrufs das nächstgelegene einsatzbereite Fahrzeug“, so Kopp. An den Landkreisgrenzen – im konkreten Fall also in den Randgebieten von Ludwigsburg, Böblingen und Stuttgart spielen die Bereiche nur bedingt eine Rolle. „Ist das nächstgelegene einsatzbereite Fahrzeug in einem anderen Rettungsdienstbereich stationiert, erfolgt die Alarmierung bereichsübergreifend.“

Führt tragischer Unfall zu neuer Hubschrauber-Debatte?

Der Einsatz eines Rettungshubschraubers am Freitag könnte die – gleichwohl grundsätzlich für beendet erklärte – Debatte um den Standort des Rettungshubschraubers Christoph 41 neu entfachen. Der Rettungshubschrauber soll von Leonberg nach Süden auf die Achse Tübingen-Reutlingen verlegt werden, um die Erreichbarkeit der südlichen Schwäbischen Alb zu verbessern. Knapp 28 000 Unterstützer hatten eine Petition zum Verbleib von Christoph 41 unterzeichnet, der Landtag aber lehnte diese im Sommer vergangenen Jahres ab. Das baden-württembergische Innenministerium verkündete dann im November die künftigen Luftrettungsstandorte. Der Christoph 41 wird an die Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik nach Tübingen verlegt.

Unter anderem Michael Steindorfner, der Präsident des DRK-Kreisverbandes Böblingen, hatte in der Debatte zu verstehen gegeben, die Verlegung von Leonberg nicht nachvollziehen zu können. Er hatte zu den Initiatoren der Petition gehört und auf die neue gesetzliche Hilfsfrist verwiesen. Der bodengebundenen Rettungsdienst – der Notarzt also, der im Auto zum Einsatz kommt – muss künftig in zwölf Minuten statt bisher 15 Minuten am Einsatzort sein. Diese neuen Anforderungen seien von den Bereichsausschüssen „nach und nach umzusetzen“, teilt das Land auf seiner Internetseite mit.

Im Landkreis Ludwigsburg ist ein Notarzt in Ludwigsburg, Ditzingen, Bietigheim und Oberstenfeld stationiert. Im Nachbarlandkreis Böblingen in Böblingen, Leonberg, Renningen-Malmsheim, Böblingen, Herrenberg, Ehningen, Schönaich sowie in Sindelfingen.