Eine Erle samt Wurzelballen wird ausgegraben, später zur Römeraue transportiert, wo sie Teil einer Allee wird. Foto: Simon Granville

Am Bildungszentrum West in Ludwigsburg wird zehn Jahre lang gebaut. Der Startschuss ist am Dienstag mit der Verpflanzung einiger Bäume gefallen. Viel mehr müssen allerdings gefällt werden, sollen jedoch ersetzt werden.

Für Shakespeares Macbeth waren sie das Vorzeichen seines nahen Untergangs: Bäume, die ihren angestammten Platz verließen. In der Ludwigsburger Weststadt stehen die 15 Bäume, die am Dienstag in einer aufwendigen Aktion ausgegraben und in der Nähe des Römerhügels wieder eingepflanzt wurden, dagegen für einen Neubeginn: die weitgehende Neugestaltung des Bildungszentrums West. Dafür müssen 153 der großen Gewächse weichen.

Die Mehrzahl davon muss gefällt werden – 38 davon noch in den Faschingsferien, der Rest im Verlauf der Bauarbeiten. „Alle Bäume wurden von einem Gutachter untersucht“, erklärte Ulrike Schmidtgen, die Leiterin des Fachbereichs Tiefbau und Grünflächen der Stadt. Dabei habe sich leider herausgestellt, dass die meisten entweder bereits geschädigt seien, zu nah an einer Mauer stünden, sodass ihre Wurzeln sich nicht gleichmäßig ausbreiten konnten oder die Verpflanzung nicht überleben würden.

Gute Überlebenschancen für die verpflanzten Bäume

Immerhin: Als Ersatz sollen 184 neue Bäume gepflanzt werden. Und die Chancen für die 15 umgezogenen Kandidaten, ihren Ortswechsel zu überleben, liegen nach der Einschätzung von Herbert Porlein, Bauleiter bei der Firma, die die Aktion vornimmt, bei „nahezu 100 Prozent“. Anders als die Bahn bei den für „Stuttgart 21“ versetzten Gehölzen, sagt Herbert Porlein, habe nämlich die Stadt Ludwigsburg auch die nachfolgenden Pflegearbeiten für die Bäume vergeben. Und die umfassen drei Jahre lang nicht nur einen regelmäßigen Schnitt, sondern auch ausreichende Wassergaben.

Die sind wichtig, da die sogenannten Beine der Ballenstechmaschine, mit der die Bäume samt einem Teil des Wurzelwerks ausgegraben wurden, nur einen Durchmesser von drei Metern haben. Damit bleiben einige Wurzeln zwangsläufig im Boden. Dabei ist die Maschine die größte Europas. Ein größerer Radius sei aber nicht möglich, so Porlein: „Dann bekommen wir keine Straßenzulassung mehr.“

Die Aktion dauert nur wenige Minuten

Die Aktion des Ausstechens ist in wenigen Minuten erledigt. Die beiden halbrunden, unten gezackten Eisenzangen, die entfernt an einen überdimensionierten Eiskugelstecher erinnern, werden in gleichmäßigem Abstand um den Baumstamm platziert, dann schließen sie sich und dringen in den Boden ein. Ein Knirschen, ein Ruck, und schon schwebt die Erle, deren Stamm zuvor mit kräftigen Bändern stabilisiert worden ist, durch die Luft. Leicht schwankend wird sie weiter in Richtung Kaiserstraße getragen, streift dabei mit der Krone einen anderen Baum und wird wenig später im Liegen etwas zurechtgestutzt. Nicht nur die Äste werden gekürzt, auch die Wurzeln werden sauber nachgeschnitten.

Es ist wichtig, mit Dünger und speziellem Pilzgranulat das Wachstum der Feinwurzeln anzuregen, die für die Wasserversorgung des Baums zuständig ist. Auch wenn die erwähnten 15 Bäume eine sehr gute Überlebenschance haben – in optimalem Zustand sind sie nicht. „Die sind alle kleiner, als sie normalerweise in dem Alter wären. Was kein Wunder ist, wenn man sieht, was hier alles an Beton verbaut worden ist“, meint Porlein.

Bäume umzusetzen ist teuer, liegt aber voll im Trend

Rund 10 000 Euro kostet so eine Verpflanzung je Baum – inklusive der notwendigen Vorarbeiten und der nachfolgenden Pflege, betont Michael Habermann, Projektleiter Außenanlagen bei der Stadt. Doch immer mehr Städte und Gemeinden in ganz Europa nähmen das in Kauf, berichtet Porlein: „Die Ökologie ist überall ein Riesenthema, das geht in den letzten Jahren komplett durch die Decke.“ Mangels Fachkräften komme man allerdings kaum hinterher.

Bildungszentrum West ist ein Jahrhundertprojekt

In den Augen von Ludwigsburgs Oberbürgermeister Matthias Knecht ist die Neugestaltung des Bildungszentrums West ein Jahrhundertprojekt, das den Bildungsstandort Ludwigsburg stärkt. Nicht nur rund 2400 Schülerinnen und Schüler sollen von dem Neubau profitieren. Denn im südlichen Bereich des Areals sollen außer einem modernen Schulgebäude und einer multifunktional nutzbaren Mensa eine zeitgemäße Bibliothek und ausreichend Kursräume für die Volkshochschule entstehen. Und das, anders als die aus den Siebzigerjahren stammenden Gebäude des Otto-Hahn-Gymnasiums, der Gottlieb-Daimler-Realschule und einer Zweigstelle der Stadtbibliothek, ohne Schadstoffbelastung.

Auch der Schulleiter der Realschule, Hartmut Maier, zeigte sich erleichtert. „Nach so vielen Jahren geht es jetzt endlich los. Und auch wenn der Baubeschluss durch den Gemeinderat erst im Sommer getroffen werden soll, ist die Baumverpflanzung für mich das sichere Zeichen, dass jetzt auch kein Stopp mehr für das Projekt kommt.“