Solche russischen LNG-Tanker sollen nach dem Willen der EU-Kommission in Zukunft ihr Gas nicht mehr in Europa umladen dürfen. Foto: dpa/Friedemann Kohler

Die EU-Länder wollen die Zinsgewinne aus eingefrorenem russischen Vermögen für die Ukraine nutzen. Auch drohen Sanktionen beim Handel mit Flüssiggas.

Die EU verhängt neue Sanktionen gegen Russland. Die Union willl milliardenschwere Zinserträge aus eingefrorenem Vermögen der russischen Zentralbank zur Finanzierung von Militärhilfen für die Ukraine nutzen. Zudem will sie die Geschäfte mit Flüssiggas (Liquid Natural Gas, LNG) in Europa erschweren und so eine wichtige Einnahmequelle Russlands schmälern.

Monatelang wurde zwischen den EU-Mitgliedstaaten verhandelt. Auch aus diesem Grund zeigte sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vor allem angesichts der Einigung in Sachen der eingefrorenen Vermögen erleichtert. „Es gibt kein stärkeres Symbol und keine bessere Verwendung für dieses Geld, als die Ukraine und ganz Europa zu einem sichereren Ort zu machen“, schrieb sie auf der Nachrichtenplattform X (ehemals Twitter). Allein dieses Jahr sollen bis zu drei Milliarden Euro zur Unterstützung der Ukraine zusammenkommen. Nach EU-Kommissionsangaben sind rund 210 Milliarden Euro der russischen Zentralbank in der EU eingefroren.

Die Ukraine hat mehr Hilfe erwartet

Die Ukraine hatte von ihren europäischen Verbündeten allerdings mehr erwartet. Präsident Wolodymyr Selenskyj und auch die USA hatten immer wieder die Freigabe des gesamten eingefrorenen russischen Vermögens verlangt. Das hatten die EU-Länder allerdings wegen rechtlicher Bedenken und aus Furcht vor Vergeltungsmaßnahmen des Kremls abgelehnt. Moskau sprach von einem geplanten „Diebstahl“ und hat die EU mehrfach davor gewarnt, das Eigentum des russischen Staates oder russischer Bürger zu konfiszieren. Denkbar wäre es beispielsweise, dass im Gegenzug auch in Russland tätige Unternehmen aus EU-Ländern vom Kreml zwangsenteignet werden.

Schwierig waren die Verhandlungen in der EU unter anderem, weil neutrale Staaten wie Österreich, das aktuell noch relativ enge Verbindungen zu Russland unterhält, sich nicht direkt an der Lieferung von Waffen und Munition beteiligen wollen. Aus diesem Grund wurde nun vereinbart, dass die Zinserträge nicht nur in die Rüstung fließen sollen, sondern zum Teil auch für andere Finanzhilfen verwendet werden.

Ähnlich kompliziert ist die Situation bei der Frage des russischen Flüssiggases. Verbieten will die EU offensichtlich vorerst nur das Umladen von russischem LNG in europäischen Häfen inklusive dem Weiterverschiffen Richtung Asien. Häfen in Frankreich, Belgien und Spanien sind eine wichtige Drehscheibe für den weltweiten Verkauf des Flüssiggases.

Nicht bereit sind die EU-Mitgliedsländer aber, die LNG-Einfuhren aus Russland nach Europa komplett zu verbieten. Dagegen stemmt sich offensichtlich vor allem Ungarn, dessen Premier Viktor Orban weiter freundschaftliche Beziehungen zum Kremlchef Wladimir Putin unterhält. Im vergangenen Jahr bezahlten EU-Länder 8,1 Milliarden Euro für Flüssiggaslieferungen aus Russland, wie aus einer Studie des auf den Energiesektor spezialisierten Instituts IEEFA hervorgeht. Auch in diesem Fall kommt deutliche Kritik am zögerlichen Agieren der EU. In Kiew heißt es, dass die Erlöse aus dem Gasverkauf direkt in die Kriegskasse des Kremls fließen würde.