Abgerissen wird das bestehende Parkhaus in Bernhausen in jedem Fall. Foto: Caroline Holowiecki

Seit mehr als zwei Jahren ist das marode P+R-Parkhaus in Bernhausen gesperrt, und was lange ausgeschlossen schien, könnte nun doch kommen: der Wiederaufbau. Welche Rolle spielt die Region dabei?

Mindestens 5484 Menschen wird diese Nachricht erfreuen. Sie haben laut der Interessengemeinschaft „Parkhaus muss bleiben!“ unterschrieben, dass Bernhausen wieder ein Parkhaus bekommen soll, und nach langen Planungen in eine vollkommen andere Richtung sieht es nun danach aus, als ob ihr Wunsch in Erfüllung gehen könnte. Der Gemeinderat hat in seiner jüngsten Sitzung mit deutlicher Mehrheit einer Vorlage der Stadt zugestimmt, wonach das Ziel, an jener Stelle, wo das marode Parkhaus steht, ein Verwaltungsgebäude plus Gewerbe und Mobilitätshub (ein Knotenpunkt, wo mehrere Mobilitätsarten wie Rad oder Carsharing zusammenkommen) zu errichten, fallengelassen werden soll. Stattdessen soll geprüft werden, ob ein Mobilitätshub plus Parken untergebracht werden könnte – explizit ohne Verwaltungsnutzung.

Das kommt einer Rolle rückwärts gleich. Die Idee, das Parkhaus abzureißen und an der Stelle einen Baustein für ein neues Verwaltungsquartier zu errichten, war lange von Stadt und Gremium vorangetrieben worden. Im Rahmen der laufenden Prüfungen ist nun allerdings aufgefallen, dass dem Ganzen regionalplanerische Vorgaben entgegenstehen, denn der Verband Region Stuttgart macht verbindliche Vorgaben für die öffentliche Stellplatzzahl im Umfeld von S-Bahn-Haltestellen. Sprich: Die 350 P+R-Plätze müssen wieder her. „Der Verband Region Stuttgart besteht darauf, dass die ursprüngliche Stellplatzzahl wieder abgebildet wird“, sagte der Filderstädter Oberbürgermeister Christoph Traub in der Sitzung, allerdings heiße das nicht, dass sie alle an exakt derselben Stelle gebaut werden müssten. Der neue Bahnhof Sielmingen als Standort sei ebenso denkbar.

Alles in allem bliebe für die Verwaltung in einem Neubau zu wenig Platz, daher die Abkehr. Nach der Sommerpause sollen Alternativen präsentiert werden. Dass das bestehende Parkhaus abgerissen werden muss, daran hält die Verwaltung indes fest. Dass es nicht sanierungsfähig ist, hat ein drittes Gutachten nun bestätigt. Im März 2021 war das Gebäude geschlossen worden, da sicherheitsrelevante Risse an Stützen festgestellt worden waren. Die Idee von Matthias Weinmann (Freie Wähler), zumindest das Erdgeschoss weiterhin befahren zu lassen, lehnt der Oberbürgermeister kategorisch ab. „Wenn ein Gutachter sagt, lassen Sie das Ding nicht befahren, dann bleibt es zu“, betonte er.

Unglücklich mit der Entwicklung sind vor allem die Grünen. Eine Attraktivierung der Innenstadt könne nur erreicht werden, wenn man den Verkehr heraushalte, sagte Catherine Kalarrytou, der Neubau eines Parkhauses werfe die Stadt indes zurück und stehe dem beschlossenen Ziel, den Anteil des Autoverkehrs maßgeblich zu drücken, entgegen. Die Fraktion hatte zu Beginn der Sitzung versucht, das Thema zu vertagen, um die bislang nicht vorberatenen neuen Informationen näher beleuchten zu können, war mit ihrem Antrag aber knapp gescheitert. Auch Walter Bauer (SPD) fand, dass ein P+R-Parkhaus, das bereits um 8 Uhr mit Pendlern voll sei, zur Innenstadtbelebung nicht beitragen werde. Stattdessen müsse es nach außen verlagert werden.

Reaktionen der Stadträte

Stadträte, die sich schon lange für ein Parkhaus in Bernhausen aussprechen, fühlten sich indes bestätigt. Dennis Birnstock (FDP) freute sich über die „Dynamik“, die das Thema nun wieder erhalte. „Es ist in meinen Augen unangebracht, als zweitgrößte Stadt im Kreis kein Parkhaus an der S-Bahn zu haben“, fand Richard Briem (Freie Wähler), wie er wünschte sich auch Frank Schwemmle (SPD), man möge das Vorhaben beschleunigen. Mit dem nun forcierten Mix Parken plus Mobilitätshub ist Dieter Weinmann (CDU) zufrieden. Dem Handel werde etwas Gutes getan, Mobilitätsarten würden zusammengeführt. Stefan Hermann (Freie Wähler) sprach von einem „wesentlichen Schritt, dem nun weitere zu folgen haben“. Die Ausgestaltung des Mobilitätshubs sei entscheidend, die Belebung der Innenstadt müsse derweil von weiteren Seiten angepackt werden. Allerdings mahnte er: Sollte man die geforderten 350 Parkplätze auch auf Sielmingen verteilen wollen, müsse man „darauf achten, welche Verkehrsströme wir in Sielmingen produzieren“.

Vorläufiger Zeitplan

Konzept für Rückbau
Trotz Beschluss: So rasch wird an der Filderbahnstraße in Bernhausen nichts passieren. Der Zeitplan sieht vor, dass im Lauf dieses Jahres das Rückbaukonzept fürs Parkhaus erstellt werden soll. Das Thema ist auch insofern diffizil, als in Bälde die Bauarbeiten für die S-Bahn-Verlängerung starten sollen. Beide Projekte müssen genau koordiniert werden. Der Rückbaubeschluss könnte Anfang 2024 fallen.

Termin für Abriss
Nach weiteren Detailplanungen, auch für die Busrouten, könnte der Abriss im vierten Quartal 2024 starten. Der Neubaubeginn wird frühestens fürs dritte Quartal 2026 erwartet. Die Themen Mobilität und Parken in Bernhausen sollen unabhängig davon vorangetrieben werden. Dem Technischen Ausschuss sollen am 26. Juni Infos zu einem digitalen Parkleitsystem präsentiert werden.