Azubis wissen, wie die digitale Welt funktioniert, und können sie vorantreiben. Diese Annahme macht sich das „Digiscouts“-Projekt in Firmen im Rems-Murr-Kreis zunutze und lässt die Auszubildenden kreativ werden.
Vor zwei Jahren hat die Firma Fried Kunststofftechnik GmbH in Urbach bereits ihre Auszubildenden kreativ werden lassen. Entstanden sind damals im Rahmen des „Digiscouts“-Projekts digitale Urlaubsanträge, die wohl viel vereinfachen. Nun ist das Urbacher Unternehmen erneut an diesem Projekt beteiligt.
Unter dem Titel „Einblicke in Projekte der Digiscouts“ sollen Azubis Ideen präsentieren, wie ihre Ausbildungsbetriebe digital besser vorankommen können. Das Projekt hat das Ziel, dass Azubis Digitalisierungs- und Nachhaltigkeitspotenziale in Unternehmen aufspüren und als Digital Natives gemeinsam mit ihren Vorgesetzten die Ideen dann eigenverantwortlich umsetzen. Das sechsmonatige Projekt wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert und vom RKW Kompetenzzentrum in Zusammenarbeit mit der IHK und der Handwerkskammer Region Stuttgart umgesetzt.
Whiteboards werden übersichtlicher
Dieses Mal haben sich die Nachwuchskräfte bei Fried Kunststofftechnik um die unübersichtliche Zettelwirtschaft an verschiedenen Whiteboards im Unternehmen gekümmert. Im Zuge des Projekts sagten die Azubis der Zettelwirtschaft den Kampf an und führten digitale Smartboards für die Shop-Floor-Meetings für einen optimalen Informationsfluss im Unternehmen ein. Seitdem können die Infos schneller und übersichtlicher digital zusammengestellt und direkt auf die Smartboards übertragen werden. Als weitere Vorteile sehen die Verantwortlichen es, dass so die Kommunikationsqualität gesteigert wird und Organisationsaufwand sowie Papierverbrauch sinken. Das Projekt wurde von Thomas Abed, einem Auszubildenden im Bereich Fachinformatik für Systemintegration, und von Merlin Cardia, einem Industriekaufmann-Azubi, durchgeführt. Die beiden suchten nach Digitalisierungsmöglichkeiten bei Fried und befragten dafür alle Abteilungen, einschließlich Produktion und Verwaltung. „Dabei stellte sich heraus, dass unsere sogenannten Shop-Floor-Meetings viel Zeit und Mühe erfordern und eine digitale Lösung viel besser geeignet wäre. Die Meetings werden aktuell auf mehreren Whiteboards abgehalten, auf denen ausgedruckte Kennzahlen hängen, die handschriftlich befüllt werden müssen. Die Vorlagen für diese Kennzahlen wurden alle in Excel erstellt“ erklärt Lion Mehl, Fachinformatiker Systemintegration und zuständig für das Azubi-Projekt.
Also dachten sich Thomas Abed und Merlin Cardia, wieso nicht einfach die schon vorhanden Tabellen für die Kennzahlen verwenden und diese am PC befüllen. Umsetzbar sei das dadurch gewesen, dass statt mehrerer Whiteboards einfach ein großes Smartboard aufstellt wurde, auf dem alle Kennzahlen gespeichert sind und die Mitarbeiter die Kennzahlen vom PC aus befüllen können, so Mehl. „Die Geschäftsleitung stimmte zu, und Merlin und Thomas suchten nach einem passenden Smartboard, testeten es und bestellten es dann. Ein Elektriker wurde beauftragt, um sicherzustellen, dass Internet und Strom am Standort des Smartboards verfügbar sind. Die Excel-Tabellen sind bereits vorbereitet, und nun wird auf die Ankunft der Smartboards gewartet, um das Projekt abzuschließen“, sagt Mehl und freut sich, dass das erfolgreiche Projekt Zeit und Arbeitsaufwand sparen wird.
Sowohl das Unternehmen als auch die Azubis profitieren von dem Projekt
Sowohl Unternehmen als auch Auszubildende profitieren von der Teilnahme am „Digiscouts“-Projekt. Die Betriebe gewinnen neue Perspektiven und Impulse für die Optimierung von Prozessen, und die Auszubildenden erhalten im Gegenzug die Gelegenheit, aktiv den digitalen Wandel im Unternehmen mitzugestalten. „Das Projekt lässt eine Win-win-Situation entstehen. Die Azubis wie auch der Betrieb profitieren gleichermaßen von den Projekten, um Abläufe im Betrieb schneller oder kostengünstiger zu gestalten. Ich sehe hier den richtigen Ansatz, junge Leute für den Job zu motivieren“, betont Peter Friedrich, Hauptgeschäftsführer der Stuttgarter Handwerkskammer. Susanne Herre, Hauptgeschäftsführerin der IHK Region Stuttgart, ergänzt: „Die Auszubildenden sind mit digitalen Medien aufgewachsen, sie haben meist einen ganz anderen Blick auf die Entwicklungen im Betrieb.“
Drei Firmen im Kreis sind dabei
Neben dem Urbacher Unternehmen haben sich auch die Azubis bei der Manfred Häussler GmbH in Winnenden engagiert. Langwierige Prozesse bei der Erfassung von Lieferscheinen samt Ware gehören dort der Vergangenheit an. Diese werden künftig digital per Tablet direkt von den Lagerbeschäftigten eingescannt und im Warenwirtschaftssystem erfasst. Drei Azubis haben den gesamten Prozess digitalisiert und sorgen damit für hohe Zeit- und Papiereinsparungen.
Und auch in Plüderhausen wurde an dem Projekt teilgenommen. Die Zeiten, in denen bei der dortigen Paul H. Kübler Bekleidungswerk GmbH & Co. KG mühsam alle Schwarzen Bretter mit neuen Zetteln bestückt werden mussten, sind vorbei. Dank zweier Azubis können die eingeführten Bildschirme über entsprechende Software mit digitalen Infos gleichzeitig bespielt werden. Praktisch sei auch, dass Ansprachen der Geschäftsführung direkt übertragen werden könnten, heißt es in der Mitteilung zu dem Projekt.