Bernhard Bayer (in Uniform) im Kreis von Malteser-Hospizkoordinatorinnen und -koordinatoren bei der Jubiläumsfeier im vergangenen Jahr. Foto: Malteser Hilfsdienst

Lockerungen erleichtern Arbeit des ambulanten Kinderhospizdienstes

Wangen - Seit mehr als 20 Jahren begleitet Bernhard Bayer in Stuttgart Kinder und Jugendliche, die an einer nicht heilbaren Krankheit leiden oder die in absehbarer Zeit einen Angehörigen verlieren werden. Der persönliche Kontakt ist das A und O im Berufsalltag des Theologen. Um so gravierender wirkte sich der Lockdown auf seine Arbeit aus. „Auf einen Schlag war quasi alles auf Eis gelegt“, sagt der Referent für Hospizarbeit bei den Maltesern in der Diözese Rottenburg-Stuttgart. „Zu unseren Aufgabe zählt die Familie zu stärken, Angehörigen bei der Bewältigung des Alltags zu helfen und sich um die Geschwister eines erkrankten Kindes zu kümmern.“ Auch sie müsse man in so einer schweren Zeit wahrnehmen, ihnen Aufmerksamkeit schenken. Dazu unternehme man Ausflüge, gehe auf den Spielplatz oder lade sie zu Familiennachmittagen ein. „Das war aufgrund der Corona-Verordnungen von einem auf den anderen Tag nicht mehr drin“, so der 64-Jährige. Wo möglich telefonierten und chatteten die Begleitenden und Hilfesuchenden miteinander. Darüber hinaus habe man den Kindern Spielsachen, Zeitschriften und Malsachen an die Haustür gebracht.

„Wir waren wirklich kreativ, haben viel gelernt und Neues entdeckt. Aber die Betreuung war tatsächlich schwierig.“ Das Gespräch von Angesicht zu Angesicht sei in der Hospizarbeit durch nichts zu ersetzen. „Teilweise waren es unerträgliche Situationen“, sagt Bayer, der gesteht, einmal eine Ausnahme gemacht zu haben – zur Krisenintervention. „Die Mutter von drei Jungs war gestorben, sie brauchten dringend Unterstützung.“ Natürlich habe er den Abstand eingehalten und auch einen Mundschutz getragen.

Lage noch nicht normal

Dass die Kontaktbeschränkungen nun Stück für Stück gelockert werden, erleichtert Bernhard Bayer sehr. „Es war höchste Zeit. Jetzt sind wieder persönliche Begleitungen – natürlich mit der Einverständniserklärung der Eltern – unter Auflagen möglich.“ Die Lage sei aber noch lange nicht normal. „Wir haben es insbesondere bei Sterbenden mit einer Risikogruppe zu tun.“ Die meisten Kinder würden unter Gendefekten, an Krebs oder an Stoffwechselerkrankungen leiden. „Wir prüfen deshalb, ob ein persönlicher Besuch notwendig oder ein Treffen im Freien möglich ist oder ob zum Beispiel eine intensive telefonische Begleitung der bessere Weg ist.“ Die besonderen Hygiene- und Schutzvorkehrungen, die die Ehren- und Hauptamtlichen vornehmen, sollen den Betroffenen und Angehörigen Mut machen, Begleitung in Anspruch zu nehmen. Nach wie vor gibt es Ängste und Sorgen. „Wir gehen sehr verantwortungsvoll mit Anfragen um. Wir wollen auch unter den erschwerten Gegebenheiten die Nähe geben, die möglich ist, und im Sterben sowie bei akuter Trauer niemanden allein lassen,“ erläutert Bayer. Er verspricht, dass man trotz der Corona-Pandemie gemeinsam Wege finden würde. „Mir ist die Botschaft wichtig. Egal, ob Opa, Oma oder Eltern – wer sich Sorgen macht, kann sich bei uns melden.“

Vorreiter in Deutschland

Ins Leben gerufen wurde die Kinder- und Jugendhospizarbeit bei den Maltesern im September 1999. Damals startete in Kirchheim unter Teck der erste Qualifizierungskurs mit 14 Ehrenamtlichen. Nach anfänglicher Skepsis wurde die Idee auch bundesweit an anderen Standorten aufgegriffen. Somit ist Bernhard Bayer Initiator und Mitbegründer des ersten ambulanten Kinderhospizdienstes in Deutschland. In Baden-Württemberg engagieren sich 260 ehrenamtliche Begleiter in den Hospizdiensten der Malteser. Weil einige selbst zu Risikogruppen zählen, sind es derzeit weniger.

Aktuell finden unter den coronabedingten Einschränkungen 188 Hospiz- und 199 Trauerbegleitungen statt, die meisten davon telefonisch oder im Freien. Im vergangenen Jahr besuchten Malteser Hospizbegleiterinnen und -begleiter in Baden-Württemberg 420 schwerkranke Kinder, Jugendliche und Erwachsene sowie rund 1430 Angehörige und trauernde Menschen. Allein in der Landeshauptstadt sind 23 Ehrenamtliche für die Malteser im Einsatz. Sie kümmern sich derzeit um zehn Familien. Den Kontakt zwischen den Angehörigen und den Maltesern stellen in der Regel Kooperationspartner wie die Ambulanten Pflegedienste oder das Olgahospital her.

Zu den Aufgaben der Ehrenamtlichen zählt auch der Besuch von Kindertagesstätten und Schulen, um die Themen Tod und Trauer zu thematisieren und um mit den Kindern im Fall der Fälle über den Verlust eines nahe stehenden Menschen zu sprechen. Nicht nur in der Corona-Krise sei „jeder Tag eine neue Herausforderung“, sagt Bayer. Auch unsere Mitarbeiter benötigen eine Praxisbegleitung zum Erfahrungsaustausch. „Sie war während des Lockdown auch nur sehr eingeschränkt möglich. „Nach knapp drei Monaten treffen wir uns nun aber wieder in Kleingruppen, um das Erlebte zu besprechen.“

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