Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) erntet für seinen Etatentwurf heftige Kritik. Foto: dpa/Michael Kappeler

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil will die Betreuung von 700 000 jungen Arbeitslosen von der Arbeitsagentur übernehmen lassen. Ein finanzpolitischer Trick auf Kosten der Betroffenen, findet unser Berliner Korrespondent Norbert Wallet.

ie Erwartungen an die Ampelregierung in Hinblick auf eine Politik aus einem Guss mit wenigstens einigen wenigen Grundgedanken,die allem Regierungshandeln den gemeinsamen geistigen Ansatz sichern, sind nicht mehr sehr hoch. Dazu haben sich die Interessen und Konzepte der drei Partner – SPD, Grüne und Liberale – als zu unterschiedlich erwiesen. Umso wichtiger wäre es, wenn wenigstens die Politik jedes einzelnen Ressorts von einer durchgehenden Systematik, von einem einheitlichen Ansatz getragen wäre. Das mag in den meisten Fällen auch tatsächlich so sein. Umso erstaunlicher ist, dass nun ausgerechnet ein Haus, das unter seinem Minister Hubertus Heil seit vielen Jahren unaufgeregte und sehr sinnvolle Arbeit leistet, mit seiner aktuellen Etatplanung für massive Irritationen sorgt.

Heil konterkariert seine eigene Politik

Der nun vorgelegte Haushaltsentwurf des Ministeriums für Arbeit und Soziales für 2024 beträgt 171 Milliarden Euro und ist damit der mit Abstand ausgabenstärkste Einzeletat des Bundeshaushaltes. Das ist ein sattes Plus, denn im laufenden Jahr beträgt er rund 166 Milliarden Euro. Die Steigerung liegt auch am Bürgergeld, das aufgrund der anhaltenden Inflation angepasst wird. Es ist nicht weiter verwunderlich, dass der Etat aufgrund der engen Sparvorgaben von Bundesfinanzminister Christian Lindner ebenfalls unter dem Druck steht, Kosten nicht ausufern zu lassen. Doch sollte man erwarten, dass Entlastungsmaßnahmen nicht die eigene Politik konterkarieren. Genau das aber ist der Fall.

Weniger Geld für mehr Aufgaben

Arbeitsminister Hubertus Heil will die Mittel für die Jobcenter herunterfahren. Allein bei den Verwaltungskosten soll um 200 Millionen gespart werden, und Eingliederungsmittel sollen reduziert werden. Das klingt vielleicht zunächst sinnvoll, schließlich ist es populär, den angeblich „Wasserkopf“ der Verwaltung zurückzufahren. Doch die Kürzungen stehen konträr zur eigenen Politik des Ministeriums. Mit der Bürgergeld-Reform sollten bessere Angebote bei der Betreuung und Eingliederung der Empfängerinnen und Empfänger verbunden werden. Nimmt man hinzu, dass allein der Tarifabschluss für den gesamten Öffentlichen Dienst Mehrkosten von rund 300 Millionen Euro verursacht, und die Jobcenter mit der Aufgabe der Eingliederung der bei uns Schutz suchenden Ukrainer sehr belastet sind, ist es schwer vorstellbar, wie das Konzept nun noch tragen kann.

Noch abenteuerlicher ist aber der Plan, Arbeitslose unter 25 Jahren künftig nicht mehr vom Jobcenter, sondern von der Agentur für Arbeit betreuen zu lassen. Es geht um eine Gruppe von 700 000 erwerbsfähigen Leistungsbezieher. Hier greift Ressortchef Heil in die finanzpolitische Trickkiste. Die Arbeitsagentur wird aus den Mitteln der Versicherten finanziert, die Jobagentur aus dem Steuertopf. Heil entlastet also seinen Etat um 900 Millionen Euro – zu Lasten der Betroffenen.

Es handelt sich um eine schwierige Klientel. Es geht um junge Menschen, die Probleme haben, nach der Schule den Einstieg ins Berufsleben zu finden. Oft ist der heimische Hintergrund prekär. Wenn hier Eingliederung in den Arbeitsmarkt gelingen soll, muss ein enges Zusammenspiel zwischen Sozial- und Jugendamt, zwischen Gesundheitsamt und Sozialarbeitern gelingen. Diesen verzahnten Ansatz können die Arbeitsagenturen so nicht leisten. Es wird mehr Anlaufstellen für die Betroffenen geben, mehr Bürokratie. Zudem beruht die Mitwirkung im Bereich der Arbeitsagentur auf Freiwilligkeit. Die Zahl der Kontaktabbrüche wird steigen.

Hubertus Heil verschiebt hier eine Gemeinschaftsaufgabe auf die Schultern der Versicherten. Die Folgen müssen die Betroffenen zahlen