Sebastian Hotz schreibt jeden Tag zehn Gags ins Internet. Foto: Max Sand

Sebastian Hotz ist als El Hotzo im Internet ein Star. Mit seinem Debütroman „Mindset“ taucht er in die Welt der Erfolgschoaches ein.

Sebastian Hotz ist besser bekannt unter seinem Internetpseudonym El Hotzo. Seine pointierten Alltagsbeobachtungen werden täglich von mehr als 1,5 Millionen Menschen auf Twitter und Instagram gelesen. Im Interview spricht er über seinen Debütroman „Mindset“.

Sie sind bekannt für Ihre pointierten Alltagsbeobachtungen, die Sie in prägnanten Sätzen auf Instagram und Twitter posten. Wie sehr hat sich die Arbeit an Ihrem Debütroman davon unterschieden?

Was natürlich in erster Linie gefehlt hat, war die sofortige Belohnung mit Likes und Herzen unter dem Beitrag. Beim Buch musste ich total über das Feedback meines Lektors arbeiten. Und das Schlimme an Verlagsmenschen ist ja, dass man nie genau weiß, ob sie das ernst meinen, wenn sie etwas gut oder schlecht finden oder ob sie einfach nur voreingenommen sind, weil sie ihr Geld mit einem verdienen wollen (lacht).

Weil Sie die Herzen und Likes erwähnen: Wie sehr beeinflusst Sie das direkte Feedback?

Das beeinflusst mich sehr! Das ist die einzige Währung im Internet. Ich mache etwas, das nicht nur mir gefallen soll, sondern möglichst massenkompatibel sein muss. Das ist die Grundlage für meine komplette Arbeit.

Wie erklären Sie sich das inzwischen riesige Publikum?

Ich glaube das liegt zum großen Teil an meinem Schrotflinten-Prinzip. Ich mache jeden Tag zehn Gags, also wirklich jeden Tag! Die politischeren Themen sind dabei vielleicht nicht so massentauglich, aber dafür findet ein Gag über Süßkartoffel-Pommes viele Anhänger. Jeder findet etwas, mit dem er sich identifizieren kann.

Inwiefern hat die Pandemie Ihre Karriere beeinflusst?

Die hatte einen riesigen Einfluss. Es war eine Zeit, die für alle Menschen sehr, sehr schrecklich war, für Comedyautoren aber fantastisch. Alle saßen Zuhause und wollten im Internet Inhalte konsumieren, und gleichzeitig war draußen überall Stoff für Inhalte.

Den man zu Witzen verarbeiten kann?

Ja. Es war ja auch einfach absurd. Zum Beispiel, dass man eine Zeit lang dachte, dass Corona nur ein Virus wäre, der zuschlägt, wenn man in einem Club am falschen Glas nippt. Und dass das Erste, was wir brauchen, wenn eine Atemwegserkrankung ausbricht, definitiv Klopapier ist! Es lädt sehr dazu ein, darüber Gags zu machen.

Sie sind also Pandemiegewinner.

Wir sind die absoluten Pandemiegewinner und können uns damit in eine Reihe mit CDU-Abgeordneten mit Maskendeals und Lebensmittelkonzernen stellen.

Der selbst ernannte Finanz- und Lifestylecoach in Ihrem Buch ist ein klassischer Betrüger, der unsichere junge Männer hereinlegt. Trotzdem bekommt man stellenweise Mitleid.

Das ist natürlich ein Tanz auf Messers Schneide. Einerseits will man die Gefahren, die von solchen Typen ausgehen nicht unterschätzen. Andererseits haben die meisten Arschlöcher, die einem im Leben begegnen einen Grund, warum sie Arschlöcher sind. Und dieser Grund ist nicht immer, dass sie eines Tages aufgewacht sind und sich vorgenommen haben fortan ein schrecklicher Mensch zu sein. Sondern es ist vielleicht etwas Unangenehmes passiert in ihrem Leben. Ich finde es unfair das auszublenden.

Die Gegenspieler dieser Coaching-Scheinwelt sind in Ihrem Buch Figuren, die einfach ein gemütliches, bürgerliches Leben mit stabiler Festanstellung und Einfamilienhaus führen möchten. Sie selbst haben auch einst ganz solide BWL studiert und bei Siemens gearbeitet. Wie nah ist Ihnen diese Welt noch?

Ich habe damals meine Kollegen angeschaut und gedacht: Wie können die so leben! Die machen das seit vierzig Jahren, wollen die nicht mehr als diesen Job? Aber für die wartete nach Feierabend eine Doppelhaushälfte mit einem Golden Retriever und vielleicht ein intaktes Familienleben. Und für mich wartete nach meiner Arbeit ein dunkles WG-Zimmer in Erlangen mit zwei Typen, die den ganzen Tag FIFA auf der Konsole spielen. Ich glaube da hat das Verhältnis nicht so ganz gestimmt.

Heute sehen Sie das anders?

Sich aus dieser Erzählung freizumachen, dass jedes Leben die Frucht der eigenen Anstrengung ist und seine Durchschnittlichkeit einfach anzunehmen, finde ich sehr befreiend. Man muss sich einfach eine Insel schaffen, auf der man glücklich ist. Aus dem Begreifen von Arbeit als Finanzierung des restlichen Lebens kann sehr viel Kraft und Lebensfreude erwachsen. Arbeit sollte man als Grundlage und nicht Erfüllung des Lebens sehen.

Das sieht man gerade in der Figur der Yasmin, die in einem Hotel am Empfangstresen sitzt. Sie findet ihren Job zwar nervig, aber wenigstens kann sie beim Geldverdienen Podcasts hören.

Das ist doch super, denn: Alle Jobs sind irgendwie nervig! Ich habe meinen absoluten Traumjob und finde Arbeiten trotzdem scheiße (lacht). Die einzige Sache, die mir im Leben uneingeschränkt Spaß macht, mache ich als Job. Und durch dieses ‚Hobby zum Beruf machen’, habe ich keine Hobbies mehr! Das ist doch auch irgendwie kacke.

Richtig durchschnittlich sind auch die Orte, an denen Ihr Buch spielt: Gütersloh, Wolfsburg, Mühlheim an der Ruhr. Weshalb dort?

Ich habe eine große Vorliebe für Orte, die zwischen den großen Metropolen und strahlenden Ausgehalleen dieser Welt existieren. Die meisten Menschen wohnen nicht in Berlin! Die wohnen nicht in New York! Und trotzdem spielen die meisten Geschichten dort. Ich mag die kleinen Orte.

Sie sind selbst sehr ländlich aufgewachsen.

Die Stadt Forchheim war in der Nähe des kleinen Dorfes, in dem ich gewohnt habe. Ich dachte damals: da gibt’s einen Bahnhof, da gibt’s mehrere Supermärkte, da gibt’s vielleicht sogar ein Kino. Dort ist das Leben! Das war für mich das Tor zur Welt. Und diese verklärte, provinzielle Sicht auf die nächstgrößere Stadt finde ich eigentlich ganz schön, weil sie diesen Orten die Wichtigkeit gibt, die sie verdient haben.

Trotzdem wirken die Orte in Ihrer Erzählung manchmal etwas trostlos…

Wenn man kein erfülltes Leben führt, ist Gütersloh natürlich die Hölle. Aber auch Berlin ist die Hölle, wenn kein Weg zum Glück zu führen scheint.

Ihr Buch handelt auch von toxischer Männlichkeit. Welches Männerbild wollen Sie zeigen?

Auch Männer können unter der toxischen Männlichkeit leiden. Nicht wirklich schlimm natürlich, schließlich sind wir Männer nicht die größten Opfer des Patriarchats. Aber allein dieser verkrampfte Umgang zwischen Männern ist für mich unglaublich komisch. Etwa, dass sich die Jungen in der Schule die ganze Zeit nur mit Nachnamen anreden, damit auch wirklich überhaupt kein Gefühl von irgendeiner persönlichen Nähe aufkommt! Das ist von außen und von innen betrachtet einfach sehr, sehr lustig.

In der Welt der Erfolgscoaches

Das Buch
Der Roman „Mindset“ (Kiepenheuer & Witsch, 23 Euro) handelt von Maximilian Krach. Der Erfolgscoach versucht seinen wenigen Anhängern, die er in mittelmäßigen Hotels in irgendwelchen Kleinstädten empfängt, das richtige Mindset einzutrichtern. Denn stimmt das erst, so seine These, kommen Erfolg und Geld von ganz allein. Doch wie glaubwürdig ist Krach? Eine Hotelangestellte begibt sich auf Spurensuche.

Der Autor
Sebastian Hotz ist 1996 geboren und in Franken aufgewachsen. Er absolvierte ein duales Studium der Wirtschaftswissenschaften in Erlangen/Nürnberg, bis er schließlich unter seinem Internetpseudonym „El Hotzo“ bekannt wurde. Inzwischen erreicht er mit seinen pointierten, gesellschaftskritischen Postings auf Instagram und Twitter täglich 1,5 Millionen Menschen. Er ist außerdem Autor für das ZDF Magazin Royale und Podcaster.