Hier können die Kinder toben: Paulina Sauter im Turnraum des Kinderhauses Nord. Foto: Granville

Kinder brauchen Bewegung – das weiß Erzieherin Paulina Sauter aus ihrem Berufsalltag. Doch häufig sind sie zu wenig aktiv. Am Kinderhaus Nord in Leonberg hilft die 25-Jährige dabei, die Kleinsten in Schwung zu bringen.

Bewegung bedeutet für Paulina Sauter Leben. „Wenn man an das Wasser oder die Jahreszeiten denkt – es ist alles ständig in Bewegung“, erzählt die Leonbergerin, die im Silberberg aufgewachsen ist. Für Kinder hat diese einen besonderen Stellenwert: Wenn sie noch ganz klein sind, kommunizieren sie mit ihren Eltern durch körperliche Aktivität, zum Beispiel indem sie nach etwas greifen, weiß Sauter. „Und man kann im Kindesalter durch Bewegung unfassbar viel lernen.“ Paulina Sauter arbeitet als Erzieherin am Kinderhaus Nord in Leonberg. Kinder in Bewegung zu bringen, ist für die 25-Jährige eine Herzensangelegenheit.

Wie wichtig ihr dieses Thema ist, merkt man Paulina Sauter deutlich an. Sie spricht sehr fokussiert, gestikuliert, wenn sie von ihrer Arbeit mit den Kindern und vom Sport erzählt. In ihrem eigenen Leben hat dieser große Bedeutung: Sauter fährt leidenschaftlich Fahrrad und Motocross.

Kinder bewegen sich zu wenig

Dass körperliche Betätigung auch für Kinder wichtig ist, ist für die 25-Jährige selbstverständlich. Sie brauchen sogar deutlich mehr Bewegung als Erwachsene, erklärt sie: Während bei den Großen zwei bis dreimal wöchentlich eine Belastung von 60 Minuten empfohlen sei, um Krankheiten vorzubeugen, sollten Kinder mindestens zwei Stunden am Tag aktiv sein. Bewegung bedeute aber nicht nur, sich die Seele aus dem Leib zu rennen, sagt Sauter. „Bewegung ist auch, rauszugehen, über Steine zu balancieren.“

Doch die Kleinsten bewegen sich zu wenig, wie die Erzieherin weiß. Dafür seien viele unterschiedliche Faktoren verantwortlich – allen voran der gesellschaftliche Wandel. „Es ist nicht mehr so wie vor 40 Jahren, als man einfach nur draußen war“, erklärt die Erzieherin. Dabei spiele auch die Technisierung eine Rolle, Kinder würden schon früh vor Computern oder Handys sitzen. Probleme sieht sie auch im sozialen Umfeld der Kinder. „Eltern haben nicht mehr die Kapazitäten, die sie früher hatten, zu sagen, wir gehen jetzt einfach mal raus“, schildert die 25-Jährige. Dadurch könnten Mütter und Väter oft nicht einschätzen, was ihre Kinder können und würden ihnen weniger zutrauen.

Es fehlt an eigenständiger Bewegung

Zwar betreiben Kinder mittlerweile häufig Sport in verschiedenen Vereinen, wie Bärbel Feldmeier, Leiterin des Kinderhauses Nord, erzählt. Doch dort werde alles angeleitet, es fehle an eigenständiger Bewegung. „Es ist nicht mehr so, dass das Kind Selbstlauf hat, es ist viel zu viel vorgegeben“, erklärt die Erzieherin. Dabei ist gerade das eigenständige Ausprobieren wichtig: „Die Erfahrungen des „Selbst-Machens“, die Dinge im Spiel und in Bewegung selbst zu verändern - auch wenn es mehrere Anläufe braucht, um erfolgreich zu sein - sind unerlässlich, um uns selbstständig und selbstbewusst zu entwickeln“, sagt Paulina Sauter. Die Kinder nur ein oder zwei Mal pro Woche ins Sporttraining zu schicken, reicht laut ihr auch nicht aus, um ihren Bewegungsdrang zu erfüllen.

Wenn sie diesen jedoch nicht richtig ausleben können, hat das Folgen. Später könne es zu körperlichen Problemen kommen, schildert Sauter. „Zivilisationskrankheiten wie Herzkreislaufprobleme, Rückenschmerzen und Übergewicht fangen jetzt schon viel früher an.“ Aber auch die Persönlichkeitsentwicklung ist betroffen, wenn sich Kinder nicht austoben können. „Ich kenne meinen Selbstwert nicht, ich weiß nicht, wer ich bin“, so Sauter. Auch Konzentrationsfähigkeit und Ausdauer leiden, sagt Bärbel Feldmeier.

So wird Bewegung im Kinderhaus Nord integriert

Deshalb wird im Kinderhaus Nord Wert auf Bewegung gelegt. Beispielsweise gibt es in Kooperation mit dem SV Leonberg Eltingen einmal wöchentlich eingezieltes Sportangebot, auch sonst können sich die Kinder im Turnraum austoben. Außerdem seien sie jeden Tag draußen, auf der Engelbergwiese und im anschließenden Wald, schildert Bärbel Feldmeier.

Auch Paulina Sauter bringt an dem Kindergarten mit ihren Ideen die Kinder in Bewegung. Während ihrer Ausbildung am Kinderhaus Nord schrieb die 25-Jährige ihre Facharbeit über Bewegung im frühkindlichen Alter, wie sie erzählt. „Damals haben wir die Turnhalle der Georgii-Halle angemietet und drei Mal die Woche mit den Kindern eine Stunde Sport gemacht.“ Außerdem absolvierte die Leonbergerin eine Ausbildung zur Kinderyogalehrerin und macht in den Ruhepausen mit den Kleinen gelegentlich kleine Übungen zum Runterfahren – eine Bereicherung für den Kindergarten, wie Bärbel Feldmeier sagt.

Eine Fahrradtour begeistert die Kinder

Erst kürzlich organisierte Paulina Sauter im Zuge des Stadtradelns zudem eine Radtour mit dreißig Kindergartenkindern und ihren Eltern. Im Voraus habe es Zweifel gegeben, ob die Kleinen die Strecke wirklich schaffen würden, doch alle hätten ohne Murren das Ziel erreicht und Spaß gehabt, erzählt die 25-Jährige. „Ich war danach geflasht, weil ich gesehen habe, wie stolz sie auf sich selbst sind. Sie haben danach noch ewig davon erzählt.“ In Zukunft wolle sie noch einmal so eine Aktion auf die Beine stellen.

Auch Bärbel Feldmeier lobt die Aktion. Sie habe beides vereint: Die Kinder zu bewegen und die Eltern ins Boot zu holen. Dazu raten auch beide Erzieherinnen Müttern und Vätern: Mehr mitmachen. „Natürlich ist es schön, wenn man sein Kind den ganzen Tag um den Block rennen lässt. Aber darum geht es ja nicht. Es geht darum, mit dem Kind rauszugehen und was zu erleben“, sagt Paulina Sauter. „Unsere Welt hat so viel zu bieten.“