In der Hemminger Ortsmitte ist Geduld erforderlich. Foto: Jürgen Bach

Die Gemeinde Hemmingen liegt im Gebiet Leonberg-Strohgäu an neunter und damit letzter Stelle, was die Verkehrsbelastung angeht. Bei Stau auf den Autobahnen führt jede Alternativroute durch die Gemeinde. Leonberg landet im Gebiet Leonberg-Strohgäu auf Platz acht.

Kaum eine Gemeinderatssitzung, kaum eine Bürgerversammlung, kaum ein Gespräch auf der Straße, in dem es nicht um den Verkehr in der Ortsmitte geht: Zu laut sei es. Und vor allem: Es sei zu viel. Die Diskussionen in den Kommunen im Speckgürtel um Stuttgart ähneln sich, vor allem dann, wenn die Orte im Zentrum nicht durch Umfahrungen entlastet sind. Insofern verwundert es nicht, dass Hemmingen sowohl auf dem letzten Platz im Vergleichsgebiet Leonberg-Strohgäu liegt, als auch im gesamten Landkreis Ludwigsburg unter 39 Kommunen den letzten Rang belegt. Leonberg, im kleinräumigeren Vergleich auf dem vorletzten Platz, belegt im Kreis Böblingen den letzten von 26 Plätzen, hinter Weissach, Herrenberg und, auf dem vorletzten Platz, die Kreisstadt Böblingen.

„Da die Hauptstraße eine Landesstraße ist, müsste hier dringendst von der Gemeinde aus die Landesregierung aufgefordert werden, das zu ändern, denn das ist gesundheitsgefährdend“, kommentiert ein Teilnehmer der Umfrage die Verkehrssituation in Hemmingen. Angemerkt wird zudem, dass ein Lkw-Durchfahrtsverbot in dieser Situation helfen würde.

Hemmingens Bürgermeister Thomas Schäfer (CDU) dürfte das einerseits als Bestätigung der Kommunalpolitik der vergangenen Jahre auffassen. Andererseits würde er es vermutlich sogleich mit der Anmerkung verbinden, dass genau dies seit Jahren die Forderungen des Gemeinderats sei. Allerdings ohne Erfolg.

Sechs Straßen führen in Hemmingen zusammen, darunter mehrere Landesstraßen. Im Alltag bedeutet das: Ist das Leonberger Dreieck dicht und der Stau auf den Autobahnen 8 und 81 lang, liegt die knapp 8200 Einwohner zählende Gemeinde auf allen denkbaren Alternativrouten. Erleichterung für die Hemminger würde eine Umfahrung bringen, mehr als eine Nordrandstraße, die mal geplant, aber nie gebaut wurde. „Die Lösung wäre ein Ring um Hemmingen“, sagt der Bürgermeister Thomas Schäfer (CDU) heute. Schon im Jahr 2019 wurden am Rathaus 17 000 Fahrzeuge täglich gezählt.

Zugleich will der Rathauschef realistisch sein. Die Zeit der großen Umfahrungslösungen sei vorbei, sagt er. Gerade deshalb aber ist ihm an der Umsetzung vergleichsweise kleinerer Lösungen gelegen, die aber ebenfalls nicht allein in kommunaler Verantwortung geregelt werden können: Seit Jahren fordert Hemmingen ein ganzjähriges Lkw-Durchfahrtsverbot – ohne Erfolg. Eben weil Hemmingen im Kontext von Ausweichstrecken für die Autobahn eine so große Bedeutung im Straßennetz zukommt, wird die behördliche Genehmigung versagt. Schäfer setzt deshalb derweil auch auf die Hilfe der Nachbarn: Eine Heimerdinger Umfahrung nutze auch seiner Gemeinde.

Ganz anders bewerten die Umfrageteilnehmer die Situation in Korntal-Münchingen. Im Kreis Ludwigsburg rangiert die Kommune auf Rang neun, im Gebiet Leonberg-Strohgäu hingegen auf Rang eins: Die Verkehrsbelastung ist hier am geringsten. Rutesheim und Renningen folgen auf den Plätzen zwei und drei. „Ein Teil der Zufriedenheit lässt sich vermutlich durch die gute Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr erklären, etwa durch die Strohgäubahn und die S-Bahn-Anbindung in Korntal“, sagt der Bürgermeister Alexander Noak. Zudem verfüge die Stadt über ein gutes Fuß- und Radwegenetz, das ausgebaut werden solle. Ein entsprechendes Konzept wurde mit dem Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club erarbeitet. „Die Bürgerinnen und Bürger nutzen viele Angebote wie den Einzelhandel, Ärzte, Apotheken in den Ortszentren von Korntal und Münchingen zu Fuß. Zudem legen sie viele Strecken im Ort per Fahrrad, E-Bike, Elektroroller oder Bürgerbus zurück.“ Und er fügt an: „Die vergleichsweise geringe Belastung durch den motorisierten Verkehr verdanken wir auch den Umgehungsstraßen mit der Südstraße in Korntal und der Westumfahrung Münchingen.“

Darauf ausruhen will sich die Verwaltung nicht. „Was uns hier natürlich bewegt, ist die Verkehrswende – weg von Verbrenner-lastigem Verkehr hin zur nachhaltigen Mobilität. Die Stadtverwaltung will noch mehr sichere und attraktive Wege für den nicht motorisierten Verkehr anbieten und die vorhandenen optimieren, wo es nötig ist.“

Man wolle die Bürger motivieren, auf nachhaltige Verkehrsmittel umzusteigen, sagt Noak. Das werde bei der Umgestaltung der Stuttgarter Straße berücksichtigt. Ein Leuchtturmprojekt entstünde zudem am Korntaler Bahnhof: Dort wird bis Ende des Jahres ein Fahrrad-Parkhaus gebaut.