Die Staatsanwaltschaft Hannover hat im Zusammenhang mit Abgasmanipulationen eine Geldbuße von 100 Millionen Euro gegen den Autozulieferer Continental verhängt. Foto: Melissa Erichsen/dpa

Im Zuge der Abgasmanipulationen hat der Autozulieferer Continental aus Sicht von Ermittlern die Aufsichtspflicht fahrlässig verletzt. Das Unternehmen zahlt und ist froh über den Schlussstrich.

Hannover - Die Staatsanwaltschaft Hannover hat im Zusammenhang mit Abgasmanipulationen eine Geldbuße von 100 Millionen Euro gegen den Autozulieferer Continental verhängt. Das Verfahren wegen einer fahrlässigen Verletzung der Aufsichtspflicht hatte sich gegen die Continental AG und weitere Gesellschaften des Konzerns gerichtet, wie die Strafverfolgungsbehörde am Donnerstag in Hannover mitteilte. Darüber hatte zuvor die "Wirtschaftswoche" berichtet. 

Der Konzern teilte mit, dass auf Rechtsmittel verzichtet werde. Es liege im Interesse des Unternehmens, dass das Verfahren damit beendet sei. Für das Geschäftsjahr 2024 führe die Geldbuße aufgrund der gebildeten Rückstellung zu keiner wesentlichen zusätzlichen Ergebnisbelastung. Die Zahlung soll laut Staatsanwaltschaft binnen sechs Wochen an das Land Niedersachsen erfolgen, das nach dem Gesetz Empfänger der Geldbuße ist. 

Continental hatte für das Bußgeldrisiko bereits eine Rückstellung in Höhe eines hohen zweistelligen Millionenbetrags gebildet, will die Bußgeld-Rechnung aber an die 2021 abgetrennte Tochter Vitesco in Regensburg weiterreichen. Nach der Trennungsvereinbarung gingen alle Chancen und Risiken aus dem übertragenen Geschäft auf Vitesco über. Vitesco sei "grundsätzlich verpflichtet, Continental von allen etwaigen Kosten und Verbindlichkeiten freizustellen", teilte der Konzern in Hannover mit. 

Anklage: Zumindest teilweise unzulässige Strategien

Nach Überzeugung der Ermittler wurden ab Mitte 2007 mehr als zwölf Millionen Motorsteuergeräte oder die entsprechende Software von der ehemaligen Continental-Antriebssparte an inländische und ausländische Autohersteller ausgeliefert, darunter unter anderem an den Volkswagen-Konzern für den Dieselmotor EA 189. Die Software-Versionen enthielten laut Staatsanwaltschaft zumindest teilweise unzulässige Strategien. 

Die Autobauer verwendeten die entsprechenden Motorsteuergeräte aber in ihren Fahrzeugen, erwirkten behördliche Genehmigungen und vermarkteten sie. Nach Angaben der Strafverfolger stießen die ausgestatteten Fahrzeuge im Ergebnis im normalen Fahrbetrieb mehr Stickoxide aus, als dies nach den regulatorischen Anforderungen zulässig war.

Die Höhe der Geldbuße setzte sich aus einem sogenannten Ahndungsanteil und einem Abschöpfungsanteil zusammen. Demnach wurde die Ordnungswidrigkeit mit insgesamt 5 Millionen Euro geahndet. Mit den übrigen 95 Millionen Euro sollen die wirtschaftlichen Vorteile oder ersparten Aufwendungen abgeschöpft werden. Bei der Festlegung sei die Kooperation des Unternehmens berücksichtigt worden. Das Verfahren gegen die betroffenen Gesellschaften sei mit Zahlung rechtskräftig abgeschlossen, die Staatsanwaltschaft betonte aber, dass die strafrechtlichen Ermittlungen gegen ehemalige Conti-Mitarbeiter davon nicht betroffen seien. 

Nach dem Auffliegen des Abgasskandals bei Volkswagen im Jahr 2015 hatte die Staatsanwaltschaft Braunschweig 2018 ein Bußgeld von einer Milliarde Euro gegen die Wolfsburger verhängt, um die Aufsichtspflichtverletzungen dort zu ahnden. Auch dieses Geld floss damals an das Land Niedersachsen. Die VW-Tochter Audi bekam kurz danach ein Bußgeld von 800 Millionen Euro von der Staatsanwaltschaft München aufgebrummt. In Stuttgart wurden bei der VW-Tochter Porsche 535 Millionen Euro fällig. Von der Staatsanwaltschaft dort bekam auch Daimler im Zug des Dieselskandals ein Bußgeldbescheid in Höhe von rund 870 Millionen Euro.