Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) will weiter vorsichtig bleiben – und nicht sofort alles lockern. Foto: dpa/Marijan Murat

An diesem Mittwoch haben Bund und Länder über Lockerungen der Corona-Schutzmaßnahmen beraten. Die Beschlüsse haben Konsequenzen auch für Baden-Württemberg. Das Wichtigste im Überblick.

Stuttgart - Bis zum Frühjahrsbeginn am 20. März sollen weitreichende Corona-Schutzmaßnahmen deutschlandweit nach und nach zurückgenommen werden – das haben Bund und Länder an diesem Mittwoch beschlossen. Dann jedenfalls, wenn es die Situation des Gesundheitssystems zulässt. In Baden-Württemberg werden die Einschränkungen wohl bereits in der kommenden Woche gelockert, wie Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) nach der Ministerpräsidentenkonferenz bekräftigt hat. Welche Lockerungen kommen im Südwesten – und wann? Ein Überblick.

Was sagt Kretschmann zu den Beschlüssen der Runde mit Kanzler Olaf Scholz?

„Es ist Zeit, weiter kontrolliert zu lockern“ sagte der baden-württembergische Ministerpräsident in einem Statement nach der Bund-Länder-Runde am späten Mittwochnachmittag. Und verwies auf die Einschätzung von Fachleuten: Man trete nun in eine neue Phase der Pandemie ein, eine Überlastung des Gesundheitssystems sei in der aktuellen Welle nicht zu erwarten – sofern man nicht überhastet lockere. Deshalb haben sich Bund und Länder Kretschmann zufolge darauf geeinigt, schrittweise zu lockern.

Der Grünen-Politiker nannte zugleich Gründe, um weiter vorsichtig zu bleiben. Vor allem vorerkrankte, ältere und ungeimpfte Menschen könnten durch eine Corona-Infektion weiterhin schwer erkranken, sagte er. Schon jetzt müsse man auch für neue Infektionswellen im Herbst und Winter vorsorgen. „Klar ist: weniger Regeln bedeuten mehr Eigenverantwortung“, sagte Kretschmann. Noch hätte das Land die Pandemie nicht ganz hinter sich gelassen, doch es gebe allen Grund zu Hoffnung und Zuversicht.

Wann kommen Lockerungen in Baden-Württemberg?

Die Landesregierung werde in den nächsten Tagen beraten, wie sie die Bund-Länder-Beschlüsse in Baden-Württemberg in der nächsten Woche konkret umsetze, sagte Kretschmann am Mittwochnachmittag.

Geplant ist, dass das Land die Corona-Verordnung nach der Konferenz nun „entsprechend überarbeitet“, hieß es am Mittwoch aus dem Sozialministerium in Stuttgart. „Aus Sicht von Klinikexperten und Epidemiologen sind Lockerungen der Corona-Schutzmaßnahmen vertretbar“, sagte Landesgesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) dazu. Diese überarbeitete Verordnung wird also wohl im Laufe der kommenden Woche in Kraft treten.

Welche Öffnungen im Südwesten zeichnen sich ab?

Nach bisherigem Stand sollen die Grenzwerte für die Belastung des Gesundheitssystems innerhalb des Stufensystems angepasst werden. „Wir werden natürlich die Werte nach oben korrigieren“, hatte Lucha vor der Bund-Länder-Runde gesagt. Hintergrund ist, dass die Krankenhäuser wegen der etwas milderen Krankheitsverläufe durch die Omikron-Variante weniger stark belastet sind.

Lesen Sie aus unserem Angebot: Bund-Länder-Runde – Großteil der Corona-Beschränkungen soll bis 20. März auslaufen

Es zeichnet sich ab, dass Baden-Württemberg in der nächsten Woche dann in die Warnstufe zurückkehrt, in der in den meisten gesellschaftlichen Bereichen nur noch die 3G-Regel gilt. Ungeimpfte könnten dann mit einem aktuellen Test ins Restaurant oder Café, Clubs und Diskotheken könnten womöglich öffnen – für Geimpfte und Genesene mit Test. Bei Großveranstaltungen würden mehr Menschen zugelassen werden.

Lucha kündigte allerdings vorab bereits an, man werde „nicht sofort ganz verrückt öffnen“. Auch Kretschmann hatte in den vergangenen Tagen zur Vorsicht gemahnt. Vor allem für ältere, ungeimpfte Menschen bestünden auch künftig Risiken. Man müsse weiter sehr vorsichtig sein.

Wie steht Baden-Württemberg zu einem Ende aller Maßnahmen ab dem 20. März, also einem „Freedom Day“?

Nach aktuellem Stand läuft die Rechtsgrundlage für sämtliche Corona-Schutzmaßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz des Bundes am 19. März aus. Die Länder drängen aber auf eine Verlängerung der entsprechenden Passagen im Infektionsschutzgesetz. Würde ein solcher Beschluss im Bundestag nicht herbeigeführt, hätten die Länder künftig keine Möglichkeit mehr, mit Maßnahmen auf denkbare neue Infektionswellen zu reagieren. Nicht einmal mehr das Tragen von Masken könnten sie dann noch vorschreiben. Ein entsprechendes Gesetzgebungsverfahren wird aktuell aber bereits vorbereitet.

Kretschmann sieht ein Ende aller Schutzmaßnahmen ab dem 20. März jedenfalls skeptisch – und hat die Bundesregierung im Zuge einer Protokollerklärung beim Bund-Länder-Treffens aufgefordert, die Rechtsgrundlage für entsprechende Maßnahmen zu verlängern. „Damit wir weiterhin bei Bedarf einen wirksamen Instrumentenkasten haben. Dann können wir schnell reagieren, wenn Pandemie wieder aufflammt“, so Kretschmann. Er könne sich nicht vorstellen, dass am 20. März zum Beispiel die Maskenpflicht aufgehoben werde.

Was fordert die politische Opposition in Baden-Württemberg?

Die SPD in Baden-Württemberg begrüßte die Beschlüsse von Bund und Ländern. Der Rückgang der Corona-Intensivpatienten böte die Chance, Lockerungen vorzunehmen, sagte Andreas Stoch, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Landtag. „Es ist jedoch wichtig, mit Augenmaß und schrittweise zu lockern. Denn Kontereffekte müssen unbedingt vermieden werden.“ Es müsse alles dafür getan werden, im Herbst nicht wieder in die nächste Welle stolpern. „Dazu gehört weiterhin die Beachtung der Vorsichtsmaßnahmen und das Tragen von Masken sowie die Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impflicht und die allgemeine Impfpflicht.“

Lesen Sie aus unserem Plus-Angebot: Kommentar zu zwei Jahren Pandemie – Die Schuldzuweisungen müssen jetzt aufhören

Der FDP im baden-württembergischen Landtag, Hans-Ulrich Rülke, hatte am Dienstag via Twitter verlauten lassen, dass es keinen Grund gebe, bei der Rückgabe von Freiheitsrechten an die Bevölkerung auf die Bremse zu steigen. Nach den Bund-Länder-Beschlüssen zeigte auch er sich zufrieden: „Der von der Ministerpräsidentenkonferenz beschlossene Pfad zurück in die Freiheit ist im Wesentlichen sinnvoll und nachvollziehbar“, sagte Rülke. Angesichts der Lage könne man die Eingriffe in die Bürgerrechte zum 20. März hin Schritt für Schritt abbauen. „Dass Herr Kretschmann dann Kultur- und Sportveranstaltungen nicht mehr untersagen kann, begrüßen wir sehr.“ Nach dem 20. März sei es sinnvoll, den Ländern nur noch die Möglichkeit zu belassen, bei Bedarf eine Maskenpflicht zu verhängen.