Die EU-Kommission wirft Elon Musk vor, auf seiner Plattform X Falschnachrichten zu verbreiten und droht mit harten Strafen. Der Milliardär ist sich keiner Schuld bewusst. Foto: dpa/Susan Walsh

Brüssel wirft der Online-Plattform X vor, Falschinformationen im Zusammenhang mit Angriffen der Hamas auf Israel zu verbreiten. EU-Kommissar Breton fordert Elon Musk nun auf, illegale Inhalte zu löschen.

Elon Musk ist sich keiner Schuld bewusst. Der Chef des Kurznachrichtendienstes X (ehemals Twitter) fordert fast schon trotzig erst einmal Beweise dafür, dass auf seiner Online-Plattform nach dem Terrorüberfall der Hamas auf Israel Hassnachrichten und Falschinformationen verbreitet werden. Doch Thierry Breton lässt sich auf dieses Katz-und-Maus-Spiel nicht ein. „Die Berichte ihrer Nutzer – und der Behörden – über Falschinformationen und die Verherrlichung von Gewalt sind ihnen gut bekannt“, entgegnet der EU-Kommissar, erinnert den Milliardär an die neuen EU-Gesetze, die für große Online-Plattformen gelten und fordert ihn in einem Brief demonstrativ auf, die illegalen Inhalte zu löschen.

Hass und Hetze im Internet eindämmen

Die EU arbeitet seit Jahren daran, Hass und Hetze im Internet einzudämmen. Der dafür zuständige EU-Binnenmarktkommissar Breton hatte dafür früh einen griffigen Satz formuliert: „Was offline verboten ist, soll auch online verboten sein.“ Dazu hat Brüssel in Rekordzeit einen Rechtsrahmen ausgearbeitet und der Brief von Breton an Musk zeigt, dass die Union entschlossen ist, die neuen Regeln durchzusetzen.

Als im Dezember 2020 die EU-Kommission ihre Pläne vorstellte, winkten viele Branchenkenner noch ab, zu gewaltig sei diese Aufgabe, zu groß der Widerstand der Unternehmen. Sie erinnerten daran, dass die Union vor knapp über zwanzig Jahren schon einmal vergeblich versucht hatte, dem Internet erste Zügel anzulegen. Damals war die digitale Welt noch eine andere. Google war gerade gegründet, Amazon verkaufte hauptsächlich Bücher und Facebook entstand erst Jahre später. Probleme wie Hassreden im Netz existierten nicht, und die grenzübergreifende Macht einiger Internetgiganten war nicht absehbar.

Donald Trump dient als Negativ-Beispiel

Wie dringend eine rechtliche Regulierung für das Internet ist, wurde während der Amtszeit des US-Präsidenten Donald Trump deutlich. Damals kursierten Meldungen über Wahlmanipulationen, der von Trump entfachte Sturm aufs Kapitol zeigte, wie gefährlich es werden kann, wenn sich Verschwörungserzählungen ungehindert im Netz ausbreiten.

Angetrieben von diesen Erfahrungen präsentierte Brüssel im Jahr 2022 kurz nacheinander den Digital Services Act (DSA) und den Digital Markets Act (DMA). So heißen die Gesetze, mit denen die EU die digitale Welt nach europäisch-demokratischen Maßstäben bändigen will.

Die Macht der Internet-Giganten einschränken

Mit dem DMA soll die Macht der Internetgiganten eingeschränkt und für mehr fairen Wettbewerb gesorgt werden. Wesentlich interessanter wird die Umsetzung des DSA. Er gilt als eine Art Grundgesetz fürs Internet und soll regeln, wie die Menschen digital kommunizieren und diskutieren. Das Gesetz soll etwa Internetkonzerne dazu verpflichten, stärker gegen Hassnachrichten vorzugehen. Onlineplattformen sollen Nutzer sperren, die häufig illegale Inhalte wie Hassreden oder betrügerische Anzeigen verbreiten. Außerdem sollen die Plattformen „unverzüglich“ illegale Inhalte löschen oder unzugänglich machen, sobald diese ihnen gemeldet wurden. Reguliert werden besonders die sehr großen Onlinekonzerne mit mehr als 45 Millionen aktiven Nutzern. Das sind potenziell rund 20 Unternehmen, darunter Google mit dem Tochterkonzern Youtube, Meta mit Facebook und Instagram, Microsoft mit seinem sozialen Netzwerk LinkedIn, Amazon, Apple und auch die Plattform X.

Der Breton-Brief kommt nicht überraschend

Für Andreas Schwab kommt der Brief des EU-Kommissars an Elon Musk keineswegs überraschend. Die EU habe vor Wochen festgestellt, dass die Plattform X den höchsten Anteil an Falschinformationen verbreite, erklärt der CDU-Europaparlamentarier, der maßgeblich an der Ausarbeitung der neuen Internet-Regeln in der EU beteiligt war.

„Bereits damals wurde Elon Musk aufgefordert, X entsprechend anzupassen, sodass insbesondere russische Desinformationskampagnen von der Plattform verschwinden“, erklärt Schwab. „Dieser Aufforderung ist er augenscheinlich nicht nachgekommen, sodass der Brief von Kommissar Breton die richtige Antwort auf die dringende Durchsetzung der bereits seit August geltenden Verpflichtungen des DSA ist.“ Gerade das aktuelle Beispiel zeige noch einmal sehr deutlich, welch große Verantwortung die Plattformen an der öffentlichen Meinungsbildung hätten.

Den Plattformen drohen hohe Strafen

EU-Kommissar Breton hat zuletzt mehrfach betont, dass Brüssel nicht zögern werde, Sanktionen zu verhängen, sollten die Regeln nicht eingehalten werden. Das heißt, einer Plattform drohen Bußgelder von bis zu sechs Prozent des weltweiten Jahresumsatzes. Im Fall der großen Unternehmen könnten das mehrere Milliarden Euro sein. Bei wiederholten Verstößen könnte Firmen sogar verboten werden, in der EU Geschäfte zu machen. Aus diesem Grund blicken nicht nur Regierungen, sondern auch die Internet-Giganten gespannt darauf, wie das Kräftemessen zwischen der EU und der Plattform X am Ende ausgehen wird.