Die Ministerpräsidenten der Ost-Länder beraten bei einer gemeinsamen Konferenz in Berlin. Foto: Michael Kappeler/dpa

Die Regierungschefs der ostdeutschen Länder sehen Handlungsbedarf bei der Infrastruktur. Und sie wollen die Herausforderungen in ländlichen Räumen stärker in den Blick nehmen.

Berlin - Die ostdeutschen Ministerpräsidenten fordern eine bessere Bahnanbindung ihrer Länder an Berlin und mehr internationale Langstreckenflüge von den Flughäfen Berlin-Brandenburg (BER) sowie Leipzig/Halle.

"Da müssen internationale Linienflüge her, es muss nicht alles über Frankfurt geschippert werden", sagte Sachsen-Anhalts Regierungschef Reiner Haseloff (CDU) nach Beratungen in Berlin. Außerdem müssten Defizite bei den Bahnstrecken behoben werden. Es gebe einen "dringenden Investitionsbedarf", auch mit Blick auf Verbindungen nach Osteuropa, sagte Haseloff.

Tempo 160 für Züge als Ziel bis 2030

Laut den Vorstellungen der Ministerpräsidenten sollen Züge auf allen Bahnstrecken zwischen Berlin und den größeren Städten in Ostdeutschland bis spätestens 2030 mindestens mit Tempo 160 unterwegs sein können. Berlin habe eine Leuchtturmfunktion für die umliegenden Länder, sagte Haseloff, der aktuell Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz-Ost ist.

Wichtig ist den ostdeutschen Ländern zudem eine verlässliche Finanzierung des Bus- und Bahnverkehrs in der Fläche. Sie fordern "eine zeitnahe Verständigung über eine weitere Anhebung und langfristige Dynamisierung der Regionalisierungsmittel" sowie kurzfristig mehr Geld vom Bund für den öffentlichen Personennahverkehr 2025. Der Bund müsse auch "seiner Verantwortung für eine dauerhafte Finanzierung des Deutschlandtickets nachkommen", hieß es in einer Erklärung.

Auch beim Flugverkehr fordern die Regierungschefs Verbesserungen. "Mehr als 30 Jahre nach der Wiedervereinigung ist es untragbar, dass von westdeutschen Flughäfen täglich 172 Langstreckenflüge starten, während es in ganz Ostdeutschland lediglich drei sind, die über den Flughafen Berlin-Brandenburg abgewickelt werden", sagte Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU). "Damit ist die Region fast komplett vom interkontinentalen Luftverkehr abgeschnitten. Das darf nicht sein."

Bedeutung Berlins für die ostdeutschen Länder

Berlin habe besondere Bedeutung für die ostdeutschen Länder, man habe ein Interesse daran, dass sich die Stadt gut entwickele, betonte auch Haseloff. Die geringe Zahl von Langstreckenflügen sei eine historische Unwucht, nötig sei eine bessere internationale Anbindung Berlins.

Weiterhin drängen die Regierungschefs darauf, dass die Herausforderungen der Menschen im ländlichen Raum stärker in den Blick genommen werden. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) sagte, mehr als die Hälfte der deutschen Bevölkerung lebe im ländlichen Raum. "Deshalb darf er nicht abgekoppelt werden." Schwesig forderte Lösungen beim Streit um die Netzentgelte sowie beim Agrardiesel. Außerdem wollen die Länder eine Erhöhung der Pendlerpauschale, um Pendler von steigenden Treibstoffpreisen zu entlasten.

Demografische Herausforderungen und Fachkräftemangel

Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider (SPD), verwies auf die demografischen Herausforderungen. In den fünf ostdeutschen Flächenländern nimmt die Bevölkerung tendenziell ab und sie wird älter. Schneider sagte, nach 1990 seien viele Menschen aus dem ländlichen Raum weggezogen. Man müsse Menschen zum Zuzug bewegen, es sei eine Fachkräfterückwanderung nötig.

Um dem drohenden Ärztemangel zu begegnen, forderte Haseloff mehr Freiheiten bei der Vergabe von Medizinstudienplätzen. Man stehe vor einem absoluten Dilemma bei der Gesundheitsversorgung, sagte der CDU-Politiker. Bis 2030 gehen viele Ärzte im Osten in den Ruhestand. In mehreren Ländern wird bemängelt, dass viele junge Menschen, die aus anderen Teilen Deutschlands zum Studium in den Osten kommen, die Region nach dem Abschluss wieder verlassen.

Medizinstudienplätze im Osten müssten stärker mit Menschen aus den jeweiligen Ländern besetzt werden können, schlug Haseloff vor. Die Absolventen sollen nach dem Studium stärker gehalten werden. Ohne Änderung der bisherigen Praxis würden 50 Prozent der Arztpraxen in den nächsten zehn Jahren keinen Nachfolger finden, warnte der sachsen-anhaltische Regierungschef. "Wir brauchen hier einen Aufbruch."