Reisende brauchen am Donnerstag und am Freitag starke Nerven: Bei der Lufthansa und bei der Bahn wird gestreikt. Foto: Frank Rumpenhorst/dpa

Reisende brauchen in dieser Woche starke Nerven oder müssen ihre Pläne gleich ganz aufgeben. Zeitgleiche Arbeitsniederlegungen bei Bahn und Lufthansa werden den Verkehr in weiten Teilen lahmlegen.

Berlin/Frankfurt (dpa) – Reisenden steht in Deutschland eine stressige Woche bevor. Ab Donnerstag früh sind sowohl bei der Deutschen Bahn als auch bei der Lufthansa tausende Beschäftigte zu Streiks aufgerufen. Zahlreiche Züge und Flüge drohen auszufallen, wie vorangegangene Streikrunden bereits gezeigt haben. Verantwortlich dafür sind die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer GDL mit ihrem Vorsitzenden Claus Weselsky und die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi.    

Was kommt auf die Passagiere der Lufthansa und die Fahrgäste der Bahn zu?

Nach einer ersten Einschätzung des Lufthansa-Konzerns sind an den beiden von Verdi avisierten Streiktagen Donnerstag und Freitag rund 200.000 Passagiere betroffen. Das deutet darauf hin, dass wie bei zwei vorhergegangenen Streikwellen erneut rund 1000 Flüge pro Tag ausfallen und nur ein rundes Zehntel des ursprünglichen Angebots geflogen werden kann. Wegen des zeitgleichen Lokführerstreiks entfällt zudem die Möglichkeit, für kürzere Strecken auf die Schiene umzusteigen. 

Bei der Bahn beginnt der Streik im Fern- und Regionalverkehr am Donnerstagmorgen um 2.00 Uhr und wird dort erneut für Millionen Reisende zu erheblichen Einschränkungen führen. Bis Freitag um 13.00 Uhr soll der Ausstand laut GDL andauern. Doch auch danach dürfte es noch einige Zeit dauern, bis alle Züge wieder wie gewohnt fahren. Im Güterverkehr beginnt der Arbeitskampf bereits am Mittwochabend um 18.00 Uhr und soll bis Freitag um 5.00 Uhr gehen. 

Die Bahn kündigte an, auch dieses Mal wieder einen Notfahrplan, ein Grundangebot im Fern- und Regionalverkehr anbieten zu wollen. Im Fernverkehr sollen längere Züge mit mehr Sitzplätzen unterwegs sein. Die Zugbindung für den 7. und 8. März ist demnach aufgehoben, Fahrgäste können ihre Fahrten also auch an einem späteren Tag nachholen. Das Angebot, die Fahrt auch auf einen Tag vor dem Streik vorziehen zu können, machte die Bahn dieses Mal allerdings nicht.

Kann es für Flugreisende noch dicker kommen?

Definitiv. Es besteht die Möglichkeit, dass sich auch die Beschäftigten der privaten Luftsicherheitsunternehmen an den größeren deutschen Flughäfen dem Warnstreik der Lufthansa-Kollegen anschließen. Hier laufen zwar noch Verhandlungen, aber ein Verdi-Vorstandssprecher willt ein Scheitern nicht ausschließen.

Wenn die Kräfte an den Passagier- und Gepäckkontrollen fehlen, kann kein Passagier in den Sicherheitsbereich der Flughäfen gelangen. Beim ersten Warnstreik am 1. Februar beteiligten sich Beschäftigte in Frankfurt, Hamburg, Bremen, Berlin, Leipzig, Düsseldorf, Köln, Hannover, Stuttgart, Erfurt und Dresden. Einzige Ausnahme neben kleineren Standorten waren die Flughäfen in Bayern, weil dort die Kontrolleure im öffentlichen Dienst arbeiten.

Flugreisende müssen sich am Donnerstag und Freitag auf Ausfälle und Verspätungen einstellen.

Worauf müssen sich Bahnfahrgäste nun einstellen?

Auch bei der Bahn kommt auf Kundinnen und Kunden in den nächsten Wochen noch einiges zu. GDL-Chef Weselsky will Streiks künftig nicht mehr wie zuletzt mit rund 48 Stunden Vorlauf ankündigen. "Wir beginnen sogenannte Wellenstreiks", sagte er. Auch Streiks während des anstehenden Osterverkehrs schloss er nicht aus. "Damit ist die Eisenbahn kein zuverlässiges Verkehrsmittel mehr", sagte er.

"Sehr wahrscheinlich wird auch der sogenannte Notfahrplan so nicht zu fahren sein." Einen solchen Rumpffahrplan hatte die Bahn bei den bisherigen Arbeitskämpfen im laufenden Tarifstreit stets aufgestellt, um zumindest ein eingeschränktes Angebot aufrechtzuerhalten. Bisher fuhren im Fernverkehr etwa stets rund 20 Prozent der Züge. Im Regionalverkehr waren die Auswirkungen je nach Region unterschiedlich stark. 

Arbeiten Verdi und GDL zusammen?

Das weisen beide Gewerkschaften weit von sich. Die GDL ist nicht im Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) organisiert und konkurriert in vielen Verkehrsbetrieben mit den DGB-Gewerkschaften Verdi und EVG um Mitglieder, Einfluss und Tarifverträge. "Wir haben da keine Ebene zur Zusammenarbeit", sagte Verdi-Streikführer Marvin Reschinsky. Auch Weselsky betonte im Bayerischen Rundfunk: "Wir haben keine Absprachen mit Verdi."

Worüber haben die Bahn und die GDL eigentlich wochenlang verhandelt?

Knackpunkt des seit Monaten schwelenden Tarifstreits ist die Forderung der GDL nach einer Absenkung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden ohne finanzielle Einbußen. Fast vier Wochen saßen beide Seiten zuletzt hinter verschlossenen Türen zusammen, um einen Kompromiss zu finden. Zwei erfahrene Schlichter, der frühere Bundesinnenminister Thomas de Maizière und Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (beide CDU), moderierten die Gespräche. Ohne Erfolg. Die Bahn teilte mit, dass die Verhandlungen erneut gescheitert seien. 

Der GDL-Vorsitzende Claus Weselsky erhöht den Druck auf die Bahn.

Laut Weselsky lag zuletzt ein Vorschlag der beiden Vermittler auf dem Tisch, der eine Arbeitszeitreduzierung auf 37 Stunden vorsah sowie die Möglichkeit, die Arbeitszeit innerhalb eines bestehenden Wahlmodells eine weitere halbe Stunde abzusenken. Das habe die Gewerkschaft abgelehnt. Weselsky verweist auf Tarifabschlüsse bei mehr als zwei Dutzend kleineren Eisenbahnunternehmen, die der 35-Stunden-Forderung bereits zugestimmt haben. Allerdings stehen diese Verträge unter dem Vorbehalt, dass auch die Bahn einer solchen Regelung zustimmt. 

Wie geht es nun weiter?

Das ist völlig offen. Eine formale Schlichtung, wie sie jüngst etwa der Fahrgastverband Pro Bahn gefordert hatte, schloss Weselsky am Montag erneut aus. "Wenn die beiden ehrenwerten Moderatoren, die Ihnen ja bekannt sind, es nicht geschafft haben, uns
zusammenzubringen, was soll dann eine weitere Schlichtung oder eine weitere Moderation bringen?", sagte er. Dass sich beide Seiten zeitnah wieder an den Verhandlungstisch setzen werden, ist nicht absehbar. Für Fahrgäste geht die Unsicherheit auf der Schiene damit auf unbestimmte Zeit weiter.