Omid Nouripour beim Bundesparteitag der Grünen in Karlsruhe Foto: IMAGO/dts Nachrichtenagentur/IMAGO/dts Nachrichtenagentur

Der Mega-Parteitag der Grünen in Karlsruhe beginnt kämpferisch. Parteichef Nouripour ruft dazu auf, dem derzeitigen Gegenwind zu trotzen.

Als Omid Nouripour auf die Bühne joggt, wachen die Grünen wieder auf. Es ist Donnerstagabend in Karlsruhe, vor mehr als einer Stunde ist die Bundesdelegiertenkonferenz der Partei eröffnet worden. Seitdem haben die Delegierten vor allem über die Tagesordnung abgestimmt. Jetzt aber steht der Parteichef auf der Bühne und ruft in den Saal: „Nie wieder ist jetzt, liebe Freunde!“ Dann muss er kurz unterbrechen. So laut ist der Applaus geworden.

Nouripours Beitrag ist der erste politische Teil des Abends. Er hält eine Rede, um die Delegierten auf die kommenden Tage einzuschwören. Nouripour spricht über Europa, über die Kriege im Nahen Osten und der Ukraine, die Schwierigkeiten und die Erfolge der Grünen. Vor allem aber versucht er, den Delegierten Mut zu machen. Er sagt Sätze wie: „Wir wissen, dass Wahlkampf von Kämpfen kommt.“ Und: „Leute, unsere Demokratie ist stark!“ Die Delegierten klatschen dazu. Bevor Nouripour die Bühne verlässt, stehen viele im Saal auf.

Für vier Tage kommt die Partei in Karlsruhe zusammen, für den Parteitag und die Europawahlversammlung. Es ist die längste und größte Versammlung, die die Partei je abgehalten hat. Nach Nouripours Rede folgt die politische Grundsatzdebatte der Grünen, das Motto: „Aus Verantwortung für die Menschen.“ Es ist eine offene Diskussion, bei der die Rednerinnen und Redner zu einem Thema ihrer Wahl sprechen dürfen.

Habeck fängt sperrig an

Einer der ersten Redner ist Robert Habeck. Er spricht als Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister, aber auch als einstiger Vorsitzender der Partei. Und als einer, der womöglich gern ihr nächster Kanzlerkandidat werden würde. Habeck, eigentlich für seine starken Reden bekannt, fängt sperrig an. „Politik ist das Übersetzen von erkannten Notwendigkeiten in gesellschaftliche Möglichkeiten“, sagt Habeck. Um dem zu folgen, muss man schon sehr zuhören wollen.

Doch dann wird Habeck konkret. „Nicht irgendwann, sondern jetzt wird der Wettbewerb um Klimatechnologien geführt“, sagt Habeck, er betont das „jetzt“. Er spricht sich gegen Stillstand aus – und für Investitionen: „Es sind Mittel für die Erneuerung Deutschlands. Mittel für die Menschen. Mittel, gegen die Unsicherheit und am Ende Mittel gegen den demokratischen Verdruss und Rechtspopulismus“, so Habeck. Er sei für die Schuldenbremse. Doch er fügt hinzu: „Aber so, wie die Schuldenregel vor zwölf Jahren konstruiert wurde, passt sie nicht mehr in die gewendete Zeit.“

Zwischendurch teilt Habeck deutlich aus: „Die Realitätsverweigerung der GroKo hat Deutschland in diese Lage gebracht“, ruft er. „Kein Zurück zur Realitätsverweigerung!“ Und er endet mit: „Unsere Ideologie heißt Wirklichkeit.“ Am Ende stehen die Delegierten wieder, sie jubeln und klatschen.

Vorbei ist der Abend nach dieser Rede noch lange nicht. Es folgen weitere Beiträge, danach noch weitere Debatten. Das Programm geht an diesem Abend bis kurz vor Mitternacht – was früh ist, wenn man auf die Planung der kommenden Tage schaut: Am Samstagabend wollen die Grünen bis drei Uhr morgens debattieren.