Träumen von der Zukunft mutmaßlich verschieden: das Kind und der Rentner. Foto: MAK - stock.adobe.com

In den Kommunen werden die Zukunftsthemen umgesetzt. Jene Altersgruppe, die diese Zukunft besonders betrifft, ist allerdings nur schwach vertreten in den Gemeinderäten, wie diese Beispiele von den Fildern zeigen.

Es heißt oft: In den Städten und Gemeinden wird die Zukunft gemacht. Energiewende, Verkehrswende, Wärmewende – zwar kommen die Vorgaben von oben, werden durchgereicht von EU, Bund und Land. Die Umsetzung findet dann auf der kommunalen Ebene statt. Die Gemeinderäte sind mit dieser Aufgabe auch so etwas wie Zukunftsmacher. Doch wer sind sie eigentlich? Und fließt die Perspektive junger Leute oder die von Eltern mit kleinen Kindern mit ein, wenn Entscheidungen getroffen werden? Also jene, für die diese Zukunft gemacht werden soll?

In Filderstadt und Leinfelden-Echterdingen ist der durchschnittliche Stadtrat ein Mann und 55 Jahre oder älter. Stefan Hermann passt da zum Beispiel gut ins Bild. Der 57-jährige Stadtrat sitzt seit 2004 für die Freien Wähler im Gemeinderat, ist ihr Fraktionssprecher. Besteht die Gefahr, dass die Perspektive der jüngeren Generation fehlt, wenn sie im Gemeinderat nicht physisch vertreten ist? Hermann erzählt von einem Gespräch mit einem Jugendlichen, der vor Kurzem zu ihm sagte: „Was ihr beschließt, müssen wir dann ausbaden“, erzählt Hermann nach. Und da geht der 57-Jährige irgendwie auch mit.

Diese Personen können sich die Zeit rausschwitzen

In Filderstadt ist fast genau die Hälfte des Gremiums jenseits der 60 Jahre. Den Gemeinderat beschreibt Hermann als „gutbürgerlich, er bildet viel zu wenig die Breite der Gesellschaft ab“. Doch vor Wahlen zeige sich aller Bemühungen zum Trotz immer wieder dasselbe Bild: „Zeit rausschwitzen“, wie Hermann es nennt, könnten sich meist nur Rentner, Selbstständige oder Menschen in Leitungsjobs, die freier über ihre Zeit verfügen könnten. Denn was für den Gemeinderat zu tun sei, „ist wirklich viel“. 400 Seiten Vorlagen vor der Sitzung lesen oder eine öffentliche Rede halten, manche schreckten davor zurück, sagt er. „Diese Hürden unterschätzen wir.“

Und so kommt es, wie es kommen muss: Der Gemeinderat trägt „milieubedingte Scheuklappen“, sagt der Freie Wähler Hermann. Um so wichtiger sei es, mit den Bürgerinnen und Bürgern „ohne vorgefertigte Meinung“ ins Gespräch zu gehen. „Und ich muss von mir aus das Gespräch suchen“ – um andere Blickwinkel, beispielsweise auf Zukunftsthemen, einzufangen. Doch zur Wahrheit gehört eben auch, dass in der Realität „wenig Spielraum bleibt“, wie Hermann sagt. Spielraum, sich wirklich ausgiebig auszutauschen, weil die Zeit endlich ist.

Die eigene Stadt mitgestalten

Während die Mittfünfziger die Kommunalpolitik wesentlich mitbestimmen, sind die unter 30-Jährigen rar gesät in den Reihen der Gemeinderäte in Filderstadt und Leinfelden-Echterdingen. Im Filderstädter Gremium sitzen zwei Vertreter dieser Altersgruppe, in Leinfelden-Echterdingen drei. Eine von ihnen ist Céline Kühnel aus Leinfelden, 28 Jahre alt.

Sie sitzt seit 2015 für die CDU im Gemeinderat. Von den Älteren werde sie „für voll genommen“, sagt Céline Kühnel. „Ich fühle mich auch nie übergangen oder so.“ Dennoch wünscht sie sich mehr Altersgenossen in den Reihen des Gemeinderats. „Das würde viel guten Input bringen“, sagt sie. Dass sich viele in ihrem Alter dieses Ehrenamt nicht zusätzlich zum Alltagsstress aufbürden wollen, kann Céline Kühnel gut verstehen. Auch sie komme mal ins Hadern, wenn es bei der Arbeit intensiv sei. Oder wenn die Freunde im Biergarten den Feierabend genießen und vor ihr die Tagesordnung einer Marathonsitzung liegt.

In diesen Momenten überwiege bei ihr aber schließlich doch das Gefühl, mit diesem Ehrenamt etwas in ihrer Stadt bewirken zu können, sagt Céline Kühnel. Und eben auch die Perspektive einer 28-Jährigen einzubringen. „Die Welt retten wir nicht, aber man gestaltet natürlich seine Stadt.“ Und dort wird sie ja womöglich sein – die eigene Zukunft.

Welche Altersgruppe dominiert

Statistik
In Filderstadt liegt das Durchschnittsalter bei 57,5 Jahren. Zwei Mitglieder sind unter 30 Jahre, 14 sind zwischen 30 und 60 Jahre, 15 Mitglieder sind über 60 Jahre. Das Durchschnittsalter im amtierenden Gemeinderat von Leinfelden-Echterdingen liegt bei 55,38 Jahren. Drei Mitglieder sind unter 30 Jahre, 14 zwischen 31 und 60 Jahre, neun sind über 61 Jahre.

Wähler
Bis mindestens zum Jahr 2040 werden Wählerinnen und Wähler, die älter als 50 Jahre sind, die politische Landschaft maßgeblich prägen. Zum Teil sind sie sogar deutlich älter als 50 Jahre; diese Bevölkerungsgruppe ist bereits heute die größte. ana