Mit einem Küchenmesser soll der Angeklagte seine Frau attackiert haben. Foto: imago images/Ulrich Roth

Im Prozess wegen einer Messerattacke auf seine Ehefrau plädieren die Ankläger auf neun Jahre Gefängnis. Die 47-Jährige konnte nur dank einer Notoperation gerettet werden.

Knapp zwei Monate nach Prozessbeginn hat die Staatsanwaltschaft gegen den 61-jährigen Angeklagten eine Haftstrafe von neun Jahren wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung an seiner getrennt von ihm lebenden Ehefrau vor dem Landgericht Stuttgart beantragt. Verteidiger Thomas Mende sah in seinem Schlussplädoyer lediglich den Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung erfüllt. Er stellte die Höhe der Strafe ins Ermessen des Gerichts.

Die Staatsanwaltschaft sah die Anklage in den wesentlichen Punkten bestätigt. Danach habe der 61-Jährige am 19. April vergangenen Jahres die Wohnung der Frau in Fellbach betreten, nachdem ihm der gemeinsame Sohn die Tür geöffnet hatte – und das, obwohl die Frau ein Annäherungsverbot gegen ihn erwirkt hatte. Dann sei er in die Küche gegangen und habe mit seiner Ehefrau einen Streit angefangen. Er habe verhindern wollen, dass sich seine Frau von ihm scheiden lässt, nachdem diese aus dem Verkauf eines von der Mutter geerbten Hauses in Paris 245 000 Euro besessen habe.

Die Frau erlitt mehrere Verletzungen am Hals

Die damals 47 Jahre alte Frau habe sich nach dem Streit von ihrem Mann abgewandt und ihm den Rücken zugedreht. Somit habe sie nicht gesehen, dass ihr Mann ein Messer aus einem Messerblock gezogen und ihr an den Hals gehalten habe. Bei dem folgenden Handgemenge erlitt die Frau mehrere Stich- und Schnittverletzungen am Hals und im Brustbereich. Diese seien potenziell tödlich gewesen, da die Lunge kollabierte und die Frau zu Boden ging.

Anschließend habe sich der Mann selbst eine Verletzung im Bauchraum zugefügt. Der Sohn habe einen Notruf abgesetzt, nachdem er seine Eltern schwer verletzt gefunden habe. Die Frau wurde in ein Hospital nach Stuttgart gebracht, wo sie dank einer Notoperation gerettet werden konnte. Knapp eine Woche musste sie in der Klinik bleiben.

Die Eheleute hatten ihre Beziehung vor Gericht komplett unterschiedlich beschrieben. Der Angeklagte hatte erklärt, er habe seine Frau und die fünf gemeinsamen Kinder geliebt und alles versucht, um die Familie zusammenzuhalten. Deshalb sei er auch dagegen gewesen, das Haus zu verkaufen. Seine Frau sei nach ihrer Erbschaft jedoch völlig verändert gewesen und habe ihn beleidigt, bespuckt und erniedrigt.

Die Frau hatte unter Tränen berichtet, ihre Ehe sei von Anfang an schwierig gewesen. „Es gab ständig körperliche und psychische Gewalt, Stress, Tränen und viel Geschrei“, hatte die 48-Jährige erklärt. Er sei gewalttätig gewesen und habe sie „wie ein Objekt behandelt“. Sie habe sich nicht getraut, die Polizei zu rufen, manchmal hätten das die Nachbarn getan. Zweimal sei sie nach Auseinandersetzungen in ein Frauenhaus, einmal in ein Hotel gekommen.

Das Urteil will die 1. Große Strafkammer des Landgerichts Stuttgart am Dienstag, 23. Januar, verkünden.