Die Interessengemeinschaft Parkhaus hat Plakate gestaltet und Handzettel gedruckt. Foto: Caroline Holowiecki

Das P+R-Parkhaus in Filderstadt-Bernhausen ist marode und seit bald zwei Jahren gesperrt. Es soll zugunsten eines Verwaltungsgebäudes abgerissen werden. Nun wollen verschiedene Akteure die Pläne kippen.

Unermüdlich dreht die Frau im lila Auto ihre Runden. Ganze vier Mal fährt sie auf den kleinen Parkplatz vor der Arkadenklinik in Filderstadt-Bernhausen, da sie aber keine Lücke findet, kurvt sie mit ihrem Kleinwagen weiter im Kreis. Für Christoph Wilde ist der Vorgang symptomatisch. Der Mediziner ist in der Arkadenklinik tätig, eine Klinik mit orthopädischem Schwerpunkt, und von den 20 000 Patienten pro Jahr hätten viele Probleme, ihr Auto abzustellen. „Wir haben mit dem Parkhaus gerechnet“, sagt er und schaut auf das gesperrte Gebäude gegenüber dem Klinik-Neubau.

Das P+R-Parkhaus am S-Bahnhof in Bernhausen ist seit gut zwei Jahren geschlossen, nachdem an Stahlstützen Risse aufgetreten waren. Eine Sanierung ist nicht möglich. Das Gebäude mitsamt seiner 350 Stellplätze muss abgerissen werden. Im Dezember 2022 hat der Filderstädter Gemeinderat einem Rückbaukonzept zugestimmt, wonach das marode Bauwerk insofern abgetragen werden soll, als auf der untersten Ebene erst mal noch bis zu 86 Parkplätze erhalten bleiben. Sie sollen knapp ein Jahr lang als Interimslösung zur Verfügung stehen, bis es weitergeht. Pläne, was auf dem Areal entstehen soll, gibt es schon lange. Die Verwaltung möchte ein Bürogebäude bauen, als Teil eines neuen Verwaltungsquartiers. Angedacht sind auch Geschäftsflächen sowie ein Verkehrsknotenpunkt, an dem der Umstieg vom Individual- auf den öffentlichen Verkehr möglich ist.

Viele Gewerbetreibende üben Kritik

Nun hat sich aber die Interessengemeinschaft „Parkhaus muss bleiben!“ formiert. Wenn es nach den Mitgliedern – Bürger, Vertreter des Gemeinderats, des Handels und der Institutionen, die im Klinik-Neubau sitzen – geht, soll das Parkhaus schnellstmöglich abgerissen und neu gebaut werden. „Alles andere ist keine Problemlösung, da geht nur Zeit verloren“, findet der Stadtrat Richard Briem (Freie Wähler). Die Initiative stammt vom Gewerbeverein Bernhausen aktiv. „Von unseren Mitgliedern ist die Kritik massiv“, sagt der Vorsitzende Ulrich Straub. Der Handel im Stadtteil leide stark. Mangels Parkplätzen würden Autos in den Wohngebieten abgestellt, berichtet die Stadträtin Sabine Briem (Freie Wähler). „Wir brauchen etwas Zentrales“, sagt sie. Filderstadt habe fünf Stadtteile und nicht jeder könne mit dem Bus kommen. Oder mit dem Rad, fügt Richard Briem hinzu.

Groß ist der Frust auch bei der AOK im Klinikgebäude. Matthias Kochler aus dem Vertrieb berichtet von 2000 Kundenbesuchen pro Jahr. „Als das geplant wurde, war das Parkhaus noch in Betrieb.“ Im Klinik-Neubau gibt es zwar eine Tiefgarage, die ist aber nicht öffentlich zugänglich. Es hagle Beschwerden. Willfried Nobel, ehemaliger SPD-Kommunalpolitiker und Mitglied des Stadtseniorenrats, ist der Sprecher der IG. „Für ein Verwaltungsgebäude gäbe es viele Möglichkeiten. Aber dafür das Parkhaus zu opfern?“ Er betont: „Es geht uns um die Leute.“ Nun wird getrommelt. Die IG Parkhaus hat Plakate gestaltet und Handzettel gedruckt. Sie sammelt Unterschriften. Listen liegen in etlichen Geschäften in Bernhausen aus, Signaturen können auch online abgegeben werden. Ende März soll eine erste Auswertung gemacht werden.

Die Interessengemeinschaft sammelt Unterschriften

„Das Ziel ist, den Beschluss des Gemeinderats rückgängig zu machen und zu kippen“, sagt Willfried Nobel. Dass der Beschluss zuvor im Filderstädter Gemeinderat demokratisch herbeigeführt wurde, ist für die Akteure kein Hinderungsgrund. „Es ist auch demokratisch, wenn wir nachher eine Mehrheit finden“, sagt Sabine Briem. Auch dass der Gemeinderat beschlossen hat, den Anteil des Autoverkehrs am Gesamtverkehr bis 2035 um zehn Prozentpunkte zu drücken, bringt Edeltraud Herrmann (SPD) nicht vom Kurs ab. „Das dauert ja noch viele Jahre“, sagt sie. Richard Briem resümiert: „Der Gemeinderat hat das entschieden, okay. Aber der Gemeinderat muss nicht immer richtig liegen.“

Weitere Informationen im Internet unter: www.parkhaus-erhalten.de

Was die Stadt auf dem Parkhaus-Areal plant

Verwaltungsquartier
In Bernhausen soll ein zentrales Verwaltungsquartier entstehen. Ziel: die acht dezentral verteilten und nicht barrierefreien Standorte bündeln, um kurze Wege für die Bürger zu erhalten und das Zentrum zu beleben. Zudem will sich die Stadt in Zeiten von Personalmangel als attraktiver Arbeitgeber präsentieren. Im Fokus hat man drei Grundstücke: Aicher Straße 9, Volmarstraße 1 (Ex-Krone-Areal) und eben Filderbahnstraße 14, wo das marode Parkhaus steht.

Wettbewerb
Ein Realisierungskonzept, dem der Gemeinderat im Oktober 2022 mehrheitlich zugestimmt hat, zeigt: Denkbar sind neben Verwaltungsbüros an der Aicher Straße eine Betriebskita, an der Filderbahnstraße auch ein Mobilitätsknotenpunkt, ein Biomarkt und die Geschäftsstelle der Kreissparkasse sowie an der – verkehrsberuhigten – Volmarstraße ein Bürger- und Servicezentrum mit Vereinsräumen, ein Begegnungscafé und Wohnen. Ein städtebaulicher Wettbewerb läuft.