Spaßige Sause oder peinlicher Exzess? Foto: imago/Lichtgut/Leif Piechowski

Das Cannstatter Volksfest spaltet Stuttgart: Die einen lieben es, die anderen hassen es. Das könnten acht Gründe sein, die gegen das Fest auf dem Wasen sprechen.

Stuttgart teilt sich nicht nur in zwei Lager, wenn es um den VfB und die Kickers oder um „oben bleiben“ und Stuttgart 21 geht. Auch die Volksfeste auf dem Cannstatter Wasen haben Potenzial zur Spaltung. Während die einen sich schon Wochen vorher auf Zuckerwatte und Bierzelt freuen, legen nicht wenige ihren Jahresurlaub genau in diese drei Wochen, um fluchtartig die Stadt verlassen zu können und damit dem Volksfest und seinen Gästen aus dem Weg zu gehen. Diese acht Gründe könnten für eine Stadtflucht und gegen das Spektakel auf dem Wasen sprechen:

1. Nichts für arme Studis

Die Maß Bier ist so teuer wie noch nie. Im Vorjahr zahlte man auf dem Volksfest für die teuerste Maß 13,20 Euro. Die günstigste kostete 12,60 Euro. Unter 13 Euro bekommt man in diesem Jahr in keinem der acht Zelte auf dem Cannstatter Wasen sein Bier. Und auch sonst müssen Besucherinnen und Besucher tief in die Taschen greifen. Zum Bier noch etwas zu Essen, eine Runde Achterbahn und ein paar Glückslose – schnell sind da an die 100 Euro weg. Studierende und Familien mit wenig Geld können sich einen Besuch oft nicht leisten. Wir haben aufgeschrieben, wo Besucher auf dem Cannstatter Volksfest Geld sparen können (Stichwort Familientag) >>>

2. Falsche Trachten

Während man vor 15 Jahren in Stuttgart in Jeans und T-Shirt ins Festzelt ging, überwiegen heute Frauen und Männer in Dirndl und Lederhosen. Dabei handelt es sich jedoch nicht um traditionell schwäbische Trachten, sondern viel mehr um bayrische. Ist das noch der Wasen oder nur noch eine kleine Wiesn?

3. Fragwürdige Musik

Erinnern Sie sich noch an die Diskussionen von 2022 als DJ Robin seinen Nummer-eins-Hit „Layla“ veröffentlichte? Viele Veranstalter fragten sich: Sollen wir diesen Song, in dem auf sexistische Art und Weise über eine Prostituierte gesungen wird, bei unserem Fest spielen? Zumindest auf der Wiesn und dem Cannstatter Volksfest war der Song nicht nur einmal zu hören. Nicht wenige argumentierten damit, es gäbe Lieder mit durchaus frauenfeindlicheren Texten, die bereits seit Jahren gespielt werden würden. Stimmt. Aber macht es das besser?

4. Ansteckungsgefahr

Corona ist beim Volksfest (fast) kein Thema mehr. Doch in München sprach man auch schon lange vor der Coronapandemie von der sogenannten Wiesn-Grippe, also davon, dass nach dem Oktoberfest viele krank wurden. Besser nur aus dem eigenen Maßkrug trinken!

5. Übergriffe und Straftaten

Körperverletzung, Taschendiebstahl oder Beleidigung – etwas mehr als 800 Straftaten sind im vergangenen Jahr beim Cannstatter Volksfest polizeilich registriert worden. Darunter auch Sexualdelikte, wobei zusätzlich mit einer hohen Dunkelziffer bei sexuellen Übergriffen gerechnet wird. Zum Glück gibt es seit diesem Jahr für hilfesuchende Mädchen und Frauen eine neue Anlaufstelle auf dem Wasengelände: die Wasenboje >>>

6. Schunkeln mit dem Chef

Mittlerweile ist es bei vielen Firmen gang und gäbe, mit den Kolleginnen und Kollegen aufs Volksfest zu gehen. Da wird dann ein Tisch im Festzelt gemietet, alle essen, trinken und schunkeln zusammen. Pannen und Peinlichkeiten sind vorprogrammiert.

7. Die armen Nachbarn

Während sich Touristen und Menschen aus dem Stuttgarter Umkreis über die Volksfeste auf dem Cannstatter Wasen freuen, haben die Bad Cannstatter selbst nur wenig Grund zur Freude. Zweimal im Jahr kämpfen sie mit den Hinterlassenschaften betrunkener Wasengäste, Verkehrschaos und lauten Volksfestbesuchern, die durch die Straßen heimwärts ziehen.

8. Halligalli im ÖPNV

Apropos Verkehrschaos: Bus-, S-Bahn- und vor allem Stadtbahnfahren macht vom 22. September bis 8. Oktober nur wenig Spaß. Vollgestopfte Züge kennen wir Stuttgarter bereits aus den Stoßzeiten, hinzu kommen jetzt aber grölende oder heulende Heimfahrer, die ihre Körperfunktionen nicht immer im Griff haben, und der eine oder andere betrunkene Fahrgast, der einen in ein „tiefgründiges“ Gespräch verwickeln will.